Unser Partner Jürgen Gietl ist Experte für Automarken und Kolumnist auf absatzwirtschaft.de und schreibt dort über das Thema Marke. Dies ist ein Auszug aus seinem Beitrag » Was Automobilmarken aus den Fehlern von Nokia lernen sollte
Unmittelbar vor der IAA verging kein Tag, an dem nicht über die Zukunft der angestammten Automobilhersteller spekuliert wurde. Was ist, wenn Google, Apple und Tesla ernst machen? Was, wenn selbstfahrende Elektromobile schneller stark nachgefragt werden, als es alle Experten vorausgesehen haben?
Fest steht: Google stellte auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) sein selbstfahrendes Fahrzeug vor. Tesla hat angekündigt, noch im September mit der Auslieferung des im Jahr 2012 angekündigten Model X zu beginnen. Der auf Elektromobilität spezialisierte Automobilanbieter aus Amerika kommt damit zwar drei Jahre später als angekündigt, aber auch diese Verspätung haben die etablierten Automobilhersteller nicht genutzt, um dem Angriff etwas entgegenzusetzen.
Da wirkt es fast beruhigend, wenn von Apples iCar-Aktivitäten noch wenig zu hören ist. Denn wenn man Befragungen von iPhone-Nutzern Glauben schenken mag, würden 50 Prozent von ihnen ein iCar kaufen. Angesichts von über fünf Millionen iPhone-Nutzern allein in Deutschland ist das eine erschreckende Zahl für die etablierten Automobilhersteller.
Der heutige Erfolg dieser Unternehmen beruht auf jahrelanger, harter Arbeit für immer bessere, innovativere und zuverlässigere Produkte und Serviceangebote. Und der Erfolg gibt den Herstellern derzeit Recht. Es fällt schwer, an völlig neue Antriebs-, Mobilitäts- und Nutzungskonzepte zu glauben, wenn man mit den etablierten Konzepten zu den Marktführern auf allen Kontinenten gehört.
Eine ebenso große Rolle wie der momentane Erfolg spielt die eigene Identität, das eigene Wertesystem und das, woran man über Jahrzehnte gebaut hat: All das kumuliert in der eigenen Marke. Sie kann aber im Veränderungsprozess zum größten Bremsblock werden, wenn sie nicht für den Wandel genutzt wird. Wie soll man sich etwa zum führenden Mobilitätskonzern entwickeln, wenn durch den Claim „Das Auto“ die eigene Positionierung zementiert ist?
Wer hätte gedacht, dass der Marktführer Nokia im Jahr 2010 innerhalb nur eines Jahres vom Herausforderer Apple als größter Hersteller von Mobiltelefonen abgelöst wird? Nokia hatte zu wenig Phantasie, um sich vorzustellen, wie sich der Markt für Mobiltelefone zu einem Ökosystem für mobile Anwendungen in einer vernetzten Welt wandeln würde, und welche Rolle Nokia dort spielen könnte. Und das, obwohl Mobiltelefone von Nokia zu Beginn des Handyzeitalters gerade deshalb so begehrt waren, weil man sich mit anderen Nokia-Nutzern in seiner Umgebung direkt verbinden konnte – gerne für gemeinsames Gaming auf dem Handy. Sie waren der Vorläufer der vernetzten Mobilgeräte von heute.
Für die Automobilhersteller – auch die heute starken Marken – geht es also nicht nur darum zu innovieren, sondern sich selbst neu zu erfinden, um auf den „neuen“ Märkten eine ebenso klare und starke Position einzunehmen.
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