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3. März 2011

Was können Markenstrategen aus dem Nokia-Debakel lernen?

Die Nokia-Krise offenbart Fehler im Markenmanagement, aus denen andere Unternehmen viel lernen können. Klaus-Dieter Koch nennt die 5 wichtigsten Punkte.

Es muss im März 2007 gewesen sein: Apple-Chef Steve Jobs hatte gerade der erstaunten Weltöffentlichkeit das brandneue iPhone vorgestellt. Ein Handy, wie es die Welt zuvor noch nicht gesehen hat. Extrem teuer, exklusiv vertrieben, eine völlig neue Design-Sprache, Touchscreen, Apps und vieles mehr. Mit der Vorstellung des iPhones hat Steve Jobs auch ein Absatzziel verkündet: bis Ende 2007 wolle er weltweit 10 Millionen iPhones verkaufen.

Das ehrgeizige Ziel wurde natürlich in den Medien intensiv diskutiert. In all dem Presserummel, den das iPhone ausgelöst hat, blieb mir die arrogante Ruhe eines Nokia-Managers im Gedächtnis, der sinngemäß sagte: „10 Millionen Handys ist gar nichts, das verkaufen wir bei Nokia in zwei Wochen.“  Die Rechnung war nicht mal übertrieben: 2006 setzte Nokia 347 Millionen Geräte ab, 2007 sogar 437 Millionen. Trotzdem dachte ich mir: Abwarten, Hochmut kommt vor dem Fall.

Vier Jahre später ist es soweit. Der Fall ist da –  tiefer und brutaler als man es sich hätte vorstellen können. In den „RankingTheBrands top 100 rutschte Nokia von 2007 bis 2010 vom 2. Platz auf den 16. Platz. Laut FAZ waren 2009 noch 36,4 Prozent aller Handys, die weltweit gekauft wurden, von Nokia, ein Jahr später waren es nur noch 28,9 Prozent (Gartner Studie).

Nokia-Chef Stephen Elop spricht Medienberichten zufolge von Problemen wie "auf einer brennenden Plattform". Es wird einen radikalen Strategiewechsel geben bei Nokia, wie die (bislang eher wenig goutierte) Kooperation mit Microsoft zeigt.

Welche Lehren kann man aus dem Fall Nokia ziehen?

1. Billig oder Premium – beides geht nicht.

Du musst Dich entscheiden, wer Du sein willst: Billiganbieter oder Premium-Anbieter. Nokia wollte alles sein, deshalb haben die Kunden entschieden – und zwar weder für billig (das können die Asiaten bei weitem schneller und billiger) noch für Premium, sondern für die Mitte. Und da sitzt Nokia nun.

2. Denken in Masse ist gefährlich.

Nokia dachte „in Menge“ und nicht mehr „in Wert“ – man war schließlich Weltmarktführer und wollte das auch bleiben. Wenn man es aber allen – und damit der Masse – Recht machen will, erreicht man am Ende keinen. Die Produkte werden mit Funktionalitäten überladen, das Sortiment ufert aus, die Botschaften wechseln sich immer schneller ab. Die Marke tanzt auf zu vielen Hochzeiten.

3. Nicht nur das Produkt, auch das System dahinter entscheidet.

Nicht nur Nokia versuchte, das iPhone zu kopieren. Dabei blieben Apples Konkurrenten aber an der Oberfläche, dem Sichtbaren – sie imitierten nicht das eigentliche System, das „Big Picture“ dahinter. Doch das iPhone ist aber mehr als ein flaches Smartphone mit Touchscreen. Es ist eigentlich gar kein Handy mehr, es spielt in einer völlig anderen Kategorie. Es ist ein eigenes Ökosystem, eine geschlossene Markenwelt mit ganz eigenen Regeln und ständig wachsenden Angeboten für alle Situationen des Lebens.

4. Vermeiden von Techtalk und Markendurcheinander.

E7, N8, X3, Ovi-Store, Symbian, Meego – wer soll sich die vielen Marken von Nokia merken? Die gesamte Innovationskraft des Unternehmens wurde ungefiltert auf den Kunden losgelassen. Der konnte das nicht verarbeiten und kapitulierte, indem er sich zum Beispiel ein vergleichsweise einfaches iPhone kaufte.

5. Keine Oberflächlichkeit und Verzettelung.

Nokia investierte immer mehr Geld für oberflächliches Illusionsmarketing, zum Beispiel als Sponsor der „Night of the Proms“, dem Snowboard-Wettkampf Air & Style, der Games Convention und in diesem Jahr die Social Media Week. Die Finnen gaben viel Geld für Werbung aus, allein 2010 18 Millionen Euro brutto in Deutschland (Horizont). Am Ende verflachte das Profil der Marke. Die Spannkraft ließ nach und damit die Anziehungskraft. Die Marke war überall und nirgends, sie hat ihren Kern verloren und mit Ihrem Innovationsdruck die Menschen überfordert.

Jeder einzelne der aufgezeigten Fehler führt noch nicht zur Katastrophe. Erst ihre Summe entlädt eine Marke, höhlt sie von innen aus und schwächt sie gegenüber Angreifern. Marken werden nie von außen zerstört, sondern immer nur von innen. Das Problem dabei: Einmal stark gemacht, sind Marken robuste Systeme, sie können schlechtes Markenmanagement über eine sehr lange Zeit kompensieren. Schlimmer noch: die Umsätze können weiter wachsen, obwohl die Begehrlichkeit bereits abnimmt. Das bedeutet: Schlechtes Markenmanagement wirkt sich zum Teil erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung aus – und es kann genauso lange dauern, bis diese Fehler wieder behoben sind.

Nokia ist mit diesem Problem nicht allein, viele Unternehmen stehen derzeit vor denselben Herausforderungen, zum Beispiel auch Adidas, die Deutsche Telekom, Opel und Dell.

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Autor

BrandTrust

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