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28. Februar 2011

Schluss mit der Bettenzählerei – die Zukunft des Wintertourismus liegt in der Wertschöpfung

Nach wie vor setzen die meisten Winterdestinationen der Alpen auf Massenwachstum. Doch die Zukunft gehört einer neuen Perspektive: der Wertschöpfung pro Kunde. Diese neue Sicht bringt frischen Wind in das Marketing.

Seit Anfang Dezember 2010 erleben die potentiellen Gäste und Skifahrer der alpinen Wintersportorte ein großes Werbefeuerwerk: Aus allen Radiostationen tönt es, auf sonst eher tristen Plakatwänden glitzern herrliche Schneelandschaften und auch im Web ist es so gut wie unmöglich, der alpinen Werbelawine zu entkommen. Nach den beiden Krisenjahren wollen es die Tourismusmanager in dieser Wintersaison wissen und ihre Verluste wettmachen.

Doch damit nicht genug: Auch vor Ort geben die Tourismusmarketer Vollgas. Es gibt Events für alle und jeden. Von neuen Partykonzepten bis zu neuen oder neuartigen Schneesportarten – alles wird probiert, was neue Gäste bringen könnte. In den Winterdestinationen tobt der Kampf um... – ja, um was oder wen eigentlich?

Sieht man sich die Werbemotive genauer an, stellt man fest: es sind immer gleichen. Schnee/Sonne-Bilder mit einem meist einsamen Skifahrer, der im frisch gefallenen Tiefschnee seine Spuren zieht. Dazu verschneite Wälder und/oder schroffe Felsmassive. Seilbahnen-Werbung präsentiert selbstverständlich voller Stolz die Technik: die brandneue 8er Gondel (jetzt auch mit beheizten Sitzen...).

Solche Botschaften kennen wir zur Genüge. Genauer: Seit Beginn des alpinen Massentourismus in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Warum ist die Werbung der Winterdestinationen immer die gleiche geblieben? Merkwürdig, denn inzwischen hat sich vieles verändert: Die Winterorte konkurrieren mit neuen Fernreise-Destinationen, mit Flügen in die Karibik, die weniger kosten als eine Tankfüllung Richtung Berge. Auf der Themenagenda stehen Klimawandel, Naturzerstörung, Wirtschaftskrisen, Polarisierung der Gesellschaft und das Sterben der Mittelschicht.

Stammen also die Überzeugungen und Methoden vieler Tourismusmanager und ihrer Agenturen – trotz vieler Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten – noch aus dem letzten Jahrhundert? Sie müssten doch erkennen, dass ihre austauschbaren Werbeversuche das Marketing ineffizient machen. Um den Grund für dieses Verhalten zu finden, muss man tiefer ansetzen: bei der Frage, nach welchen Kriterien die Arbeit der Tourismusverbände beurteilt wird. Antwort: Ihr Erfolg wird anhand eines einzigen Kernkriteriums gemessen – an der Anzahl der Logiernächte.

Und genau hier liegt das Problem: die topografischen, klimatischen Natur- und Kulturgrenzen des Alpenraums lassen kein Betten- und damit Massenwachstum mehr zu. Die Zukunft des Alpen-Tourismus kann deshalb nur im Qualitätstourismus liegen. Damit ist nicht nur 4- oder 5-Sterne-Tourismus gemeint, sondern Qualitätstourismus in seiner reinen Form: ein herausragendes Preis-/Wertverhältnis für den Gast, das ihn davon abhält, in weiter entfernte Destinationen zu reisen; ein Preis-/Wertverhältnis, das ihn dazu verführt, möglichst viele Angebote vor Ort in Anspruch zu nehmen und damit lustvoll mehr Geld auszugeben. Die Kennzahl für Erfolg wäre dann nicht nur die Masse der Gäste, sondern die Wertschöpfung pro Gast. In anderen Branchen wie der Telekommunikation hat sich die ARPU (average revenue per user) bereits als die zentrale Messgröße für Erfolg etabliert.

Die Vorteile einer solchen Änderung sind von weitreichender Bedeutung für das Tourismusmarketing:

Die differenzierte Zielgruppenansprache rückt in den Vordergrund, klare Positionierungen auf Lebensstile oder Lebensknappheiten werden möglich. Die ersten fortschrittlichen Maßnahmen dieser Art sehen wir im Marketing von Kitzbühel, St. Moritz, Ischgl und Fiss Ladis Serfaus.

  • Der panikartige und meist dümmlich ausgetragene Preiskampf, der nur zur Verwirrung der Gäste und zur Beliebigkeit des Angebots beiträgt, reduziert sich auf das notwendige Mindestmaß.
  • Der Gast wird in der Lage sein, zwischen gleichwertigen, scharf konzipierten und vor allem auf seine Bedürfnisse zugeschnittenen Angeboten auswählen zu können, statt nur darauf zu achten, ja nicht zu früh zu buchen, um bloß nicht das nächste Sonderangebot zu verpassen.

Für die Markenführung ergibt dich daraus die logische Konsequenz, eine Marke nicht mehr in die Breite, sondern in die Spitze zu entwickeln. Das bedeutet: nicht mehr die allgemeine Bekanntheit unter möglichst vielen Menschen ist der Maßstab für Markenerfolg, sondern die Fähigkeit, die Begehrlichkeit systematisch zu erhöhen – mit Angeboten und neuen Botschaften, die Menschen anziehen, weil sie nicht „Mehr vom Gleichen“ versprechen.

Die konsequente Fokussierung auf die Wertschöpfung pro Gast hilft allen Leistungsträgern einer Destination. Sie ermöglicht Margen, die für Investitionen in nachhaltige Technologien, der Entwicklung neuer Angebote, in Sanierung und viele weitere Zukunftsprojekte genutzt werden können, um die Begehrlichkeit weiter zu steigern und um als Destination unverzichtbar zu werden. Das schafft Zukunft für alle: für die Leistungsträger in der Destination, deren Nachkommen, den Arbeitnehmern in den Betrieben, dem Bundesland über Steuern und Abgaben und nicht zuletzt dem, um den es immer gehen sollte: dem Gast.

Welche Destinationen im Alpenraum aktuell besonders hohe Begehrlichkeiten wecken, haben wir in unserer Studie TOP 40 der begehrtesten Wintersport-Destinationsmarken der Alpen 2010 ermittelt. Weitere Informationen dazu bietet zum Beispiel der Artikel „Attraktivste Wintersport-Orte mehrheitlich in der Schweiz“ der Absatzwirtschaft.

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Autor

Klaus-Dieter Koch

Managing Partner

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