Diese Meldung ließ Tourismusmanager im Sommer 2016 aufhorchen: » Vail Resort Inc., die größte Skiresort-Company der USA erweitert ihr Produktportfolio auf zwölf Skiresorts und kauft den Olympia-Austragungsort von 2010, Whistler Mountain im Westen Kanadas, für 1,4 Milliarden Dollar. Während also in den Skigebieten der Alpen noch lokal proprietäre Infrastrukturen vorzufinden sind – meist mit aufwändigen und zersplitterten Eigentumsverhältnissen – sehen die Amerikaner in Skigebieten Investitionsobjekte, die man an der Börse handelt.
Nach dem Kauf zog die Vail-Aktie deutlich an – um stolze 44%. Der Schachzug, sich durch artverwandte Zukäufe das Geschäft zu sichern und Investoren anzuziehen, ist genial: Die Marke wird stärker, weil sie Vertrauen in das eigene Kerngeschäft kapitalisiert anstatt sich in neuen Wachstumsfeldern zu versuchen.
Bereits 2013 hatte der CEO Rob Katz die Erfolgsindikatoren von Vail präsentiert : mehr Gäste nicht nur im Winter (7 Millionen), sondern vor allem im Sommer, mehr Umsatz, höhere Preise – und somit die Grundlagen für einen weiteren Schritt gelegt. Dabei kann sich die Wintersportindustrie auch in den amerikanischen Zentralgebirgen nicht mehr auf den berühmten „Champagne Powder" verlassen, weshalb kräftig in die technische Beschneiung investiert wurde, in den Ausbau des Sommergeschäfts, in die Verbesserung der Infrastruktur von Hotels und Geschäften.
Wer an der Börse spielt, kann sich nicht auf das Wetter verlassen und auf die „nächste Saison" hoffen. Das Argument erklingt viel zu oft aus Tourismusdestinationen, die sich auf „Hoffnung" anstatt auf „Sicherheit" spezialisiert haben. Aber auf diese Weise entstehen keine starken Marken. Die Erwartungshaltung des Kunden und das Kaufmotiv für Marken ist: das Vertrauen in gesicherte Qualität.
Keine Luxusmarke könnte Qualitätsmängel mit wechselnden Lieferanten entschuldigen. Oder der Wirtschaftskonjunktur die Schuld für Schwankungen in der Produktqualität geben. Die Vail Resort Inc. ist in diesem Punkt eine sichere Bank, sie lädt ihren Markenakku ständig mit neuer Energie auf.
Laut Börsenberichten ist Vail schuldenfrei und hat einen mehrstelligen Hundertmillionen-Betrag auf der hohen Kante. Trotzdem bleibt sich der Konzern treu: Er wiederholt nicht die Fehler anderer Luxusmarken, die sich in neue Geschäftsfelder vorgewagt hatten.
Der Daimler-Konzern zum Beispiel hat gezeigt, was passiert, wenn man seine Kernmarke über Jahrzehnte vernachlässigt und stattdessen Wachstumsfantasien in ungelernten Geschäftsfeldern folgt. Sein weltweites Ansehen, bei Premium- und Luxusfahrzeugen die Nr. 1 zu sein, wurde so besser zerstört als dies jeder Konkurrent vermocht hätte. Das führte über Jahre zu großen Verlusten, nicht nur an Reputation. Dem Textilhersteller Van Laack reichte es nicht mehr, Marktführer bei Luxushemden zu sein. Damenblusen, Anzüge, ganze Kollektionen und eine eigene Ladenkette trieben das Unternehmen in die Insolvenz.
Vail ist – trotz unzähliger Möglichkeiten, neue Betätigungsfelder in der touristischen Branche zu finden – dieser Gier nach schneller Diversifikation nicht erlegen. Der Konzern bleibt bei dem, was er kann: die Entwicklung und das Management von Wintersport-Resorts, die er in der Zwischenzeit zu Bergsport-Resorts verwandelt.
Monogamie ist im Markenmanagement eine unterschätzte Stärke – wer auf zu vielen Hochzeiten tanzt, verwässert sein Kerngeschäft und bindet seine Energie zu stark in den Kampf gegen neue Wettbewerber und neue Branchen. Seine Marke zu dehnen und in anderen Kompetenzfeldern erfolgreich zu machen, kostet immer Energie und Geld. Wenn dieses dann fehlt, um das Kerngeschäft mit Impulsen zu versorgen, dann wird es schwer.
Das Management von Vail widerstand der Versuchung, sich im boomenden Segment der Kreuzfahrtschiffe oder der Low-Cost-Hotellerie zu versuchen. Vail bietet Berg und Luxus – und dehnt sich in der eigenen Schublade aus. Als einziger Ausreißer im Vail-Portfolio erscheint das Half Moon Luxus Resort auf Jamaika. Doch bei dieser Markendichte kann sich das Unternehmen auch einmal einen Ausflug an die Küste leisten. Es hatte die Rockefeller-Hotelkette Rock-Resorts übernommen und dieses Kuckucksei dort vorgefunden.
Nicht nur Persönlichkeitsentwickler empfehlen, jene Fähigkeiten auszubauen, in denen man schon Kompetenz aufgebaut hat. Markenstrategen können aus ihrer Erfahrung verdeutlichen, dass Marken nicht durch Ausdehnung, sondern durch Anziehung wachsen. Es ist wie bei einem Magnetfeld: Die größte Anziehungskraft liegt immer in der Mitte und wird nach außen immer schwächer. Wenn Marken ihre Kernkompetenz verlassen, fransen sie aus. Kunden und Markenfans glauben nicht, dass ihre Marke das besser kann, wofür andere jahrelange Erfahrung aufgebaut haben. Von Volkswagen kauft man keine Luxuskarosse Phaeton, vom Fast-Food-Giganten McDonald's keinen gesunden Salat oder Bio-Burger und vom Privatunterkunftsvermittler Airbnb kein Luxushotel.
Die Markenmanager von Vail machen alles richtig und werden am Erfolg nicht zu hindern sein. Selbst wenn die einzelnen Resorts nicht so heißen wie die Betreiber und sinnvollerweise unter ihren eigenen Namen signieren, wird man Vails Kompetenz auch in Whistler, Breckenridge oder dem australischen Perisher-Resort spüren. Vielleicht wird Vail auch einmal ein Skiresort der Alpen auf seinen Einkaufszettel bekommen – und dann genau prüfen, ob es in die Unternehmensstrategie passt oder nicht.
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