„Wie sehr wird Corona die Welt verändern?" Das ist eine der häufigsten Fragen, die ich während der Pandemie gestellt bekam. Natürlich, das treibt uns alle um: Zweifelsohne hatten wir es mit einem „Schwarzen Schwan" zu tun, wie ihn der philosophische Essayist Nassim Taleb beschreibt: ein gewaltiges Ereignis, das keiner erwartet hat.
Wie stark also hat die Pandemie die Welt, wie wir sie kennen, auf den Kopf gestellt?
Hat die Krise also wie ein Prozessbeschleuniger gewirkt – und den Entwicklungen, die sich ohnehin schon abgezeichnet haben, einen ordentlichen Schub verliehen?
2019 begann ich an meinem neuen Buch zu schreiben. Ich wollte aufzeigen, wohin die digitale Transformation uns führt und was das Entscheidende an dieser alles umfassenden Umwälzung ist. Als Stratege, der die Dinge oft mit Abstand und aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, wollte ich erst abwarten, bis sich die großen Entwicklungslinien abzeichnen. Ich wollte zeigen, was diese mit uns Menschen machen. Eine zentrale These hatte ich schon: die „Neue Nähe".
In meinem Alltag als Berater, aus unseren Forschungen und aus den unzähligen Gesprächen mit Kollegen und Kunden gewann ich die Erkenntnis: Das ganze Streben während der digitalen Transformation kennt im Grunde nur ein Ziel. Es geht darum, den Kunden näher zu sein als der Wettbewerb.
Aus dem Wettlauf um die niedrigsten Preise wurde ein Wettlauf um mehr Kundenähe – sei es durch das Besetzen strategisch bedeutender Schnittstellen, absoluter Kundenzentrierung oder mehr Kundenliebe. Daten, KI und Apps sind nichts anderes als Mittel zum Zweck. Und der Zweck ist, den Menschen möglichst nahe zu kommen.
Diese Nähe braucht ein besseres Kundenverständnis, ein adäquateres Verhalten, mehr Anstrengungen bei der Kundenzufriedenheit, Echtzeit-Messbarkeit und vieles mehr.
All das wird darüber entscheiden, wer das Geschäft macht und wer das Nachfolgegeschäft. Es geht darum, die Kunden so zu binden, dass sie das (Öko)-System gar nicht mehr verlassen wollen.
Mit meinem Buch wollte ich den Ursachen auf den Grund gehen und praxisnahe Ableitungen treffen. Ich wollte meine Leser dazu inspirieren, ihr Handeln zu überdenken, ihre Scheu vor der Digitalisierung zu überwinden. Ich wollte sie ermutigen, andere nicht nachzuahmen, sondern entschlossen ihre eigene Strategie zu entwickeln.
Dann kam Corona. Und alle redeten nur noch vom Gegenteil: dem „Social Distancing". Bitte mindestens 1,5 Meter Abstand – oder: Babyelefantengröße – wurde der neue Maßstab. Alle distanzierten sich. Digitale Handelsformen legten zu, während der klassische Handel wegen der Lockdown-Maßnahmen leiden musste.
Die Pandemie unterband, dass wir Menschen kennenlernen und mit ihnen Zeit verbringen. Zum Beispiel am Arbeitsplatz, im Theater, in der Gastronomie, auf Reisen oder auf Veranstaltungen. Noch nie war die Distanz der Menschen zueinander so groß. Selbst Firmen, die auf die Anwesenheit ihrer Mitarbeiter pochten, schwenkten irgendwann ein und erlaubten Homeoffice. Netflix eilte von Rekord zu Rekord. Ebenso Amazon und alle, die ihre digitalen Hausaufgaben gemacht hatten.
Weil Fitnessstudios schließen mussten, profitierten Distanz-Fitnessangebote wie Peloton von einer Nachfragewelle ungekannten Ausmaßes. Heimwerken, Gärtnern und sogar Puzzlespielen war gefragt wie nie. Wir waren zu Hause, aber mit der Welt verbunden. Viele genossen die Zeit ohne Reisen und Abendeinladungen, sie verbrachten mehr Zeit mit den Kindern und der Familie.
Lag ich also falsch mit meiner These der „Neuen Nähe"? Mitnichten, wie sich jetzt zeigt. „Menschen leben in sozialen Bezügen" erklärte mir Professor Michael Reder von der Hochschule für Philosophie in München. Menschen können nur in der Interaktion mit anderen Menschen gedeihen und sich entwickeln. Alles andere führe zu Stillstand. Und was stillsteht, ist tot.
Erst wenn das Selbstverständliche verschwindet, beginnen wir seinen Wert zu schätzen. Genau das machte die Pandemie mit uns: Sie nahm uns vieles, was uns selbstverständlich erschien. Es erschien uns wenig wert, weil es immer so war und oft nichts kostete. Etwa ein Gespräch mit einem Menschen, der nur Gutes für einen will, der sich um einen sorgt. Oder ein Gespräch mit jemandem – auch das gehört dazu – der einem etwas verkaufen will.
Der Verkaufsprozess ist eine der ältesten Arten zwischenmenschlicher Interaktion. Er kann zu lebenslangen, guten und wertschätzenden Beziehungen führen, sofern er auf Vertrauensbildung angelegt ist. Das heißt: Wenn er kompetent, integer und wohlwollend geführt wird.
Distanzgeschäfte sind zwar an Effizienz kaum zu überbieten, aber letztlich hat das mit dem „Verkaufen" an sich nichts zu tun. Warum? Es fehlt die Interaktion, die Begutachtung, das Testen, das Für und Wider, die Empathie, das Wagnis, die Überredungs- und Verführungskunst eines guten Verkäufers. Es fehlt das Spiel um den Wert und den richtigen Preis. Es fehlt das Hin und Her um Erfolg oder Niederlage. Es fehlt die Befriedigung, ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Es fehlt der Thrill des Sieges in der Verhandlung.
Das alles war bislang selbstverständlich. Nun haben uns die Krisenjahre vor Augen geführt, was uns wirklich Spaß macht, was uns wirklich Befriedigung bringt. Worum es wirklich geht. Was wirklich wichtig ist.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude und Inspiration mit meinen Ansichten zur „Neuen Nähe", die ich in diesem Beitrag näher ausführe.
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Klaus-Dieter Koch
Managing Partner
Diese Nähe braucht ein besseres Kundenverständnis, ein adäquateres Verhalten, mehr Anstrengungen bei der Kundenzufriedenheit, Echtzeit-Messbarkeit und vieles mehr.
Bereits das dritte Mal in Folge wurden wir 2023 vom Wirtschaftsmagazin FOCUS als Top Unternehmensberatung ausgezeichnet. Auch in diesem Jahr wurden die exzellente Leistung und die im Gedächtnis bleibende Kompetenz unserer Berater sowohl von Kunden als auch von Kollegen wertgeschätzt.
Wir freuen uns über diese Wertschätzung und danken unseren Kunden und Kollegen.
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