Geht Ihnen das auch so?
Seit ein paar Tagen ist die Home-Office Pflicht vorbei und alles soll wieder zurück auf normal. Nur das passiert nicht. Es hat sich etwas gewandelt in den letzten zwei Jahren. Anscheinend wurde durch die Pandemie-Maßnahmen etwas getriggert, das schon vorher irgendwie da war und jetzt, wo alles wieder wie früher werden soll, sehr deutlich hervortritt: die nomadische Arbeitsgesellschaft.
Viele Unternehmen, insbesondere internationale zahlengetriebene Konzerne, frohlocken schon, denn ein Arbeitsplatz zu Hause spart sehr viel Geld. Schon rechnen die Controller fleißig aus, wie viel teure Bürofläche, oft in den besten Lagen der Innenstädte, da eingespart werden könne. (Warum nochmal ist man eigentlich in die besten Lagen der Innenstädte gezogen?!)
Bei einem Mittagessen in Zürich letzte Woche mit einem langjährigen Kunden wurde mir das so richtig deutlich gemacht. Mein Kunde ist in der Geschäftsleitung einer führenden Digitalfirma. Diese Firmen brauchen viele IT-Ingenieure und Spezialarbeitskräfte, die programmieren können – sogenannte Coder – und die sind alle knapp. Ich eröffnete das Gespräch mit der optimistischen Bemerkung, dass es jetzt durch Home-Office doch viel einfacher sein muss Coder zu finden, da man ja plötzlich auf der ganzen Welt suchen kann und nicht nur im Umkreis des Arbeitsplatzes. Er stimmte mir zu und meinte „Aber die sind dann auch schnell wieder weg, denn allen anderen Arbeitgebern fällt es genauso leicht, auf diese Weise zu rekrutieren und wenn die 1.000 Euro mehr im Monat bieten, ist der Coder halt wieder weg". Die begehrte Fachkraft muss dazu nicht mal ihren Arbeitsplatz verlassen, denn Küchentisch und Kaffeemaschine bleiben an Ort und Stelle und die Fahrt zum Arbeitsplatz spielt ohnehin keine Rolle.
Wenn man überlegt, was einen Arbeitnehmer an sein Unternehmen bindet, dann sind dies neben Gehalt und spannenden Aufgaben all die weichen Faktoren wie nette Kollegen, mit denen man sich im Laufe der Zeit befreundet, das schöne Büro, die großen und kleinen Rituale, die es in jedem Unternehmen gibt, ein gutes HR, das Personalentwicklung ernst nimmt, eine gute Kantine – eben all die Dinge, die man zu Hause nicht hat.
Home-Office beseitigt all diese Unterschiede und Besonderheiten. Die netten Kollegen nur auf Teams zu sehen reicht nicht aus, um auch den sozialen Teil einer Arbeit zu erfüllen. Was bleibt im Home-Office dann eigentlich noch, fragte ich mich? Am Ende nur das Geld und die Aufgabe. Und wenn die Aufgabe mindestens gleich gut ist und dabei mehr herausspringt, wechselt man halt, und zwar global. Ohne Umzug, ohne Hindernisse.
Wenn man Mitarbeiter dauerhaft binden will und trotzdem seine Personalkosten im Griff behalten möchte, dann muss ein Unterschied geschaffen werden. Ein Unterschied, der einen schnellen Arbeitsplatzwechsel trotz Home-Office wirklich schwer macht. Einen Unterschied, der relevant ist und vom Wettbewerb um die besten Talente nicht so schnell kopiert werden kann. Einen Unterschied, der wirklich zählt und zumindest die Arbeitnehmer, die nicht rein Geld getrieben sind, gute Gründe gibt, bei seinem Arbeitgeber zu bleiben. Einen Unterschied, in dem sich alles verdichtet, was den Arbeitgeber zu etwas besonderem macht, vor allem in der Wahrnehmung der Mitarbeiter nach innen als auch in der Wahrnehmung nach außen. Den wenigsten Mitarbeitenden eines Unternehmens (selbst den langjährigen) ist bewusst, was das Unternehmen für sie macht oder zu machen bereit ist. Von Fortbildungen über Sabbaticals über Förderungsprogramme bis hin zu Karriereplänen und alles, was dabei unterstützt, wenn man mal eine Auszeit braucht, um sich der Familienplanung zu widmen, einem Burn-Out vorzubeugen oder einfach mal nach Jahren in der Tretmühle von Schule, Uni und Job zu sich selbst zu finden. Wir wissen aus unserer Beratungspraxis, es ist viel da, nur wissen es die wenigsten.
Um all das zu verdichten und wahrnehmbar zu machen, braucht es eine echte und starke Employer Brand. Leider wird das Thema Employer Brand allzu oft nur oberflächlich verstanden und schlicht nur für Stellenanzeigen und sonstige Recruiting-Maßnahmen missbraucht. Eine Marke ist immer der verdichtete Ausdruck unternehmerischer Spitzenleistungen und eine Employer Brand ist das, was die Unternehmensmarke den Arbeitskräften bedeutet. Beim Employer Branding geht es darum, diese Bedeutung zu managen, aufzuladen und immer wieder mit neuen verdichteten Spitzenleistungen zu nähren. Nicht deren Aussehen oder Witzigkeit einer Stellenanzeige entscheiden über den Erfolg, sondern wie die Employer Brand es schafft, die Unterschiede und Besonderheiten des Unternehmens immer wieder und möglichst an jedem Kontaktpunkt in ihren Handlungen spürbar werden zu lassen.
Eine wirksame Employer Brand war noch nie, wirklich nie, so wichtig wie heute. Jedes Unternehmen, egal ob klein oder groß, sollte spätestens jetzt damit anfangen, seinen Unterschied wahrnehmbar zu machen und in einer anziehungsstarken Employer Brand zu verdichten. Wer das immer noch nicht verstanden hat, wird sich kurz und mittelfristig damit abfinden müssen, nicht mehr die besten Mitarbeiter für sein Unternehmen zu interessieren bzw. binden zu können. Für viele Unternehmen ist das bereits heute Realität. Wir hören da immer wieder: „Kunden haben wir genug, was wir brauchen, sind Mitarbeiter, die bei uns bleiben".
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