Was werden die großen Technologie-Trends der Jahre 2013 sein – und darüber hinaus? Wer den Mobile World Congress und die Messe CeBIT besuchte, weiß Bescheid. Denn auf beiden Veranstaltungen geben Technologie- und Mobilfunkunternehmen ihr Bestes, um ihre Kompetenz und Visionen zu präsentieren. Es sind Pflichttermine der Branche.
Doch einer der Bedeutendsten und Profitabelsten unter ihnen glänzte durch Abwesenheit: » Apple.
Aber warum sollte Apple auch teilnehmen? Das kalifornische Unternehmen besitzt nach Millward Brown die wertvollste Marke der Welt. Wie kein anderes Unternehmen schafft es Apple, einen Hype um neue Produkte zu entfachen und diese auf gottesdienstähnlichen Events zu präsentieren.
Allerdings ist die Erfolgsstory Apples nicht mehr ungetrübt: So brach der Aktienkurs im Februar um ein Drittel im Vergleich zum Höchststand ein -– der Marktwert fiel um gigantische 200 Milliarden Dollar. Zudem wird der Wettbewerbsdruck immer stärker und erreicht durch den aktuellen Launch des » Samsung Galaxy S4 einen weiteren Höhepunkt. Dazu kommt der Trend zu extrem großen Handys (Phablets bzw. Smartlets) und die Gefahr der Kannibalisierung des iPads durch das günstigere iPad mini.
Deshalb stellt sich die Frage: Kann es sich Apple auch weiterhin erlauben, sich derart rar zu machen – und sich auf diese Weise über die Wettbewerber zu stellen?
Aus » markenstrategischer Sicht muss man Apple Lob aussprechen: Der Konzern hat in den vergangenen Jahren vieles richtig gemacht – davon profitiert die Marke noch heute. Dennoch gab es in der jüngeren Vergangenheit einige Brüche der Markenregeln, die stutzig werden lassen. Doch werfen wir zunächst einen Blick auf die beispiellose Entwicklung der Marke Apple seit 1997 – dem Jahr, als Apple-Gründer Steve Jobs in das Unternehmen in Cupertino zurückkehrte.
Steven Jobs gelang schier Unglaubliches: Er machte aus dem Sanierungsfall einen Revolutionär. Im Eiltempo erschütterte er gleich mehrere Technologiemärkte durch außergewöhnliche Produkte. Egal, ob die Musikbranche (iTunes), der MP3-Player-Markt (iPod), das Computersegment (Mac, Macbooks, iPad) oder die Telekommunikationsbranche mit dem iPhone: Apple überraschte, ging Risiken ein und lieferte völlig neuartige Produktlösungen.
Die » Markenwerte waren stets Qualität, intuitive und benutzerfreundliche Bedienung, Ästhetik sowie die Innovationsfähigkeit, die zu durchschlagenden Neuerungen führten und die jeweilige Branche veränderten. Dazu belebte Jobs die eingemottete » Markenpositionierung neu: Apple, der Rebell gegen die auf reine Funktionalität bedachten Systeme Microsofts.
Mit dieser klaren Strategie sowie einigen Regeln zur Führung der Marke gelang es Steve Jobs, Apple zur wertvollsten Marke der Welt zu machen. Doch was ist der Stand heute? Werden diese Regeln, nach dem Tod Steve Jobs’, weiterhin befolgt? Die Antwort: Nein. Immer wieder kam es in jüngerer Vergangenheit zu Regelverletzungen, die an der Glaubwürdigkeit Apples nagen:
Nach der Einführung des iPhone 4S, das als „Zwischenlösung“ vor der nächsten großen Innovation verstanden wurde, erwarteten Fans und Kunden vom iPhone 5 etwas Bahnbrechendes. Doch neben technischen Optimierungen war die auffälligste Neuerung des iPhone 5 der größere Bildschirm.
Jobs jedoch hatte von neuen Apple-Produkten immer eine tatsächliche Innovation gefordert. Gab es die nicht, war er dafür bekannt, entweder ganze Teams abzustellen, um das Produkt auf Vordermann zu bringen – oder aber das gesamte Projekt rigoros zu stoppen, selbst nach monatelanger Arbeit. Zudem hatte Jobs die Entwicklung eines größeren iPhones auf einer seiner legendären Pressekonferenzen ausgeschlossen: „No one’s gonna buy a large phone.“
Sowohl der größere Bildschirm als auch die Entwicklung des iPad mini ist als Reaktion auf die Konkurrenz zu werten. Den Trend zu größeren Handy-Bildschirmen sowie die Nachfrage nach kleineren Tablets hatten die Konkurrenten zuerst antizipiert. Übrigens: Jobs hatte die Entwicklung eines kleineren iPads noch ausgeschlossen.
Steve Jobs verweigerte die Erneuerung von Produkten, die weniger als ein Jahr auf dem Markt sind. Doch das iPad 4 mit Retina-Display löste seinen Vorgänger, den man noch werbewirksam als „das neue iPad“ getauft hatte, bereits nach knapp sieben Monaten ab.
Diese Brüche machen deutlich: Dem Apple-Konzern gelingt es nicht mehr, auf die Entwicklungen der Konkurrenz mit Revolutionen zu kontern. Keines seiner neuen Produkte bietet eine technologische Innovation. Es scheint, als ob das von Jobs eingeführte „Think Different“-Prinzip nicht mehr die Kraft besitzt, um die Mitarbeiter zu Spitzenleistungen anzutreiben. Es scheint sogar, als würde sich Apples Markenmantra „Think Different“ wandeln zu „Think Mainstream“.
Dazu kommt, dass Apple seine erfolgreiche Rolle als Rebell nicht mehr glaubwürdig besetzen kann, zu groß ist seine Marktdominanz. Vielmehr ist er mittlerweile der Konzern, den es zu schlagen gilt – die Rebellen sind jetzt andere.
Sowohl Kritiker als auch die Kunden konkurrierender Marken beäugen jede Aktion Apples genau, warten sehnlichst auf Patzer und kritikwürdige Aktionen. So wird die Einführung des eigenen Kartendienstes zu einem gefundenen Fressen, genauso wie die unnötig wirkende Einführung neuer Ladeadapter für die neuen Produkte.
Nun könnte der Eindruck entstehen, es stehe schlecht um die Marke aus Cupertino – schließlich nimmt auch der Wettbewerbsdruck zu. Samsung gilt derzeit als stärkster Gegner, der durch technisch bessere Handys überzeugt. In nahezu jeder Kommunikationsmaßnahme argumentieren die Südkoreaner damit, wie überlegen ihre Produkte seien.
Zu den weiteren Kontrahenten gehören HTC (gute Produkte zu Einstiegspreisen), die nimmermüde Marke Nokia und neuerdings wieder Blackberry, weil man anscheinend endlich verstanden hat, dass Datensicherheit eine wahre Stärke der Marke und ein attraktives Kriterium zugleich ist.
Doch nach wie vor gilt: Apple ist eine der wertvollsten Marken der Welt.
Über Jahre hinweg wurde sie durch kontinuierliche Spitzenleistungen aufgeladen und funktioniert jetzt wie eine volle Batterie.
Die Spitzenleistungen der Marke sind zu glaubwürdigen Werten sedimentiert, die von den Kunden nicht mehr hinterfragt werden.
Apple polarisiert – das ist eine der klaren Kennzeichen starker Marken
Zu keinem der Produkte von Apple werden Bedienungsanleitungen beigelegt, weil Apple die benutzerfreundlichsten und intuitivsten Bedienkonzepte bietet. Die Hochwertigkeit der Materialien und die Qualität ist bei jedem Apple-Produkt zu spüren.
Während die Konkurrenz bei Handys auf Plastik und Kunststoff setzt, war es bei Apple überwiegend Glas oder das von den Macbooks bekannte Aluminium. Außerdem wurde sowohl bei der Größe des iPad mini als auch beim iPhone 5 beachtet, dass ihr Designkonzept konsistent zu den übrigen Produkten bleibt und sie vor allem gut in der Hand des Benutzers liegen. Die Funktionalität der Produkte und das Prinzip der Benutzerfreundlichkeit gehen bei Apple Hand in Hand.
Diese Leistungen erklären zum Teil das Preispremium, denn unvergleichliche Leistungen führen letztlich zu unvergleichlichen Preisen. Zudem führen sie zu der großen Fan-Gemeinschaft, die von Kritikern auch gerne als Apple-Jünger bezeichneten Stammkunden der Marke. Diese empfehlen Apple auch gerne weiter: Der Konzern glänzt mit einer Netto-Weiterempfehlungsrate von über 70 Prozent.
In aktuellen Web-Rankings belegt das iPhone 5 häufig Plätze hinter Produkten von Asus oder LG. Doch was diese Rankings abbilden, sind technische Daten: Prozessoren, Festplatten und Megapixel. Was sie nicht darstellen, sind Kompositionen aus verschiedenen Leistungen einer Marke – angefangen von der perfekten Inszenierung der Produkte auf Launch-Events bis hin zum ausgefeilten Fan-Management.
In den USA kontaktiert Apple zum Beispiel unzufriedene Kunden innerhalb von 24 Stunden, um die Gründe zu erfahren und die Leistung zu verbessern. Bleibt die entscheidende Frage: Was wird vom Kunden wohl eher weitererzählt: dass sein Handy eine um 0,3 Megapixel schlechtere Kamera hat oder dass ihn ein zuvorkommender Anruf Apples überrascht hat und sein Problem schnell gelöst wurde?
Sollte man ein technisches Problem mit seinem Apple-Produkt haben, kann man online einen Termin an der „Genius Bar“, die in den Apple-Flagshipstores für Lösungen und Beratung zuständig ist, arrangieren. Dort wird das Problem dann professionell von einem Experten behandelt. Folgende Standardphrase von Elektromärkten kennen Apple-Jünger kaum: „Wir schicken das erstmal ein und Sie können es gerne in sechs Wochen wieder abholen.“
Eine Marke ist weitaus mehr als das reine Angebot an Produkt-Features – und das versteht Apple (noch) besser als seine Konkurrenten.
Eine » starke Marke kann einiges kompensieren, wenn sie wie eine Batterie stark aufgeladen ist. Doch sie wird schwächer, wenn sie nicht immer wieder durch Leistungen aufgeladen wird. Um einen Energieabfall zu vermeiden, sollte Apple seine klaren Grenzen beachten und dafür Sorge tragen, dass sie nicht durch weitere Regelbrüche aufgeweicht werden oder die Markenregeln eine Anpassung an die verändernden Faktoren erfahren. Die Markenwerte sollten als Orientierung dienen, denn sie bilden das Glaubwürdigkeitskonstrukt einer Marke.
Mit den kommenden Produkten muss Apple wieder seine Innovationskraft unter Beweis stellen. Durchaus könnte Apple im TV- oder Uhrenmarkt mit einem „Next Big Thing“ für Furore sorgen, wenn es glaubwürdig zur Marke passt und das Ökosystem sinnvoll erweitert.
Man kann sich also freuen auf den nächsten Juni und den Oktober. Warum? Weil Apple in diesen Monaten traditionell seine neuen Produkte präsentiert – der Konzern pfeift auf die Termine bedeutender Messen, wenn es um Launches geht. Es bleibt abzuwarten, ob die Kalifornier diese Markenregel beibehalten.
Oder, um es anders auszudrücken: Solange sich Apple nicht auf den üblichen Branchenmessen zeigt, müssen wir uns um die Marke keine Sorgen machen.
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