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22. März 2015

Markenresilienz: Diese fünf Faktoren machen Destinationen stark

So stärken Destinations- und Tourismusmarken ihre Widerstandskraft, damit sie selbst harte Krisen gut überstehen.

Für Reiseziele gilt: Je unsicherer die Wirtschaftslage und je instabiler die politische Situation, desto kritischer ist die Nachfrage am Reisemarkt. Zu den Gewinnern gehören dann jene Destinationen, die sich in den Köpfen der Kunden die größte Widerstandsfähigkeit und Relevanz aufgebaut haben. Es sind Destinationen, die eine resiliente Marke besitzen.

Resilienz ist das Gegenmittel zum weit verbreiteten Irrglauben, dass größere Werbebudgets verloren gegangenes Terrain zurückholen könnten. Spätestens seit dem Währungsschock in der Schweiz, der diesem Tourismusland von Weltruf über Nacht eine Verteuerung des Angebots von 25% diktiert hat, bekam dieser Begriff eine neue Bedeutung.

Ökosysteme gelten als resilient, wenn sie trotz einer vorübergehenden, tiefgreifenden Veränderung von außen die Kraft in sich tragen, wieder sehr schnell zum Urzustand zurückzukehren. Destinationen können als resilient gelten, wenn sie in fünf Bereichen ihre Konkurrenten auf die Plätze verweisen:

  • bei der Klarheit des Angebots

  • im Kampf um das Preis- oder Volumenpremium

  • die relevantere Fangemeinschaft

  • beim Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit

  • beim emotionalen Markenerlebnis.

Auf der » Internationalen Tourismusbörse ITB in Berlin, der größten Reisemesse der Welt, kämpften diesen März 10.000 Aussteller aus 180 Ländern um die Aufmerksamkeit von Medien, Fachbesuchern und Mitbietern. Die Investitionen in Standaufbauten, Standpersonal, Logistik- und Reisekosten zusammengerechnet übersteigen das Vorstellbare.

Und dennoch glaubt jeder der 10.000 Aussteller, er müsse zumindest einmal im Jahr ordentlich Flagge zeigen und die Aufmerksamkeit der Reisewelt auf sich ziehen. Die auffälligsten Bilder, Stände, Logos und Performances sollen beweisen, wie unverzichtbar er für die Reisecommunity ist – sei es ein Land, eine Region, eine Stadt, ein Freizeitpark, eine Insel, eine Bergregion, ein Hotel, ein Ressort, ein Verlag, eine Airline und so weiter. Alle fühlen sich als große Marken.

Man stelle sich einmal folgendes Szenario vor: Die ITB gäbe es nicht mehr (aus welchem Grund auch immer). Damit fehlte Tausenden von Ausstellern ihre jährliche Selbstdarstellungsbühne. Das Geld für die vielen ITB-Empfänge und ITB-Cocktailpartys bliebe gespart. Welche von allen Destinations- und Tourismusmarken bliebe davon ohne Schaden? Wer von den 10.000 ITB-Darstellern bliebe in den Köpfen der reisefreudigen Menschen dieser Welt? Wer besäße die Widerstandskraft, diesen GAU unbeschadet zu überstehen?

Tritt Unerwartetes ein, bedingen äußere und unbeeinflussbare Faktoren das Geschäft einer Branche. Wenn die prognostizierte Entwicklung plötzlich einen anderen Lauf nimmt, ist es der Resilienzindex einer Marke, der über ihren Erfolg oder Untergang entscheidet. Zum einen besitzen resiliente Marken eine hohe Robustheit. Zum anderen verfügen sie über eine hohe Agilität, um Veränderungen angemessen für ihr Wachstum zu nutzen.

Das sind die fünf Erfolgsfaktoren, an denen die Widerstandskraft von Destinations- und Tourismusmarken gemessen werden kann:

1. Eindeutigkeit des Produkts und des Angebots

Wer in Las Vegas Familien- oder Wellnessurlaub machen wollte, wüsste wohl schon im Vorhinein, wie falsch seine Erwartungshaltung ist. Und wer sich in St. Moritz ein moderates Preisgefüge vorstellt, ebenfalls. Wenn Destinationen imstande sind, mit ihrem Angebot ein eindeutiges Bild im Kopf der Kunden zu erzeugen – und nachfolgend eine genauso eindeutige Erfahrung vor Ort –, dann setzen sie einen Sicherungsanker für Widerstandskraft in stürmischen Zeiten.

Starke Marken sind immer eindeutig. Zu viele Destinationen verstecken ihre Schwächen in vermeintlicher Angebotsvielfalt und glauben auch noch, damit bei vielen Zielgruppen zu punkten. Das Gegenteil ist der Fall. Die Vorstellung, für was eine Destination steht, verwässert und sinkt damit immer tiefer in der Relevanz. Es ist wie bei einer bösen Krankheit: Wenn es ernst wird und das Leben auf dem Spiel steht, ereilt der Hilferuf nur noch die Spezialisten. Wer unscharf positioniert ist, hat wenig Widerstandskraft in schwierigen Situationen.

2. Premium im Preis oder Volumen

Auch im touristischen Geschäft gibt es nur zwei ökonomische Spielarten:

  • das Wertspiel um den höchsten Preis oder

  • das Preisspiel um den niedrigsten Wert.

Destinationen sind dann besonders resilient, wenn sie im Vergleich zu ihren Konkurrenten entweder Preisführer oder Qualitätsführer sind. Weil das Preispremium immer ein verlässlicher Indikator für bewiesene Qualität ist, lohnt es sich für Destinationen und Tourismusanbieter immer, in ihrer Kategorie die teuersten zu sein. Damit geht einher, dass man sich im Erfolg nicht an quantitativen Zahlen und Volumina orientiert, sondern an Wertschöpfung und Marge.

Andererseits können Destinationen als Marken zweifelslos eine große Resilienz in ihrer Kategorie aufbauen, wenn sie in dieser die Volumen dominieren, was meist mit Preisführerschaft einhergeht. Wenn die Luft für die Konsumenten dünner wird, entscheiden sich diese gegen Durchschnitt. Wenn also Destinationen weder in punkto Preis noch in punkto Wert eine klare Aussage zuerkannt wird, leben sie riskant.

3. Die treueste Fangemeinschaft

Resiliente Marken ziehen Kunden durch ihre Strahlkraft an, sie verfolgen niemanden. Wer als Destination über eine sehr hohe Stammkundschaft verfügt und diese mit jedem neuen Kunden noch erweitert, erhöht seine Widerstandskraft für schwierige Zeiten. Die Wiederkaufsabsicht hängt in Destinationen in erster Linie am Produkt und an den primär erfahrbaren Dienstleistungen. Investitionsstau in der Infrastruktur, mangelndes Qualitätsbewusstsein im Kundenkontakt, ein Durcheinander in den Angeboten führen zu schwacher Loyalität.

Der Reisemarkt ist ein Empfehlungsmarkt geworden. Wer sich in Ratings, Bewertungen, Blogs sowie Verwandtschafts- und Freundeskreisen nicht nach vorne schiebt, bliebt im Krisenfall auf der Strecke. Destinationen mit resilientem Markenstatus erfreuen sich einer großen und stabilen Fangemeinschaft, die weit mehr an das Produkt bindet als ein flüchtig angekreuztes „Like“ auf einer Facebook-Seite. Fans einer Destination sind wie Fans einer Sportart: sie verteidigen ihren „Club“ gegen Angriffe von außen, verdichten die Treue trotz einer Niederlage und wechseln nie.

4. Klare Vorstellungen von der Zukunft

Widerstandskraft entwickelt sich nicht nur am Bestehenden. Sie entsteht auch durch die Fähigkeit, sich Alternativen zum Status Quo vorstellen zu können. Destinationen, die Besitzstände verteidigen und das Erreichte als das einzig Erhaltenswerte empfinden, stehen in Zeiten des Wandels auf tönernen Füßen. Wo entsteht die interessanteste Architektur? Wo finden sich die mutigsten Veranstaltungskonzepte? Über welche Sinnstiftung definiert sich eine Destination? Wer verkörpert die Produkte? Welche Lebensknappheiten werden bedient?

Menschen und Reisende orientieren sich stark an dem, was Destinationen über ihre Produkte und Angebote eine nachhaltige Relevanz gibt. Bedeutung wird weit wichtiger eingestuft als Bekanntheit. Begehrt ist – und damit nachhaltig widerstandsfähig – wer beweist, zu wichtigen Themen der Zukunft einen Beitrag zu leisten. Wenn ein Jahrhunderte alter Kurort keine Antwort auf die Frage hat, wie er die Lust auf Gesundheit schürt statt die Angst vor Krankheit, ist seine Widerstandsfähigkeit in Zeiten des Wandels sehr gering.

5.    Emotionale Markenerlebnisse

Nichts bleibt besser in Erinnerung als das selbst Erlebte. Urlaubserfahrungen gehören deshalb zu den privilegierten Situationen, um sich positiv oder negativ in der emotionalen Welt der Kunden zu verankern. Wenn es eine Destination schafft, ihre vielfältigen Kontaktpunkte zu einem konsistenten positiven Marken-Gesamterlebnis werden zu lassen, dann arbeitet sie für ihre Resilienz.

Entscheidend sind dabei zwei Messgrößen: die Zahl der positiven Erfahrungen muss jene der – unvermeidlich – negativen um ein Vielfaches überschreiten. Zum zweiten muss die Zahl der Erlebnisse, welche die Erwartungen sogar übertreffen, größer sein als die der – ebenfalls unvermeidlichen – Enttäuschungen.

Widerstandskraft wächst in einer Destination nicht an der Zufriedenheitsskala, sie lässt sich nur an der emotional verankerten „Wow-Quote“ festmachen: Was unerwartet berührt hat, wurzelt tief im Gedächtnis und im Unter-Bewusstsein. Wenn Destinationen nur den Level „in Ordnung“ schaffen, werden sie in schwierigen Zeiten ausgetauscht gegen Konkurrenten – wovon es immer mehr als genug gibt .

Ohne Zweifel: Wer in Zeiten des Wandels keinen resilienten Markenstatus hat, wird auf dem Wühltisch des Preiskampfes landen. Billiger geht immer – nur nicht lange. Von allem etwas zu haben, und nichts davon richtig gut, verdammt zur Mittelmäßigkeit. In dieses Feld sollten sich die wenigsten Destinationen einordnen müssen, wenn sie an ihre Zukunft denken. Auch die Reisebranche wird die Schwachen aussortieren und jene, die kein Konzept für die Zukunft haben.

Wer wird dort „Nokia“ sein, wer „Opel“, wer „4711“ und wer „Loewe“?

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