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BrandTrust Future Circle 2015, Foto: Wöhrstein

19. Oktober 2015

Tomáš Sedlácek über die große Transformation

Der Star-Ökonom und Buchautor Tomáš Sedlácek sprach auf unserem elften BrandTrust Future Circle und begeisterte mit seiner Vision zu Wirtschaft und Gesellschaft.

Eine zweistündige intellektuelle Heiß-Kalt Dusche war das, die uns der tschechische Star-Ökonom und Buchautor („Die Ökonomie von Gut und Böse“) Professor Tomáš Sedlácek in unserem 11. BrandTrust Future Circle in Konstanz servierte. Mit seinen Thesen zur „großen Transformation“ zog er uns in seinen Bann. Auch während des Abendessens und bis spät in die Nacht diskutierten wir über seine Aussagen.

Tomáš Sedlácek stellt klar, dass Globalisierung, Digitalisierung, Finanzkrisen, Migration zu einer großen Transformation führen werden. Das heißt: zu einem „formveränderten“ Sprung der Gesellschaft und Wirtschaft, der ein neues Denken und Handeln zur Folge hat.


Tomáš Sedlácek im Interview über Marken und die Ökonomie der Zukunft (ca. 3:30 Minuten):„Europes values have spread over the world“

Weil Tomáš Sedlácek hierzu gerne Klartext spricht, ist er ein beliebter Gesprächspartner der Medien. So erklärte er erst diesen September 2015 im Spiegel-Interview, warum wir vor einer Transformation stehen: „Wir haben ein System geschaffen, das schnell wachsen kann, aber instabil ist. Wir müssen genau das Gegenteil tun: Wachstum verkaufen und Stabilität zurückkaufen.“ („Papa ist impotent“, 40/15 S. 74 ff.)

Einige zentrale Aspekte seines zweistündigen BrandTrust Future-Circle-Vortrags zur „großen Transformation“ möchten wir mit Ihnen, den Lesern von BrandTrust Insights, gerne teilen:

Das heutige System des Wirtschaftswachstums kann man sich als Welle vorstellen, auf deren Kamm wir reiten und deren Ressourcen aus der Vergangenheit und Zukunft wir verbrauchen.

  • Aus der Vergangenheit sind wir durch billige Arbeitskraft, zunehmenden Naturverbrauch und globalisierter Vernetzung/Kolonialisierung gewachsen.
  • Durch die permanente Verschuldung der Staaten und auch der Privatpersonen holen wir uns Einkünfte aus der Zukunft in die Gegenwart, um sie heute bereits zu verbrauchen. Die Kosten für diese „Zeitreise“ nennen wir Zinsen und den in der Zukunft nicht mehr stattfindenden Verbrauch.

BrandTrust Future Circle 2015, Foto: Wöhrstein

Um den grundsätzlichen Wohlstand des Systems aufrecht zu erhalten – um zu vermeiden, dass die Welle des Wohlstands bricht und das System kollabiert –, entstehen neue Formen der Wirtschaft und neue Ressourcen werden erschlossen. Durch Technologien wie die Digitalisierung, neue Märkte, bessere Vernetzung und neues Bewusstsein.

Das wird sich ändern:

  1. The „Ressource of YOU“: Wir als Personen sind die letzte Ressource, die sich „vermarkten lässt“. Vormals private Themen wie Kommunikation, Identität, Unterhaltung, Kochen und Freundschaft werden öffentlich, wandeln sich in Daten und werden zu Konsum-Mustern, die sich vermarkten lassen. Firmen verlagern die Wertschöpfung zu den Kunden, über Apps und Selfservices werden wir Menschen zum Produkt.
  2. Neuordnung durch Digitalisierung: Die Digitalisierung schafft beliebige Kombinationen neuer Geschäftsmodelle, die modularer, einfacher, günstiger, vernetzter, transparenter, globaler sind und dadurch neue Wertschöpfungspotenziale bieten. Offen ist, ob sie mit ihren neuen Ökosystemen und Zugangsknoten wirklich mehr Wertschöpfung schaffen, als sie an Arbeitsplätzen weltweit zerstören.
  3. „Economy of Love“: Da das rein ökonomische Wirtschaftssystem permanent überfordert ist, werden neue oder private Wirtschaftssysteme wie das der „Familie“ wichtiger. Im großen Geldtransfer von Eltern zu Kindern gelten andere Gesetze: Es geht um Unterstützung, Hilfe ohne Gegenleistung. Liebe ersetzt Verträge. Dieses genossenschaftliche Grundmuster der gegenseitigen Versicherung wird immer bedeutender als Wirtschaftsfaktor. Die Economy der Nächstenliebe wird wachsen und die Dysfunktionalität des Geldes und Zinssystems kompensieren.
  4. „Being a Child“: Wir werden wieder zu Kindern. Wir sind so hoch entwickelt, materiell übersättigt, haben so viele Kriege geführt, besitzen komplexe ökonomische Systeme und Technologien, dass wir uns danach sehnen, wieder wie Kinder zu sein. Wir wollen uns, wie in der großen Familie, geborgen fühlen. Wir wollen mit „Mikro-Ideologien“ der Marken „glücklich“ sein – jenseits von Gut und Böse und allen religiösen Einschränkungen und Meta-Ideologien.

Aus diesen Transformationslinien ergibt sich ein optimistisches Bild humanitären Lebens, das wir mit unseren Unternehmen, Marken und uns selbst erschließen können.

Es liegt, wie immer, in uns selbst und nirgendwo anders.

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Autor

Klaus-Dieter Koch

Managing Partner

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