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2. Juni 2014

Henrik Schunk: „Der Mittelstand muss seine Leistung selbstbewusster herausstellen“

Konkurrenz aus Asien, mangelnde Differenzierung und eine zu geringe Bekanntheit – Henrik Schunk beschreibt, warum der B2B-Mittelstand ein klares Markenversprechen braucht.

Henrik Alexander Schunk ist geschäftsführender Gesellschafter der Schunk GmbH & Co. KG. Das mittelständische Familienunternehmen gilt als weltweiter Kompetenzführer für Spanntechnik und Greifsysteme. Es beschäftigt 1.900 Mitarbeiter in über 50 Ländern. In den vergangenen 25 Jahren wuchs es durchschnittlich um über 12 Prozent pro Jahr. Im Interview spricht Henrik A. Schunk über die Defizite deutscher B2B-Anbieter in Marketing und Vertrieb und den Druck, den ihm die Globalisierung auferlegt.

Herr Schunk, Sie reklamieren für Ihr Unternehmen eine Kompetenzführerschaft in seinen Segmenten. Woran machen Sie diese konkret fest?

Henrik Schunk: Unsere Produkte stehen in dem Ruf, wartungsfrei zu laufen – einbauen und vergessen. Wenn wir von Kompetenzführerschaft sprechen, meinen wir die Kombination aus überlegener Entwicklungsarbeit und wahrnehmbarer Produktqualität. Ergänzend dazu hat die Firma Schunk heute, aufbauend auf der Arbeit meines Vaters, eine schlagkräftige Marketing- und Vertriebsorganisation.

Für B2B-Unternehmen in Deutschland durchaus keine Selbstverständlichkeit …

Henrik Schunk: Der Mittelstand hierzulande wäre sicher noch erfolgreicher, wenn er in Marketing und Vertrieb stärker aufgestellt wäre. Es reicht im Wettbewerb nicht mehr aus, Spitzenleistungen vorzuhalten. Viel entscheidender ist es, mit seinen USPs zu vermitteln, was das Besondere am eigenen Unternehmen und an den eigenen Produkten ist.

In dem Maße, wie sich Mitbewerber aus Asien in Europa positionieren, wird das Formulieren eines klaren Markenversprechens an Bedeutung gewinnen. Deutsche Unternehmen müssen ihre unbestrittene Spitzenleistung in Zukunft noch viel selbstbewusster herausstellen.

Mancher fühlt sich bisher offenbar ganz wohl in seiner Rolle als „Hidden Champion“.

Henrik Schunk: Ich bin nicht sicher, ob es auf lange Sicht hilfreich ist, wenn man „hidden“ bleibt. Ist eine Leistung beweis- und nachvollziehbar, dann halte ich es für einen Fehler, sein Licht unter den Scheffel zu stellen. Gerade der Maschinenbau neigt eher dazu, nicht auf den Busch zu klopfen.

Auf Verbandsebene geschieht das durchaus. Aber anders als etwa im Handel, in der Automobilwirtschaft oder in der Lebensmittelindustrie hat die allgemeine Öffentlichkeit keine Vorstellung davon, wer im Maschinenbau die großen Spieler sind. Das gilt für andere B2B-Märkte hierzulande analog.

Auch bei Ihnen werden erst jetzt Konturen einer strategischen Markenführung sichtbar.

Henrik Schunk: Während meiner USA-Zeit habe ich sehr viel über offensive und innovative Marketing- und Vertriebskonzepte gelernt. Dennoch muss man die Dinge sinnvoll und „step by step“ angehen.

Mein Augenmerk galt zunächst unserer Vertriebsorganisation, um ihre Performance auf Spitzenniveau zu bringen. Ich wollte die Schlagzahl erhöhen und unsere Kunden durch ein optimiertes Beziehungsmanagement enger an uns binden.

Das ist nicht zuletzt durch die Installation eines intelligenten CRM-Systems gelungen. Im zweiten Schritt ging es dann an den Markenaufbau, dessen vorläufiger Höhepunkt sicher die Verpflichtung von Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann als Markenbotschafter darstellt. Parallel haben wir für SCHUNK den Claim „Superior Clamping and Gripping“ entwickelt, um unsere Kompetenzführung in der Spanntechnik und bei Greifsystemen nachhaltig zum Ausdruck zu bringen.

Testimonial-Werbung und ein englischer Claim machen Ihre Marke noch nicht erlebbar …

Henrik Schunk: Ergänzend haben wir einen Chief Marketing Officer verpflichtet, der sich eigenverantwortlich des Themas Brand Management“ annimmt. Wenn man sich Fachzeitschriften aus unserer Branche anschaut, dann erkennt man in der Darstellung der Unternehmen keine Differenzierung mehr. Ich bin aber überzeugt davon, dass es heute gelingen muss, den Leistungsbeweis auf andere Art zu vermitteln.

SCHUNK postuliert Pioniergeist, Zuverlässigkeit und Präzision. Wenn man auf allen fünf Kontinenten präsent ist – kann man dann ein solches Leistungsversprechen noch einhalten?

Henrik Schunk: Das ist tatsächlich eine Herausforderung. Wir greifen dafür im Moment noch zu stark vom Headquarter aus ein. Ich wünsche mir eine stärkere Dezentralisierung. Das geht nur, indem man entsprechende Kompetenzen sukzessive in seinen Hauptmärkten aufbaut. Dazu gehört das nötige Budget. Dazu gehört aber auch ein dezentraler Werbeauftritt, das muss der nächste Schritt für uns sein.

Haben Sie Jens Lehmann vor diesem Hintergrund engagiert?

Henrik Schunk: Zunächst einmal ist die Kommunikation mit und über ein populäres Testimonial in unserer Branche ein absolutes Novum. Jens gibt der eher nüchternen Technik unserer Produkte assoziativ und emotional ein sympathisches Gesicht. Dynamik, Präzision und Zuverlässigkeit sowie eine kontinuierliche Spitzenleistung haben Lehmann zu einem Weltklasse-Torhüter gemacht. Seine Performance und die von Schunk sind deckungsgleich. Mit ihm als Markenbotschafter kommunizieren wir unsere Kompetenz nicht nur glaubwürdig, sondern zudem auf Augenhöhe mit unseren Mitarbeitern. Ohne sie kommen bei Schunk keine Spitzenleistungen zustande.

Welches sind denn Ihre Überzeugungen und die Motive, mit denen Sie die Marke führen?

Henrik Schunk: Wir haben ein kurzes, von Ihnen bereits erwähntes Leitbild. Daneben ist es mir sehr wichtig, dass wir auch mit zunehmender Größe unseren familiären Charakter bewahren, wir wollen so schlank wie möglich agieren, und wir wollen der Innovationsführer bleiben. Im immer stärker werdenden nationalen und internationalen Wettbewerb gilt es, sich auch zukünftig als Champion zu positionieren.

Was ist denn die größte Herausforderung?

Henrik Schunk: Wenn man – wie wir jetzt – an der Grenze zu 2.000 Mitarbeitern steht, dann kommt es ganz stark auf Führungspersönlichkeiten an. Führung zu orchestrieren und Verantwortlichkeiten zu delegieren, an diesem Thema arbeiten wir gerade. Das umso mehr, als wir Schunk auf ein starkes Wachstum in den nächsten Jahren vorbereiten. Das kann durchaus dazu führen, dass wir auch einen Manager von außen in die Firma holen. Ich schätze, dass wir noch gut fünf Jahre brauchen, bis wir das Unternehmen so für die Zukunft aufgestellt haben, wie wir es uns vorstellen.

Hat man als Familienunternehmen im Stillen manchmal die Befürchtung, dass einem die Globalisierung, die ja auch Chancen bereithält, ein zu großes Paar Schuhe hinstellt?

Henrik Schunk: Zumindest realisiert man, dass sich die Notwendigkeit der Anpassung an die Dynamik extrem verändert. In den 1990er-Jahren ist unser Organigramm vielleicht zweimal verändert worden. Zwischen 2000 und 2011 mussten wir es etwa jedes zweite Jahr überarbeiten. Mir ist klar, dass dieser permanente Wechsel Mitarbeiter verunsichert. Deshalb ist die Hauptaufgabe der Führungsmannschaft eben nicht nur, für Kontinuität zu sorgen, sondern sicherzustellen, dass jeder Mitarbeiter bei allem Wandel das Vertrauen hat, dass das gut ist, was wir machen.

Kann man das allen immer vermitteln?

Henrik Schunk: Nein, das kann man nicht. Wenn ich noch einmal zur Uni gehen würde, würde ich Psychologie studieren.

Das ausführliche Interview mit Henrik A. Schunk wurde von Bijan Peymani geführt und erschien in dem Buch No. 1 Brands – die Erfolgsgeheimnisse starker Marken.

 

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