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Mode- und Sporthaus L&T

28. September 2020

Von den Besten lernen: Ein Besuch bei L&T in Osnabrück

L&T zeigt, wie ein stationäres Modehaus seine Kunden begeistern und Umsatz machen kann – aller digitalen Konkurrenz. Ein Beispiel, das Mut macht.

Wer sich intensiv mit der Modebranche beschäftigt und vieles darüber liest wie ich, gerät leicht in Verdrossenheit. Die permanenten Insolvenzen, Umsatzkorrekturen und Gewinneinbrüche – inzwischen schockiert das nur noch die Betroffenen. Wir Leser hingegen sind mittlerweile abgeklärt und auf das Schlimmste vorbereitet.

Wenn die Betroffenen handeln, ist es häufig purer Aktionismus: Sie taktieren mit neuen Marketingkampagnen und kaschieren die Krisensymptome nur oberflächlich – mit den eigentlichen Ursachen aber beschäftigen sie sich nicht. Um ehrlich zu sein: Ich bin davon hochgradig genervt. Was muss denn noch alles passieren, damit sie das endlich tun?

Um so freudvoller war mein Besuch des Mode- und Sporthauses L&T Lengermann & Trieschmann im niedersächsischen Osnabrück – gemeinsam mit dem Branchenexperten Dietmar Axt. Ich habe wieder Hoffnung!

Nach mühevoller Anreise (bei der das WLAN des ICEs auf der Fahrt durch die Einöde versagt hat) empfängt uns Thomas Ganter, einer der drei L&T-Geschäftsführer. Er führt uns durch das 20.000 m² große Geschäft in der Großen Straße 27-32. Wir lernen ein Modehaus kennen, das dem Onlinehandel den Rücken kehrt und stattdessen auf seine lang erarbeitete Stärke setzt: seine Beziehung zu den Kunden.

Dr. Judith Scholz und Thomas Ganter (L&T-Geschäftsführer), Foto von Februar 2020

Mit Erfolg: Laut Wikipedia ist L&T das größte inhabergeführte Modehaus Norddeutschlands und eines der größten inhabergeführten Modehäuser Europas. Es hat jährlich etwa zehn Millionen Besucher.

Was macht das L&T anders als andere? Das sind meine wichtigsten Erkenntnisse:

1. Mutig konzentriert sich L&T auf seine Kernkompetenzen.

Die Branche spricht von einer gnadenlosen Auslese. Die Panik vor den Digitalen wie Zalando, NK-ED und About you ist beispiellos. Stationäre Modehäuser haben ihre Strahlkraft verloren, heißt es. Thomas Ganter schmunzelt: „Man muss sich mal die tatsächlichen Zahlen vor Augen führen: 89 % des Umsatzes wird immer noch offline erzielt. Wieso sollten wir unser ganzes Augenmerk auf die restlichen 11 % richten? Lieber sorgen wir dafür, dass das Erlebnis in unserem Modehaus unverzichtbar wird." Diese Perspektive scheint die richtige zu sein: „Wir wachsen jedes Jahr", so der Geschäftsführer.

L&T schwimmt also gegen den Strom. Das gefällt mir. Schließlich folgen starke Marken nicht blindlings dem Wettbewerb: Sie führen an!

2. L&T sorgt für immer neue Stimulanzen.

„Menschen schenken uns ihr wichtigstes Gut: ihre Zeit", sagt Thomas Ganter, während er Papierschnipsel vom Boden aufhebt und eine Vase zurechtrückt. „Da wollen wir etwas zurückgeben."

Damit das gelingt, studiert L&T seine Kunden kontinuierlich: Wo verweilen sie im Modehaus am liebsten? Ändern sich ihre Motive oder Vorlieben? Trotz der unterschiedlichen Altersstruktur haben sie eines gemeinsam: „Unsere Kunden lieben die Wertigkeit, die wir vermitteln. Sie haben einen Sinn für Ästhetik. Dieser Aufgabe nehmen wir uns an und interpretieren sie zielgruppengerecht, zum Beispiel an unseren unterschiedlichen Hausfassaden, die zu den jeweiligen Lifestyle-Bereichen führen."

L&T versucht, jeden Einkauf zu etwas Besonderem zu machen. „Dafür bieten wir zum Beispiel pre-owned Vintage Louis Vuitton Taschen an, in Kooperation mit einem jungen Unternehmen. Oder wir tangieren das Reseller-Geschäft mit heißen Drops der letzten Sneaker-Kollektion von Nike und Off-White. Die sind sonst extrem schwer zu erhalten", so Ganter.

Ja, eine Marke kann nicht ausschließlich von seiner stabilitätsgebenden Funktion leben. Sie muss auch Überraschungen, Erlebnisse und Anreize bieten. Bei heiß begehrten, stark verknappten Sneaker der Lieblingsmarke gibt es dann kein Halten mehr.

Solche Stimulanzen halten sich bei L&T allerdings die Waage mit der Sicherheitsfunktion der Marke. „Jedes Jahr investieren wir in unser Haus – aber so, dass sich die Kunden trotz Neuerungen noch zurechtfinden, sie müssen mitlernen" berichtet Thomas Ganter.

Stimmt. Nichts ist anstrengender für das Gewohnheitstier namens Mensch, als komplett umzulernen.

3. Leistung, Haltung und Konsequenz macht L&T attraktiv.

„Mit Marktplayern, die ihr Markenversprechen nicht einhalten, arbeiten wir nicht", stellt der L&T-Geschäftsführer klar. „Wir haben eine breite Fan-Basis in unserem Einzugsgebiet, alle sind untereinander stark vernetzt. Wir wollen sie nicht enttäuschen." Das scheint zu gelingen: Die Zahl der Kundenkarten-Besitzer wächst jedes Jahr fünfstellig.

Um zu begeistern, schafft L&T Spitzenleistungen: etwa die größte Wanderschuhabteilung in Norddeutschland. Oder Wow-Momente wie die Surfwelle in der Sportabteilung, das Gym im obersten Stock (mit Höhentrainingsraum) oder der Food-Court mit dem laut Ganter „besten Beerenkuchen Osnabrücks". Das alles zahlt auf die Marke ein.

„Wir begegnen unseren Kunden immer auf Augenhöhe", antwortet Thomas Ganter, als ich ihn nach den gelebten Werten befrage. „Uns zeichnet Bodenständigkeit aus, die Liebe zum Detail und unsere Offenheit für Neues. Bei uns steht Veränderung auf der Tagesordnung." An die Mitarbeiter hat er eine konkrete Forderung: „Wer bei uns arbeitet, muss es lieben, Gastgeber zu sein. Das wird auf allen Führungskräfteebenen so gelebt. Sonst dringt es nicht vor bis zu jedem Mitarbeiter."

Bei diesem Besuch wird mir warm ums Herz. Marke wird bei L&T intuitiv (vor)gelebt. Das Markenverständnis wird hierarchisch von oben nach unten vorgelebt, damit die Marke zur Kultur wird. Da könnte man sich doch glatt fragen: Hat Thomas Ganter vielleicht heimlich ein BrandTrust-Buch gelesen?

Schauen Sie sich hier die Aufzeichnung vom Webinar "10 Post Corona-Thesen für Modemarken" mit Dr. Judith Scholz und Dietmar Axt.

4. Mitarbeiter werden bis zum Exzellenzniveau ausgebildet.

Ein Store-Check findet regelmäßig statt, fast im wöchentlichen Rhythmus: „Heute Morgen war ich unzufrieden mit der Bekleidungsauswahl unserer Schaufensterpuppen. Viel zu modisch für das Zielpublikum. Also wird heute wieder geschult. Unsere Mitarbeiter müssen unsere Kunden in und auswendig kennen und alles aus ihrer Sicht bewerten", so Ganter.

Mein Urteil: Weiter so! Wer die Wünsche, Träume und Bedürfnisse seiner Kunden kennt, kann nur gewinnen.

5. Das Modehaus hält an seiner Strategie fest.

Seine Ambition hat L&T schriftlich manifestiert: Er will der beste stationäre Offline-Händler Deutschlands sein. Als die Unternehmensstrategie erarbeitet wurde, waren alle Entscheider beteiligt. Sie alle begleiteten den Prozess: Jeder erlebte die Diskussion und das Entwickeln der Ergebnisse mit.

Auch das geschah lehrbuchhaft. Im Einvernehmen und mit Rückendeckung durch das C-Level landen Strategien seltener in der Schublade und werden häufiger implementiert. „Alle 3 bis 4 Jahre prüfen wir auch das Thema Online. Wir sind konsequent der Offline-Welt verpflichtet, dennoch wollen wir keine Scheuklappen tragen", sagt Ganter.

So geht Unternehmertum. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.

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