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Welt-Nutella-Tag: Was die Marke unwiderstehlich macht

5. Februar 2022

Was macht die Marke Nutella bloß so unwiderstehlich?

Abstract

Jeder 5. Februar ist Welt-Nutella-Tag. Wir nehmen das einmal zum Anlass, um uns als Nutella-Fans zu outen, beruflich und privat – auch wenn wir das ein oder andere durchaus kritisch sehen. Was macht diese Marke dermaßen stark? Eine Analyse von Tabea Höllger und Colin Fernando.

Colin Fernando: Nutella passt für mich zu jeder Tages- und Nachtzeit

Hätte Sara Rosso den Welt-Nutella-Tag 2007 nicht ins Leben gerufen – ich hätte es vermutlich, früher oder später, selbst machen müssen. Das können alle meine Mitmenschen bezeugen. Löffeln wie meine Frau könnte ich den Aufstrich zwar nicht, aber auf einem Toast mit Butter ... herrlich, das ist mein Ding. Zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Ähnlich ging es anscheinend der Amerikanerin Rosso auch, nachdem sie während eines Italien-Urlaubs diese süße Droge das erste Mal probierte und ihr verfiel. Seitdem wird an jedem 5. Februar der "Welt-Nutella-Tag" zelebriert. Obwohl anfangs von der eigenwilligen Einführung eines Welttages nur wenig begeistert, feiert Nutella-Eigentümer Ferrero seit 2015 ordentlich mit und nutzt den Tag für umfangreiches Marketing.

Der Mythos wirkt seit Jahrzehnten

Wie es aussieht, wird der 5. Februar noch viele Jahre der Feiertag der Nuss-Nugat-Creme bleiben, zu stark erscheint die Marke. Gründe für Nutellas Stärke gibt es einige: Die für die 60er und 70er Jahre typische Werbung, in der die Menschen für Werbung noch empfänglich waren und auch direkt zu Kaufentscheidungen motiviert werden konnten, machte aus Nutella schnell ein Kultprodukt.

Das lag natürlich weniger am Marketing als am süchtig machenden Geschmack. Das Rezept, natürlich streng geheim und sagenumwoben, leistete einen weiteren Beitrag zum Mythos des Produkts. Wichtigster Erfolgsfaktor neben dem Geschmack ist vermutlich die Verknappung und die gleichzeitige Ritualisierung im Umgang mit Nutella. Ähnlich wie es bei Coca-Cola oder McDonalds der Fall ist.

So wurde eine enge Bindung zwischen Konsumenten und Produkt aufgebaut, die Marke wurde zur Lovebrand der damaligen Kinder. Sie findet heute, ohne großes Hinterfragen, noch immer den Weg auf den Tisch der Eltern. Mit stetigen Marketingaktionen und aufmerksamkeitsstarken Kooperationen blieb die Marke immer „Top-of-Mind", sodass keiner auch nur an Nusspli & Co denken konnte.

Ferreros Achillesferse: die Zutat Palmöl

Aus dem Mythos wurde echte Widerstandsfähigkeit. Foodwatch-Kritik, Mineralölrückstände, geheime Veränderungen des Rezeptes, Kritiken an der wenig glaubwürdigen Kooperation mit der Nationalmannschaft – nichts kann die Marke so richtig erschüttern. Zu treu erscheinen die Fans und zu gewohnt ist der Aufstrich am Sonntagmorgen.

Und doch sollte Nutella ein bisschen auf der Hut sein. Denn die Konkurrenz wittert seine Chance und steht in den Startlöchern. Denn der Trend zu nachhaltigem Genuss offenbarte die Achillesferse von Nutella: der Einsatz des fragwürdigen Palmöls. Aus einem bis dahin recht unbedeutenden Thema wurde ein Aha-Faktor und Angriffspunkt für die Konkurrenz. Quereinsteiger hegen die realistische Hoffnung, in einen dominierten Markt einzutreten.

Inzwischen kämpfen mehrere Markentypen um die begehrten Plätze neben Nutella.

  • Die „Markendehner" wie Mövenpick, Lindt oder Milka.
  • Die „Traditionalisten" mit schwer aussprechbaren Namen, die direkt aus Italien zu kommen scheinen.
  • Die „Unverträglichkeits-Retter", die z.B. laktosefrei sind.
  • Die „Bios", die „Veganen" und
  • völlig neu: die Eigenkreationen vom Bauer, Bäcker oder Konditor um die Ecke.

Allerdings scheint Nutella die drohende Gefahr der Palmöl-Diskussion durchaus erkannt zu haben. Sie steht in Verbindung mit dem gesellschaftlichen Wandel und der nie um einen Shitstorm verlegenen Social-Media-Fraktion. Zwar scheint Ferrero weniger gewillt zu sein, die einzigartige Rezeptur zu ändern, aber Nutella verwendet nur noch „nachhaltig zertifiziertes RSPO-Palmöl", für das keine Abholzung vorgenommen wird (Website Nutella). Es scheint also, dass wir uns noch ein paar Jahre auf den 5. Februar freuen können.

 

Tabea Höllger: Als Kind erkannte ich Nutella mit verbundenen Augen

Auch ich bin Nutella-Fan. Noch nie hat mich eine andere Nuss-Nougat-Creme wirklich überzeugen können. Ähnlich wie bei Colin fing meine Liebe zu Nutella als Kind an. Die unerschütterlichen Versuche meiner Mutter, mich von Nutella zu lösen, scheiterten. Regelmäßig präsentierte sie mir Alternativen, weil sie nicht glauben konnte, dass diese Marke wirklich so viel besser schmeckt. Sie zog alle Pädagogik-Tricks und lies mich Nutella und Nusspli (damals noch der einzige Konkurrent) blind verkosten. Unser Abkommen: Schmecke ich den Unterschied, wird ab sofort Nutella gekauft. Es war natürlich ein Leichtes für mich, das Original zu erkennen.

Für den besonderen Geschmack, an dem das sagenumwobene Geheimrezept einen großen Anteil hat, kann Ferrero auf klassische Spitzenleistungen zurückgreifen. Die Produktion verfügt über besondere Walzen, welche die Haselnüsse besonders fein und schonend zermahlen. Vielleicht sind sie das wahre Geheimnis des einzigartigen Geschmacks.

Ein guter Geschmack ist natürlich ein Muss-Faktor für Lebensmittelmarken. Die Zeiten, in denen man sich wie in den 90ern mit Tartex-Brotaufstrichen für ein gutes Gewissen gequält hat, sind dank vieler neuer und innovativen Marken zum Glück vorbei.

Nutella war nie eine Marke nur für Kinder

Das ist der entscheidende Erfolgsfaktor und Vorsprung der Kultmarke Nutella: Sie hat es geschafft, für alle Altersgruppen relevant zu sein. Auch wenn die Marke besonders für die Kleinen ein Highlight ist, befeuert durch die Verknappung der Eltern im Bemühen um eine Reduktion von Süßigkeiten und Schokolade – Nutella wurde nie als Kindermarke positioniert.

Auch die Geschichte der Nutella-Entwicklung ist geprägt von Verknappung. Der Brotaufstrich wurde Mitte der 1940er Jahre aus Haselnüssen und Kakao kreiert, weil Schokolade zu dieser Zeit natürlich Mangelware war und Pietro Ferrero es sich zum Ziel gesetzt hat, den süßen Genuss für alle Menschen zugänglich zu machen. Auch hier keine direkte Fokussierung auf Kinder, sondern Genuss für die ganze Familie am Frühstückstisch.

Markendehnung? Nicht bei Nutella!

Ohne die Gesetzesklassiker in der Markenführung kommt auch Nutella nicht aus: Die Marke zeigt eine extrem hohe Konsistenz in Geschmack und Stil. Nutella dehnt sich nicht aus durch Unmengen an Zusatzprodukten, obwohl die Ideen wohl grenzenlos wären: Nutella Drink, Nutella Eis, Nutella Kekse, Nutella Müsli, Nutella Backmischungen etc.

Aktuell gibt es nur vier offizielle Nutella-Produkte, die Fans die Möglichkeit bieten sollen, ihrer Lust auf Nutella auch unterwegs zu frönen. Im weitesten Sinne sind das Kombinationen von Nutella und Brot. Zwar werden auf der Website eine Vielzahl an Nutella-Rezepten geboten, aber immer mit dem angestammten, vertrauten Produkt.

Rituale verleihen der Marke zusätzlich Bedeutung: das Öffnen des ikonischen Glases mit dem weißen Deckel (übrigens eine stilistische Meisterleistung, die das Original immer erkennen lässt) und das Entfernen der goldenen Schutzfolie beim Sonntagsfrühstück.

Die Erfolgsgeheimnisse von Nutella sind also die gleichen wie bei fast allen altbekannten Lovebrands: Konsistenz, Rituale und das Binden der Kunden von Kindesbeinen bis ins hohe Alter.

 

Haben Sie Fragen oder Anregungen zu diesem Kommentar? Dann schreiben Sie uns gerne. Wir freuen uns auf Ihre E-Mail.

 

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Autoren

Colin Fernando

Partner

Tabea Höllger

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