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31. Januar 2018

Ferrero launcht die „kinder Eiscreme“ – gelingt die Markendehnung?

Ein Eissortiment fehlt bislang in der Produktpallette Ferreros, die kinder-Eiscreme soll das ändern. Passt die Markendehnung zum bisherigen Süßigkeitensortiment Ferreros? Wir meinen: Ja, die Chancen auf Erfolg stehen gut.

Ferrero lässt uns vom Sommer träumen: Der Süßwarengigant kündigt den Verkaufsstart der Eiscreme-Sorte der Marke kinder an, die uns die heiße Jahreszeit 2018 versüßen soll. Dass diese Markendehnung in Zusammenarbeit mit Unilever ein Erfolg werden könnte, liegt allerdings nicht (nur) an der Partnerwahl, sondern an Ferreros stringenter Markenführung.

Die Marke kinder startete ihren Siegeszug in den 1960er-Jahren. Unter dem Dach von Ferrero nahm alles seinen Anfang mit kinder Schokolade, der ersten in acht einzelnen Riegeln portionierten Schokolade mit Milchfüllung. In den nächsten Jahrzehnten entstanden Klassiker wie die kinder Überraschung – das Schokoei mit Spielinhalt – und eine Reihe weiterer typischer kinder-Produkte. Zudem folgte der Sprung vom Schokoladen- ins Kühlregal mit kinder Pingui & Co.

Doch Sommerhits, Leckereien für die warmen Tage des Jahres, suchte man im Ferrero-Sortiment bislang vergeblich. Das soll im nächsten Jahr anders werden: mit der kinder-Eiscreme.

Ferrero dehnt also mit dem Eissortiment die Marke kinder. Warum? Mit einer Markendehnung wird die Reputation einer etablierten Marke genutzt, um weiteres Wachstum zu generieren. Im Gegensatz zum Aufbau einer neuen Marke bedeutet dies eine enge Verbindung der bestehenden Produkte mit den neuen. Die Frage lautet also: Passt die Erweiterung der Marke kinder durch Eiscreme zu den anderen Produkten dieser Marke? Hat der Neuzugang das Potential, um erfolgreich zu sein?

Die Gefahr der Unglaubwürdigkeit

Wie man auf dem Markt scheitern kann, zeigt das "Museum of Failure", das Kurator Samuel West 2017 im schwedischen Helsingborg und in Los Angeles eröffnet hat: Die Ausstellung ist voller Flops und gescheiterter technischer Neuerungen. Unter den Exponaten finden sich auch Produkte des Lebensmitteleinzelhandels – unter anderem ein besonders missglücktes Markendehnungsbeispiel: eine Tiefkühl-Lasagne, auf der prominent das Markenlogo Colgates prangt.

Colgate? Ja, Sie haben richtig gelesen. Das ist tatsächlich ein ehemaliges Produkt des Mund- und Zahnpflegespezialisten aus den 1980er-Jahren. Wie es zu dieser kuriosen Markendehnung kam, ist nicht bekannt. Dass diese Markendehnung des New Yorker Unternehmens Colgate-Palmolive jedoch floppen musste, war absehbar: Ihr fehlte der Anknüpfungspunkt an die Kompetenzen der Marke und damit die Glaubwürdigkeit.

Colgate begann bereits 1877 mit der Produktion von Zahnpasta, führte die erste Zahnpastatube der Welt ein und bot, über Produkte für die Mundhygiene hinaus, mobile Dentalkliniken sowie Schulprogramme zu diesem Thema an. Dies ist nur ein Auszug der Spitzenleistungen, die Colgate zu einer starken Marke machte, der man zutraut, wirksame Zahnpflegeprodukte zu entwickeln.

Marken dürfen Glaubwürdigkeit und Vertrauen nicht verspielen

Das Problem war: Einer Marke, die mit Werten wie "Reinheit", "Gesundheit" und "Frische" assoziiert wird, kauft keiner ab, dass sie gleichzeitig Experte für schmackhafte Tiefkühlgerichte ist. Schließlich haben sich diese Werte bereits fest in den Köpfen der Menschen verankert. Stellen Sie sich vor: Sie haben Heißhunger auf ein Stück Lasagne, doch deren Marke erinnert Sie an den Minzgeschmack Ihrer Zahnpasta – schon ist das Verlangen gestorben.

Mit dem Produkt Tiefkühl-Lasagne überschritt die Marke Colgate also deutlich ihre Glaubwürdigkeitsgrenzen. Glücklicherweise erkannte das Unternehmen den Fehler früh und konzentriert sich seitdem klar auf seine Stärken. Colgate-Palmolive weiß: Eine unpassende Markendehnung zerstört die Glaubwürdigkeit der Marke und verspielt auf Dauer das Vertrauen der Menschen.

Die Marke kinder hat starke Grenzen

Was assoziieren die Menschen mit der Marke kinder? Sie trauen ihr zu, süße, cremige Leckereien mit einer „Extraportion Milch" herzustellen – kleine Glücksmomente für den Alltag. Denn genau das kommuniziert sie seit fast 50 Jahren für jedes Produkt, ob für das Schokoladen- oder Kühlregal.

Bislang zeigte Ferrero in der Führung der Marke kinder eine ausgeprägte Stringenz, besonders in der Produktentwicklung. Das machte sie zu einer unverwechselbaren Marke.

kinder-Produkte...

  1. enthalten Schokolade.
  2. haben mindestens einen dunklen und einen hellen Bestandteil.
  3. haben eine Füllung mit dem typisch milchig-süßen und cremigen kinder-Geschmack.
  4. lassen sich einfach portionieren.

Ferrero-Produkte, die diese Kriterien nicht vollkommen erfüllen, tragen nicht den Markennamen kinder, sondern werden bewusst als Einzelmarken geführt. Beispiele dafür sind nutella (nur ein schokoladiger Bestandteil) und duplo (kein milchig-cremiger Geschmack). Die Verbindung zur Marke kinder zeigen dezent die gleiche Typo und die schwarzrote Farbe.

Die kinder Eiscreme wird markenkonform sein

Die vier Bedingungen für kinder-Produkte scheinen sich durchaus auf ein Eiscreme-Sortiment übertragen zu lassen. Ferrero hat damit die Chance, die Marke innerhalb ihrer Glaubwürdigkeitsgrenzen weiterzuentwickeln und die Erwartungen, die Konsumenten gegenüber den Produkten dieser Marke haben, zu erfüllen.

Obwohl bisher nur wenige Details bekannt sind, scheint sich Ferrero des Rezepts für Markendehnungserfolg sehr bewusst. Im Falle der Marke kinder heißt das: Die Eiskreationen müssen extrem nah an den kinder-Produkten anknüpfen. Angekündigt ist bereits, dass das kinder-Eis "alle Zutaten [enthält], die kinder Schokolade so unverwechselbar machen". Im Sinne der einfachen Portionierbarkeit könnte das bedeuten, dass Ferrero auf große Eiscreme-Dosen verzichtet.

Kinder Eiscreme – eine erfolgversprechende Markendehnung

Dank ihrer Unverwechselbarkeit besitzt die Marke kinder eine sehr gute Ausgangslage, um sich in dem vollen Markt, in dem Schwergewichte wie Langnese, Schöller oder Häagen-Dazs kämpfen, erfolgreich zu behaupten. Sie hat das Potential, mehr als nur ein kurzer Sommerhit zu sein.

 

Das Prinzip der Markendehnung veschreiben wir in mehreren Analysen, etwa jener der Marke edding, die nun auch Nagellack verkauft  oder warum Airbnb besser keine Flüge und Mietwagen anbieten sollte. Wir diskutierten die Markendehnung Birkenstocks mit Betten, Kosmetik und Möbeln und jene der Kaffeehauskette Starbucks, die in den USA nun auch Bier und Wein anbietet. Außerdem nahmen wir den Fön Dyson Supersonic™ unter die Lupe, das Fahrrad Sladda der Marke Ikea und die Markendehnung des Nürnberger Brezen Kolb.

 

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