Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch "Value Branding – vom hochwertigen Produkt zur wertvollen Marke"
Der Inhaber einer erfolgreichen Technologiemarke aus dem Automobilzulieferbereich hat mir einmal eine bemerkenswerte Frage gestellt: „Herr Gietl, glauben Sie, wir sind schon so etwas wie eine Marke?“ Interessanterweise führt dieser Unternehmer eine der stildichtesten Technologiemarken, die mir im Mittelstand bisher begegnet sind. Es handelt sich um eine der Marken, von denen Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und das Fachpublikum behaupten würden: Diese Marke hat eine Aura!
Menschen mit Aura oder Charisma wird mehr Beachtung geschenkt. Genauso ergeht es Marken. Ihre Spitzenleistungen erhalten automatisch mehr Anerkennung. Sie vermitteln dieses umwerfende Selbstbewusstsein, das einem suggeriert: „Wir haben für unsere Kunden immer die passende Lösung in der besten Qualität. Wir sind dem Wettbewerb um Lichtjahre voraus.“ Solche Marken faszinieren uns und geben uns Sicherheit.
Markensympathie – die Entscheidung fällt in Sekundenbruchteilen
Ob eine Marke uns sympathisch ist oder nicht, entscheiden wir in Sekundenbruchteilen. Ein Relikt aus den Anfängen der Menschheit, als es überlebensnotwendig war, Freund und Feind blitzschnell voneinander zu unterscheiden. Damals hat sich ein System entwickelt, das eine Entscheidung ermöglicht, noch bevor das logische Denken einsetzen kann.
Dieses Phänomen kann sich Ihre Marke zu Eigen machen. Wann immer Sie mit einer Marke in Kontakt treten, die eine Aura ausstrahlt, wird sich bei Ihnen ein ähnliches Gefühl einstellen. Es erinnert an das Gefühl, wenn Sie eine starke Persönlichkeit mit Charisma treffen.
Wie entsteht eine Marke mit Aura?
Es wird oft diskutiert, ob eine Aura erlernt werden kann oder ob sie angeboren ist. Vermutlich ist es eine Kombination aus beidem, bei Menschen wie bei Marken.
Angeboren, weil die Marke von Anfang an mit einem bestimmten Talent gesegnet war (z. B. Charakter, Kompetenzen oder Wesenszüge des Gründers der Marke)
erarbeitet, weil die Marke in allen Markenkontaktpunkten inhaltlich und visuell „stildicht“ auftritt.
Bei Marken mit einer Aura ist alles aufeinander abgestimmt. Alles hat sich ohne Bruch aus der Vergangenheit in die Zukunft entwickelt. Alles hat eine Stärke und Dynamik, die es Ihnen unmöglich macht, die Marke zu übersehen. Sie müssen diese Marke bemerken und attraktiv finden – ob es sich um das Design oder die Botschaften der Homepage, um Inhalte und Design von Broschüren, um die Architektur des Firmengebäudes oder den Kontakt mit Vertriebsingenieuren handelt: Alles hat einen unverwechselbaren Stil.
Der Stilwille beeinflusst Aura und Wertschätzung
Alle Aspekte einer auratischen Marke sind sich ähnlich und bilden ein organisches Ganzes. Kunden nehmen diese Ähnlichkeit und Dichte unbewusst wahr, ob Sie wollen oder nicht. Sie beurteilen ebenso unbewusst, ob die Qualität aller Angebote dieser Marke immer ähnlich ist.
Daraus folgt, dass Sie über die Steuerung Ihrer Markenkontaktpunkte indirekt Einfluss auf die Wahrnehmung Ihrer Qualität ausüben. Man spricht hier vom Stilwillen. Sie wollen, dass Ihre Marke an allen Markenkontaktpunkten in einer exzellenten Qualität wahrgenommen werden. Sie wollen, dass der Kunde ein charakteristisches Bild von Ihrer Marke bekommt. Managen Sie schon Ihren Stil oder kontrollieren Sie noch Ihr Design?
Vier Merkmale führen dazu, der Marke eine Aura zu verleihen:
1. Perfektionismus
Überlassen Sie kein noch so kleines Markenerlebnis dem Zufall. Das, wofür die Marke steht, muss immer exzellent zum Ausdruck kommen. Hier können selbst die hochgelobten Automobilmarken noch viel lernen. Auf den ersten Blick mutet die Fahrzeugabholung im Audi-Forum, dem Marken-Mekka in Ingolstadt, perfekt an. Offen bleibt die Frage, wo im Abholprozess der spezifische „Vorsprung durch Technik“ erlebbar ist.
Perfektionismus kann also nicht nur als Anspruch formuliert werden. Der Anspruch muss manifestiert werden. Stellen Sie sich vor, Sie besuchen ein Unternehmen. Neben dem deutschen Headquarter besuchen Sie weitere internationale Standorte. Welcher Eindruck würde bei Ihnen entstehen, wenn alle Standorte annähernd gleich aussehen? Sicher wird sich bei Ihnen ein besonderes Gefühl, vielleicht ein Gefühl der Hochachtung, einstellen.
Bei der Automobilzuliefermarke Brose könnte Ihnen das widerfahren. Der Anspruch Broses an sein Corporate Design ist online nachzulesen: „Nachdem unsere Erzeugnisse nicht für den Autofahrer sichtbar sind ... hat sich Brose entschieden, die ‚Marke Brose’ über alle sichtbaren Elemente des Unternehmens formal anspruchsvoll unternehmensweit absolut durchgängig zu gestalten. Dazu zählen:
die Gestaltung, Fassaden und Farben sämtlicher Fabrik- und Verwaltungsgebäude (unabhängig vom Baujahr),
die Gestaltung und Inneneinrichtung sämtlicher Fabrikations- und Büroräume,
alle Eingangsbereiche und Konferenzräume,
die Sozialeinrichtungen für Verpflegung, Gesundheit und Fitness,
alle betrieblichen Kraftfahrzeuge incl. Leasecars der Mitarbeiter weltweit,
die Betriebs- und Sportkleidung,
alle Drucksachen und Medien (Filme, Präsentationen, Internet).“
2. Ästhetik
Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten – über Ästhetik aber nicht. Es geht nicht darum, dass man etwas schön findet, sondern ob man erkennen kann, dass sich jemand bei der Ausgestaltung eines Markenkontaktpunktes Mühe gegeben hat. Das kann die Auswahl von Materialien, die Formulierung von Botschaften oder die Art des Verhaltens der Mitarbeiter sein.
Wie schafft man es aber, eine einheitliche Ästhetik im Unternehmen umzusetzen, wenn es permanent um Kostenoptimierung geht und die Ingenieure nicht durch Stilbewusstsein auffallen? Solche Unternehmen sollten tatsächlich Hilfe von außen in Anspruch nehmen: Von Gestaltern, Designern, Architekten und anderen Stilberatern.
3. Überhöhung
Marken mit einer starken Aura orientieren sich nicht an der Branche. Gerade in der B2B-Welt der Technologiemarken habe ich es immer wieder erlebt, dass sich Marken nicht an ihren besten Wettbewerbern messen, sondern an den erfolgreichsten Kunden oder anderen Vorbildern. Sie wollen, dass auch der letzte Ansprechpartner spürt, warum man an dieser Marke nicht vorbei kommt.
Und sie lassen sich entdecken, wie das Beispiel KUKA zeigt, KUKA wurde regelrecht von Hollywood entdeckt. So kommen KUKA-Roboter zum Beispiel in „Tomb Raider – Die Wiege des Lebens“ ins Spiel – sie versuchen, eine geheimnisvolle Kugel zu decodieren, die zur Büchse der Pandora führen soll. In „Sakrileg“ holt ein KUKA-Roboter aus dem Schließfach einer Züricher Bank das Kryptex.
Der Zufallsforscher Nassim Taleb würde wahrscheinlich hinzufügen: dazu ist sicher auch eine Portion Glück notwendig. Nur: Glück muss man sich erarbeiten. Wenn Sie Ihre Produkte zu einer starken Marke werden lassen wollen, müssen Sie das Glück herausfordern. „Überhöhung“ ist ein wunderbarer Weg, das zu tun.
4. Partizipation
Kommen wir zur Königsdisziplin auratischer Marken. Sie haben es bereits geschafft, von einer bloßen Entwicklungs- und Produktionsstätte zu einer Plattform für Erfahrungsaustausch zu werden. Sie beziehen Ihre Kunden in Ihre Entwicklung mit ein und diskutieren über Themen, statt Produkte zu bewerben. Warum ist das die Königsdisziplin?
Weil Ingenieuren das Vorurteil anhaftet, eher verschwiegen zu sein. Es gibt aber „Engineers Brands“ wie Hilti, Warema, Stihl, Gardena, KUKA oder INTEL, die ihre Kunden mit einbeziehen. Sie geben Ihrer Kundschaft die Möglichkeit und das Gefühl, an ihrer Entwicklung teilhaben zu können. Die Plattform bzw. das gewählte Format spielt dabei keine Rolle.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch „Value Branding – vom hochwertigen Produkt zur wertvollen Marke“ (Haufe Verlag). Der Autor Jürgen Gietl, Managing Partner Brand Trust, beschreibt darin, wie B2B-Marken und insbesondere ingenieurgetriebene Technologiemarken erfolgreich aufgebaut und geführt werden können. Die praxisnahen Ratschläge eignen sich zum Beispiel für Marken der IT, Biotechnologie, Chemie, Automotive, Maschinenbau, Textil, Automobilzulieferung, Logistik und Medizintechnik.
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