Erst im Jahr 2012 übernahm die schweizerische Raiffeisengruppe die älteste Privatbank der Schweiz Wegelin und taufte sie um in Notenstein. Drei Jahre später wurde La Roche integriert und es entstand die Tochter Notenstein La Roche. Diese ereilt nun das gleiche Schicksal wie Wegelin vor sechs Jahren: Sie wird verkauft. Für 700 Millionen Franken geht sie an den Vermögensverwalter Vontobel. Dieser erhofft sich dadurch ein Nettoneugeldwachstum von 4 bis 6 Prozent sowie einen „spürbaren Gewinnbeitrag" bis Ende 2018 durch Synergien.
Was bei solchen Transaktionen gerne vergessen wird: Die Markenkompetenz trägt einen wesentlichen Anteil am Gelingen. Wird dies nicht beachtet, kann eine solche Übernahme riskant werden, weil ...
Entscheider dürfen sich deshalb niemals auf Dienstleister verlassen, die den Umgang mit der Marke angeblich „AUCH" können. Denn selbst eine lukrative „Star Brand" kann morgen schon eine irrelevante „No Brand" sein. Banker, Juristen, M&A-Berater und Geschäftsführer, die üblichen M&A-Gesichter, sind in der Regel Finanz- und Paragraphenkenner. Aber es sind keine Markenexperten.
Die Marke – nur ein Spielball?
Der Fall Notenstein La Roche belegt beispielhaft: Die Markenentscheidung bleibt in der Valuation sowie Due Diligence außen vor – und in Folge beim Post-Merger-Planning beziehungsweise bei der Post-Merger-Integration.
2012 – Aus Bankhaus Wegelin wird Notenstein: Die Schweizer Raiffeisen-Gruppe übernimmt Wegelin, die älteste Privatbank der Schweiz, und eliminiert die etablierte Marke. „Grosse Erfahrung. Junge Bank. Starker Partner" – die Bank startet unter den bis dato unbekannten Namen Notenstein neu.
2015 – Notenstein integriert La Roche: Die nur scheinbar moderateMarkenentscheidung – aus Notenstein wurde Notenstein La Roche – verursacht nicht nur Kosten in der Kommunikation, sondern auch für den neuen „Look & Feel" an allen Kontaktpunkten. Der zusätzliche Aufwand resultiert vor allem aus dem „Rebranding im Kopf" bei Kunden, Mitarbeitern/ Bewerbern und Investoren. Ein langwieriger Prozess, der in der Planung häufig unterschätzt oder gänzlich vernachlässigt wird.
2018 – Vontobel subsumiert Notenstein La Roche: Zwar lassen sich Kosten bei einer Markenintegration sparen. In diesem Fall jedoch werden die Integrationskosten über ein reines ReBranding hinausgehen, etwa weil sinkender Mitarbeiterstolz (Abwanderung) oder Kundenboykotts (Fans) die Folgen sein können.
Eine jede Transaktion braucht strategische Markenentscheidungen. Hierzu gibt es keine „One-Size-Fits-All"-Lösung, dennoch gibt es einige Grundregeln:
Markenintegration braucht eine strategische Entscheidung
Im Wesentlichen gibt es sechs Varianten der Markenintegration. Eine jede beeinflusst die künftige und disruptiert in unterschiedlicher Weise und Intensität die bisherige Wahrnehmung der Stakeholder. Deren Verhalten kann sich nachhaltig verändern – ihre Preis-, Kauf- und Weiterempfehlungsbereitschaft kann steigen oder fallen, ebenso der Mitarbeiterstolz. Das wiederum beeinflusst die Business Performance.
Statt Synergien entstehen Dissynergien
Die Veränderung einer Marke wird von Menschen nicht nur oberflächlich wahrgenommen (etwa nur der neue Name und Design). Das geht tiefer, denn eine Marke ruft spezifische, im Idealfall positive Vorurteile hervor. Sie ist wie ein Leuchtturm, der Orientierung bei (Kauf-)Entscheidungen gibt.
Manche Markenbeziehungen lösen eher negative Assoziationen bei Stakeholdern aus, sie führen zu Dissynergien. Andere wiederum führen zu zusätzlichen Synergien. Mit einer Markenanalyse lassen sich Szenarien aufstellen, um zu ermitteln, wie sich Risiken minimieren und Dissynergien reduzieren lassen.
Folglich hilft die Markensicht dabei, ...
Marke ist Mittel zum Zweck. Deshalb stellt sich bei jeder Markenentscheidung die Frage: Zahlt die verfolgte Strategie auf die Realisierung der geplanten Synergien ein? Oder erzeugt sie eher Verwirrung – und damit Dissynergien sowie zusätzliche Integrationskosten?
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