Der große Hype, den wir im Februar um Clubhouse erlebt haben, ist abgeflacht. Es ist ruhiger geworden um die App für „Drop-in-Audio-Chat": Jeder kann dort einen Raum zur Diskussion eröffnen oder solche Räume besuchen, zuhören oder mitsprechen – aber nur in Audio.
Für Markenmanager ist jetzt eine gute Zeit, um inne zu halten und zu reflektieren: Lohnt sich Clubhouse für meine Marke? Antwort: Ja – aber seien sie vorsichtig, wie immer.
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Wir sehnen uns nach Interaktion, nach Austausch, nach Abwechslung. Durch Corona sind wir, was unser soziales Miteinander betrifft, ausgezehrt. Durch diese Knappheit, der Sehnsucht nach Nähe – entsteht ein Erfolgsmuster, das für soziale Netzwerke typisch ist und das Clubhouse zur richtigen Zeit nutzt.
Oder wann hatten Sie das letzte Mal die Chance, mit Thomas Gottschalk oder Elon Musk auf der Bühne zu stehen? Auch das ist Clubhouse: eine gewisse Nähe zu Prominenten. Der Reiz, mit Personen ins Gespräch zu kommen, zu denen man sonst keinen Kontakt hat. Das verstärkt den Anziehungseffekt der App.
Diese vielfältigen Chancen, die sich aus der Digitalisierung ergeben und sich in Apps wie Clubhouse äußern – das ist die „Neue Nähe", die uns die Digitalisierung beschert. Sie macht unseren Austausch direkter, intensiver – und grenzenlos.
Diese Neue Nähe können sich Marken zunutze machen, etwa in Clubhouse. Die Frage aber ist: Lohnt es sich jetzt noch, in Clubhouse einzusteigen, der Hype ist doch schon vorüber? Ja, das ist er – aber das sollte kein Kriterium sein. Denn das bedeutet nicht das Ende von Clubhouse.
Vergleichen wir die Entwicklung mit TikTok: Ein Blick auf die Google-Suchanfragen zwischen Februar 2019 und Februar 2021 zeigt: Auch bei Tiktok gab es im September 2019 in Deutschland einen Hype, der dann abflachte. Doch danach ging es so richtig los mit TikToks Erfolg.
Vergleich der Suchanfragen in Deutschland via google Trends im Zeitraum 01.02.2019 bis 28.02.2021 (Quelle)
Bei Clubhouse ist eine ähnliche Tendenz zu erkennen – nach einer Zeit der Stagnation könnte es mit Clubhouse wieder bergauf gehen. Daher lohnt es sich für Marken, Clubhouse auszuprobieren. Es gibt aber einige Punkte zu beachten, wie sie dort kommunizieren sollten.
Menschen wollen sich mit Menschen austauschen. Bei Clubhouse geht es genau darum: zuhören, miteinander sprechen, diskutieren und interagieren. In den vergangenen zwei Monaten konnte man gut beobachten, wie die Markenpioniere durch das Clubhouse-Universum navigieren und was für sie gut funktioniert.
Es hat sich gezeigt: Es ist geschickt, einen Marken-Account anzulegen, um Anziehungskraft auszuüben – über diesen sollten Sie jedoch nicht direkt kommunizieren. Nutzen Sie dazu immer ihren eigenen Account. Wie zu Beginn gesagt: Menschen wollen sich mit anderen Menschen austauschen, nicht mit einem Logo. Die Kombi macht's! In den Nutzungsbedingungen von Clubhouse steht, dass es keine Corporate-Profile geben sollte. Noch werden diese geduldet. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die Clubhouse-Entscheider weiterhin darauf reagieren werden.
Vor dem Start auf Clubhouse muss eine grundlegende Frage beantwortet werden: Wer aus dem Unternehmen sollte dort sprechen? Die Kommunikationsprofis? Die Geschäftsführung? Oder jemand völlig anderes?
In vielen Unternehmen gibt es klare Vorschriften, wer für die Marke sprechen darf. Wer hier nur die Kommunikations- oder Marketingabteilungen in der Verantwortung sieht, verschenkt Potenzial. Es kann Sinn ergeben, die Geschäftsführung oder andere Führungskräfte einzubinden – oder jemand völlig anderen.
Überprüfen Sie Ihre Social-Media-Richtlinien, ob diese ausreichen, wenn Mitarbeiter Clubhouse nutzen sollen. Passen Sie die Richtlinien so an, dass diese sich auf Clubhouse sicher bewegen können.
Welche Themen sollten Sie nutzen? Hier kommt es ganz darauf an, welches Ziel Sie sich gesetzt haben: Was wollen Sie auf Clubhouse erreichen? Und welche Themen passen dazu? Recherchieren Sie, wer über welche Themen glaubwürdig sprechen kann. Das muss nicht zwangsweise die Kommunikationsabteilung oder die Führungsriege sein. Es können auch motivierte Mitarbeiter sein, die Experten für dieses Thema sind. Das kann authentisch wirken und die Marke stärken.
Je stärker eine Marke ist, desto dezentraler kann sie geführt werden. Diese Stärke ist zum Beispiel daran zu erkennen, wie sehr sich die Mitarbeiter mit der Marke identifizieren und wie stark ihr Zugehörigkeitsgefühl ist. Mit anderen Worten: Je stärker eine Marke ist, desto besser können die Mitarbeiter in ihrem Sinne hervortreten und autonom handeln – auch in Clubhouse.
Fragen Sie sich: Ist Ihr Vertrauen groß genug, um Mitarbeiter fürs Unternehmen sprechen zu lassen? Dass sie markenkonform argumentieren und das Unternehmen angemessen repräsentieren? Umgekehrt sollten sich die Mitarbeiter fragen: Wie viel Vertrauen bringt mir mein Unternehmen entgegen? Werde ich zur Kommunikation auf Clubhouse befähigt und unterstützt? Das Vertrauen beider Seiten ist hier essentiell.
In welch trügerischer Sicherheit man sich auf Clubhouse wiegen kann, veranschaulichte Bodo Ramelow, Ministerpräsident von Thüringen. In einem Clubhouse-Talk Ende Januar 2021 nannte er die Kanzlerin "Merkelchen" und legte offen, dass er während der Bund-Länder-Beratung zu Corona gerne mal Candy Crush spielt.
Das kam gar nicht gut an, die mediale Entrüstung war groß. Was lernen wir daraus? Seien Sie sich darüber im Klaren, dass Sie in Clubhouse öffentlich kommunizieren. Fragen Sie sich, ob sie auf einer realen Bühne vor 300 Menschen das Gleiche zum Besten geben würden. Clubhouse lässt einen manchmal vergessen, dass es ein öffentlicher Raum ist. Leicht gerät man ins Plaudern und wiegt sich in trügerischer Vertrautheit.
Seien Sie mutig, machen Sie Ihre ersten Schritte in Clubhouse. Nehmen Sie sich Start-ups zum Vorbild: Schauen Sie sich ab, wie diese vorgehen. Eine der Marken, die von Anfang an sehr aktiv war auf Clubhouse, ist SNOCKS. Das Socken- und Unterwäsche Start-up aus Mannheim hostete Talks, platzierte seinen Brand Manager in anderen Diskussionen. Die Marke probierte einfach aus.
Es muss nicht immer alles perfekt sein. Wenn Sie das von Anfang an klarstellen, machen Sie sich nicht angreifbar. Im Gegenteil: Es lässt ihre Marke authentischer und nahbarer erscheinen – einfach menschlicher.
Auch die Drogeriekette dm probiert Clubhouse aus. Die Marke kommuniziert das ganz klar als Experiment, um Kunden und Interessierte einzubinden. So lassen sich übrigens auch wunderbar Themen testen. Sie können zum Beispiel erfahren, mit welchen Themen ihre Marke in Verbindung gebracht wird, bei welchen sie führend sind und als Experte auftreten können. Umgekehrt schärft das die Markenwahrnehmung der Clubhouse-Nutzer. Und sie bekommen direktes Feedback aus dem Publikum.
Verzichten Sie in Clubhouse unbedingt auf direkte Werbung oder reine Gespräche über Produkte. Überlegen Sie sich stattdessen, welche Themen Sie platzieren können, um Ihre Marke anschlussfähiger zu machen. Was treibt Ihr Unternehmen derzeit an gesellschaftlichen Themen um? Wie positionieren Sie sich dazu?
Was geschieht mit Clubhouse, wenn wir nach überstandener Corona-Krise in den Biergärten und Bars sitzen – anstatt zu Hause auf der Couch? Wird die App dann noch relevant sein?
Meine Prognose: Clubhouse wird sich in den Kommunikationsmix der Unternehmen einfügen. Nicht alle Marken werden sich dort einfinden, das ist aber auch nicht notwendig. Vor allem für Veranstaltungen und etablierte Formate wie Messen wird Clubhouse als Ergänzung interessant sein. Dazu braucht es aus meiner Sicht folgende Entwicklungen:
Wie steht es um die Konkurrenz für Clubhouse? Twitter und Instagram haben ähnliche Features eingeführt, die dem Clubhouse-Prinzip ähneln. Twitter profitiert von seiner breiten Userbasis. Jedoch erinnern die Ankündigungen eher einem letzten Aufbäumen einer Marke, die ihre Innovationskraft seit längerem vermissen lässt. Auch Instagram sehe ich nicht als direkte Konkurrenz. Das soziale Netzwerk funktioniert über Bilder und Videos, es bedient die Bedürfnisse der Nutzer auf andere Weise. Dem interessierten Testen in Clubhouse steht, sofern die Ratschläge beachtet werden, aus meiner Sicht nichts im Wege.
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