Als die beiden Schweizer Uhrenhersteller Swatch und Omega Ende März ihre gemeinsame Uhrenserie „MoonSwatch" launchten, war die Aufregung groß. In der Münchener Fußgängerzone zum Beispiel harrten Kaufwillige in einer viele hundert Meter langen Schlange aus, sie reichte vom Swatch-Laden nahe dem Marienplatz bis fast zum Isartor:
Eine absolute Geheimhaltungstaktik im Vorfeld, kombiniert mit den plötzlichen In-Store-Releases: Das löste den klassischen „Fear-of-missing-out-Effekt (FOMO)" aus. Beobachter der Markenlandschaft kennen solche Hypes eher aus dem Fashionbereich oder von Apple-Jüngern.
Die Schlangen vor den Swatch-Stores entstanden also aus der Angst heraus, etwas zu verpassen. Dazu trug auch die diffuse Informationslage bei: Die Morgenpost berichtete, dass die ausgewählten Swatch-Läden 110 Uhren zur Verfügung hätten, zehn in jeder der elf verschiedenen Farben. Offiziell wird allerdings keine Limitierung kommuniziert, sondern darauf hingewiesen, dass die Uhren bald wieder vorrätig sein werden.
Die Luxusmarke Omega gibt sein Logo – und damit seine Marke, seine Verdichtung großartiger Spitzenleistungen – her für eine Uhrenserie mit niedrigen Einstiegspreisen (250 Euro). Kritische Stimmen warnen, dass Omega damit seinen Glanz der kurzfristigen Aufmerksamkeit opfert und sich langfristig schadet.
Konsumenten assoziieren mit der Marke und dem Speedmaster-Design womöglich unterbewusst die historische Bedeutung. So trug der Astronaut Buzz Aldrin bei der Mondlandung 1969 eine Omega Speedmaster. Diese und weitere Spitzenleistungen luden die Marke auf. Nun profitiert auch Swatch als Kollaborationspartner davon. Die Konsumenten können über eine niedrige Einstiegsschwelle ein „kleines Stück Omega" kaufen.
Die MoonSwatch ist also einerseits das Einstiegsprodukt in die Omega-Welt, andererseits werden durch die Markenkooperation mit Swatch Markenassoziationen strategisch verändert.
Sicher generiert der Schachzug für beide Parteien Aufmerksamkeit. Während Swatch vom Imagetransfer profitiert, geht Omega das Risiko ein, die Marke zu stark zu dehnen und zu verwässern.
Es ist bezeichnend, dass Omega den Anstrich der Speedmaster „hergibt", um eine Quarzuhr zu vermarkten – eine Hülle, die bisher nur mechanischen Automatikuhren vorbehalten war. Ein Hintergedanke könnte sein, sich die Zielgruppe der Zukunft zu sichern. Vor den Stores wurden vor allem junge Menschen gesichtet, die sich vielleicht später einmal eine ,,richtige" Omega kaufen könnten.
Die „MoonSwatch" ist markenstrategisch ein klares ,,Produkt der Demokratisierung", eine Omega zum Einstiegspreis. Unbekannt ist diese Methode nicht. In Zeiten, bevor ein „x" für Kollaborationen eingesetzt wurde, entstand 1976 der VoPo – Volksporsche oder VW-Porsche 914 – als niedrigschwelliges Einsteigermodell.
Aber zurück zur Uhr: Swatch hat sich dazu entschieden, die Modelle ausschließlich offline in seinen 110 Stores zu verkaufen. Onlinekauf? Fehlanzeige. Zumindest momentan– aus unbestätigten Quellen war aber zu vernehmen, dass die Online-Verfügbarkeit zeitnah zu erwarten wäre, vielleicht schon im April.
Ob beabsichtigt oder nicht – diese Distributionsstrategie führt zu einer Verstärkung des FOMO-Effekts und zu enormen Preissteigerungen auf Plattformen wie Chrono24.de. Dort war eine MoonSwatch „Uranus" für 9.500 Euro gelistet (Originalpreis: 250 Euro). Ein schwindelerregender Preis für eine Quarzuhr, die nicht einmal limitiert ist.
Es bleibt zu beobachten, wie sich diese Partnerschaft für die Marke Omega weiterentwickelt, die ihre Identität und ihre historischen Spitzenleistungen quasi ausgeliehen hat. Wird es gelingen, das Interesse auf Automatikuhren zu übertragen? Wird sich eine neue Generation in die Klassiker verlieben?
Unangenehm wird es, wenn die MoonSwatch Kunden nicht langfristig zufriedenstellt.
Wenn beispielsweise Qualitätsprobleme auftauchen. Fotos von blauen Farbflecken auf Handgelenken sind bereits im Internet zu finden.
Kurz: Ich halte das für eine beeindruckende Win-Win-Kollaboration – aber eine echte Herausforderung für die Markenführung.
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