Seit Jahren trinken die Deutschen weniger Bier. Weil der Absatz sinkt, werben die Brauereien immer stärker. Und was macht die Augustiner-Bräu Wagner KG? Investiert kaum in Werbung. Und verkauft trotzdem mehr als je zuvor.
Das Augustiner ist eine Kultmarke, gerade weil sie vieles anders macht als ihre Konkurrenz:
Was sind die Erfolgsfaktoren des Augustiner Biers? Und woran liegt es, dass seine Stärke und Begehrlichkeit konstant steigt? Nach ein bisschen Recherche fand ich die Ursache: Die Biermarke hat sich – ob bewusst oder unbewusst – vieles von den Luxusmarken abgeschaut:
Zweifelsohne hüllt sich Augustiner – obwohl eine FMCG-Marke für den regelmäßigen Konsum – in Mysterien. Sie strahlt eine Aura der Unantastbarkeit aus. Es gibt wenige Informationen, Interviews sind eine Rarität. Werbung wird nicht geschaltet. Der Ausstoß wird von Augustiner selbst nicht offentsichtlich kommuniziert, ein Branchenblatt spach von über 1,63 Hektolitern für 2018. Damit wäre Augustiner die elftgrößte Brauerei Deutschlands, rechnet die Abendzeitung vor.
Augustiner geht strenger vor als große Luxusmarken wie Hermés, Chanel und LV, die sich auch nicht gerade durch Nahbarkeit auszeichnen. Oder Rolex: Auch die Uhrenmarke zelebriert das Schweigen – trotzdem weiß man, dass Rolex jährlich etwas über 800.000 Uhren produziert.
Die Kennzeichen der Dienstwagen, wie man es auch von Adidas kennt, beginnen mit mit M – AU (für Augustiner). Und die Nummern der Diensthandys beginnen mit 1328. Diese Zahl ist ein spezifisches Stilmerkmal, denn in diesem Jahr, vor knapp 700 Jahren, begannen die Augustiner-Mönche in München mit dem Bierbrauen.
Es gilt: Je luxuriöser eine Marke, desto stildichter muss ihr Auftritt sein. Als Getränkemarke für den regelmäßigen Konsum erfüllt Augustiner überdurchschnittlich viele Stilistik-Kategorien, die den Wert der Marke zum Ausdruck bringen:
„Wenn man größer wird, kann man auch anfälliger werden", zitierte die Süddeutsche Zeitung den ehemaligen Augustiner-Boss Ferdinand Schmid in einem seiner raren Porträts. Der „letzte Bier-Baron Münchens" (so würdigte ihn die Abendzeitung) – starb 2013. Die Marke übt sich weiterhin, ganz in seinem Sinne, in Zurückhaltung. Sie bleibt in der Nische und agiert nicht aus Gier. Wo gibt's das heute noch?
So achtet Augustiner penibel darauf, wer sie repräsentiert. Wer in diesen erlesenen Kreis aufgenommen wird, muss sich Auflagen beugen, hier gibt Augustiner den Ton an. Die Gastronomiebetriebe werden streng überwacht. Ihre Art der Gläserreinigung wird angeleitet, die Zapfanlagen akribisch installiert, die Zapftemperatur observiert, das Ambiente begutachtet. Der Fässertransport geht besonders behutsam vonstatten. Augustiner überlässt nichts dem Zufall.
Das erinnert an den Hersteller von Luxuskoffern Rimowa, der vom LVMH-Konzern aufgekauft wurde. Händlern bleibt nach der Akquisition keine Wahl: Entweder sie sorgen für ein angemessenes Markenumfeld – mit Marken wie Boss, Bottega Venetta oder Gucci – und für einen Nettoumsatz von 200.000 Euro oder es ergeht ihnen wie den 300 Händlern (von 500), denen bereits gekündigt wurde.
„In der historischen Tennenmälzerei auf dem Brauereigelände wird besondere Qualität hergestellt. Die keimende Gerste wird in großen Räumen – 40 Meter lang und zehn Meter breit - in einer dünnen Schicht auf einem besonderen Kalksteinboden ausgelegt und alle acht Stunden gewendet", heißt es auf der Website. Für ihr überlegenes Produkt nimmt sich die Brauerei Zeit und Platz, die Rohstoffe müssen erst einmal atmen können. Andere Firmen, die sich über Hektoliter identifizieren, pressen ihr Produkt förmlich in den Markt.
Die Produktion einer Birkin Bag dauert bis zu zwei Wochen, das Uhrwerk der Grandmaster Chime 5175 – zum 175-jährigen Bestehen von Patek Philipp – besteht aus 1.366 Einzelteilen, die mit besonderer Geduld zusammengefügt werden. Nesmukmesser werden in 50 Arbeitsschritten gefertigt und erfordern tagelange Schmiedekunst.
Das zeigt: Die Zeit steht der Produktionsdichte konträr gegenüber – aber sie erhöht die Wertschätzung des Konsumenten für das Produkt.
Wie eh und je: der halbe Liter Bier in den tradierten, bauchigen „Bauarbeiter-Flaschen". Das gleiche Etikett mit dem selig lächelnden Mönch. Die gleichen 8 gängigen Biersorten. Produktentwicklern und Marketingleuten könnte es bei Augustiner manchmal ganz schön langweilig sein.
Mit dieser Übersichtlichkeit erfüllt Augustiner eine große Sehnsucht: Stabilität in unserer verwirrenden Welt. Nichts geht über Münchener Gemütlichkeit, die regionale Verwurzelung wird verehrt. Ein Bild, das Augustiner unermüdlich aufrecht erhält und immer wieder auflädt. Zum Beispiel mit der umständlichen, aber ursprünglichen Belieferung des Oktoberfests mit traditionellen Holzfässern. Die übrigens ein sehr beliebtes Motiv bei Touristen sind.
Ähnlich nutzt auch der Luxus-Schuhmacher Ed Meier die Energie der Stadtmarke München. Als vormaliger königlicher bayrischer Hoflieferant setzt auch er auf die Tradition des Handwerks. An keinem Punkt der Geschichte folgte er Konventionen, seine Website edmeier.de glänzt durch Zurückhaltung, das Logo blieb bis heute unangetastet.
Was zeigt uns das für die Markenführung? 3 schnelle Tipps:
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Dr. Judith Scholz
Partner
Die Zeit steht der Produktionsdichte konträr gegenüber. Aber sie erhöht die Wertschätzung des Konsumenten für das Produkt.
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