Die schwedische Popgruppe Abba feiert gerade ihr Comeback, nach langen 38 Jahren. Im September veröffentlichte sie zwei Singles. Anfang November soll ein neues Album namens „Voyage" erscheinen. Die Krönung ihres Comebacks soll eine virtuelle Bühnenshow 2022 in London sein, für die eigens ein Musiktheater mit 3.000 Plätzen entsteht.
Mit über 300 Millionen verkauften Tonträgern gehört Abba zu den weltweit erfolgreichsten Bands aller Zeiten. Mit ihrem innovativen Sound, der Art der Musik, Texte, Bühnenshows und Bühnenkleidung gilt sie als Mitbegründer der internationalen Popmusik. Einige ihrer Werke gelten als Inbegriff des modernen Popsongs. Abba ist eine Marken-Ikone der Musikgeschichte. Das muss man einfach akzeptieren – egal, ob einem ihr Musik- oder Kleidungsstil gefällt oder nicht.
Was macht das schwedische Quartett zu einer dermaßen starken Marke? Und können auch Wirtschaftsunternehmen von diesem Vorbild profitieren? Aus meiner Sicht ist die Antwort klar: unbedingt! Denn Abba zeigt in Reinkultur, wie man eine Marke aufbaut, führt und immer wieder neu erfindet – ohne sich dabei zu verlieren.
Abbas Erfolgsgeschichte begann mit dem Eurovision Song Contest, den das Quartett 1974 mit dem Song „Waterloo" gewann. Dieser Sieg war die Grundlage für weltweite Erfolge – nicht nur in Europa, sondern auch in Australien, Lateinamerika und Japan. Das ist deshalb so bemerkenswert, weil Abba es gelang, den Musikmarkt gehörig aufzumischen. Denn der wurde bis dato von Musikern aus Amerika und Großbritannien dominiert.
Wie also gelang den Schweden diese Erfolgsgeschichte? Bei genauerer Betrachtung stellt man fest: Es gibt große Parallelen zur Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen. Führende Marken, etwa aus der Welt der Konsumgüter, gründen und besetzen gern eigens geschaffene Kategorien, statt nur Produkte zu lancieren.
Wir kennen das von Clausthaler und der Kategorie „Alkoholfreie Biere". Oder Apple und der Kategorie Tablet. Oder Tesla und der Kategorie E-Auto. Diese Marken gründeten und besetzten neue, relevante Kategorien. Das war auch bei Abba so.
Wer sich tiefer mit Abba beschäftigt, findet außerdem unzählige Spitzenleistungen und Besonderheiten, die alle unsterblichen Marken in sich tragen. Das fängt bei den authentischen Songs an, die selbst geschrieben wurden und persönliche Themen verarbeiteten. Sie nahmen außerdem Bezug zum schwedischen Folk und damit zu ihrer Herkunft. Das Ganze wurde realisiert mit einer Mischung aus experimenteller und gleichzeitig perfektionistisch anmutender Studioarbeit.
Trotz der aufsehenerregenden Bühnenkostüme und großer Live-Erfolge war Abba eher eine Studioband. Die bahnbrechende Aufnahme- und Produktionstechnik trug zum typischen Abba-Sound bei, der zum stilprägenden Kennzeichen der Marke wurde. Sie beruhte auf der Technik des Overdubbings, die einen satten, vollen, glasklaren und unverwechselbaren Sound ermöglichte. Auch die hohen Stimmen der zwei Sängerinnen Agnetha Fältskog und Anni-Frid Lyngstad trugen zu einem extrem klaren, fast metallischen Ton bei.
Durch all diese Komponenten und musikalischen Spitzenleistungen entstand ein Wiedererkennungswert, der für erfolgreiche Marke entscheidend ist. Außerdem konnte Abba mit diesem innovativen Sound eine eigene Kategorie in der Popmusik mitbegründen. Dazu kamen solide, eingängige Melodien, mit denen Abba den Massengeschmack traf und zur Kultmarke wurde.
Was muss eine dermaßen starke Marke wie Abba also tun, um sich neu zu erfinden? Einen neuen Sound kreieren? Eine neue Art, sich auf der Bühne zu zeigen? Die Frage ist außerdem: Ist die Marke Abba heute noch gefragt? Gibt es heute noch genügend Fans, die ihre Musik lieben? Solche Frageformen sind generell relevant, wenn es um das „Wiederbeleben" etablierter oder veralteter Marken geht.
Aus Markenperspektive ist Abba den einzig richtigen Weg gegangen: Die Art der Songs, der Sound, all das ist selbstähnlich geblieben. Songs und Sound tragen die hohen Wiedererkennungsmerkmale der Marke in sich. Was sich ändert, ist vor allem die Darreichungsform. Über Monate hinweg haben sich die Bandmitglieder auf der Bühne „scannen" lassen und lassen nun in der Liveshow ihre virtuellen „Abbatare" auftreten. Ja, das ist eine neue Darreichungsform – aber sie passt zum Wesen der Band, die eigentlich eine Studioband ist.
Das also müssen Marken beherzigen, wenn sie ein Revival planen: Sie müssen nicht unbedingt alles neu machen. Sie müssen aber eine Strategie dafür haben, wie sie – im Rahmen der früheren Erfolgsmuster – Neues erfinden, produzieren und darreichen können.
Ich bin auf den Erfolg Abbas sehr gespannt: Wie erfolgreich wird die Band heute, in diesem Hyperwettbewerb des Musikmarktes, sein? Aus Markensicht jedenfalls hat Abba schon mal vieles richtig gemacht.
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Jürgen Gietl
Managing Partner
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