Abstract
Die Podcast-Folge BrandTrust Talks #BeyondFußball mit Dennis Thom, Marketingleiter von Borussia Dortmund, und Colin Fernando, Partner von BrandTrust, wurde im Herbst 2020 veröffentlicht. Dieser Artikel ist das transkribierte Interview mit einigen Erkenntnissen, wurde nach Ausstrahlung nicht aktualisiert und dient als Vorschau auf die Podcast-Folge.
Borussia Dortmund ist mein Herzensverein, darum war ich vor dem Interview schon etwas nervös. Marketingleiter Dennis Thom empfängt mich in den „heiligen Hallen", der Geschäftsstelle am Rheinlanddamm – damit ich schon mal die einladende Kultur der Marke BVB aufnehmen kann.
Colin Fernando: Bevor wir eintauchen in die Marke BVB – was ist denn Deine aktuelle Lieblingsmarke?
Dennis Thom: Ganz ehrlich: Abgesehen davon, dass der BVB von Kindesbeinen an mein Lieblingsverein ist, schätze ich ihn heute umso mehr, weil ich seine Marke mitgestalten kann. Der BVB ist, mit weitem Abstand, meine absolute Lieblingsmarke und wird es höchstwahrscheinlich auch immer bleiben. Denn unsere „Echte Liebe" ist kein Claim oder Slogan – das ist unser Versprechen, die Spitze unseres Wertesystems.
Wie beschreibst Du Dich selbst als Marke?
Wenn ich mich in einem Wort beschreiben müsste, dann als „Allzweckwaffe". Ein alter Freund hat mich mal so bezeichnet. Wenn man wie ich 12 Jahre beim BVB arbeitet, ist man nahezu jedem Thema begegnet. Wir haben unsere Marke und Marketing in jeden Bereich reingebracht, etwa in den Einkauf, ins Event- und Catering, in das Ticketing. So wird man wohl zum Generalisten.
Was waren Deine ersten Schritte, um die Marke aufzubauen?
Wir haben ein bis zwei Jahre die Marke analysiert, gefunden, identifiziert und niedergeschrieben. Wir haben uns ein ganzes Jahr Zeit genommen, um mit jedem einzelnen Mitarbeiter zu sprechen. Bei uns heißt das „die Markendusche". Vom Präsidenten bis zu unserem Rasenpflegeteam, wir haben jeden einzelnen mit dem gleichen Inhalt konfrontiert. Das ist schon ein bisschen wie ein positives Brainwashing und macht ungeheuren Spaß. Weil wir, auf gut Deutsch, schon eine geile Marke sind.
Gab es einen initialen Punkt, an dem Ihr gemerkt habt, dass Ihr eine Marke braucht?
Ich möchte keinen Kollegen an den Pranger stellen, zu der Zeit wusste man's nicht besser. Aber wenn jemand von brombeerfarbenen Fanartikeln spricht, weil die nächstes Jahr Trend sind – dann ist man gut beraten, eine DNA zu haben, die Orientierung gibt. Einer, der BVB-Fanartikel kauft, will kein brombeerfarben. Der will schwarz und gelb oder vielleicht mal eine modische Abwandlung.
Wie ist denn die Reaktion der Leute auf die „Markendusche" – eher kritisch oder offen?
Am Anfang war das eher für die meisten „pain in the ass", jeder war skeptisch. Wir haben es trotzdem mit langem Atem geschafft. Erst nach diesem Ansatz verstanden viele, warum wir manche Dinge in der Vergangenheit gemacht haben – und auf welcher Grundlage wir die Zukunft planen. Für viele war das ein „Eye Opener". Es ist ja immer spannend, wenn man die Marke als Konstrukt erkennt – und versteht, dass man ein Teil davon ist.
Daraus hat sich der „Welcome Day" ergeben, jeder neue Mitarbeiter bei Borussia Dortmund bekommt als erstes eine Markendusche: Es gibt eine Stadion- und Stadtführung, um die wichtigsten Orte und die Verwurzlung zu sehen. Und es gibt natürlich eine Currywurst. Und ein leckeres Brinkhoff's Bier.
Welche Instrumente nutzt Ihr und wie sehen die aus? Habt Ihr Werte, ein Markensteuerrad?
Wir haben ein ganzes Potpourri an Instrumenten aufgebaut. Wir benutzen sie aber immer nur, wenn es wirklich notwendig ist. Man muss ja jeden Funktionsbereich komplett anders steuern, führen und unterstützen. Eine Event- und Catering GmbH, die vor allem die Stadionvermarktung unter der Woche macht, hat ein anderes Geschäftsfeld als unser Reisebüro besttravel mit B2B- und B2C-Konsumenten.
Aber das Markensteuerrad ist und bleibt unser Kernelement, mit seinen Kernkompetenzen Echtheit, Intensität, Bindungskraft und Ambition. Unser Kern der Intensität hat durch Corona leider ein bisschen gelitten, denn ohne unsere Fans können wir nicht intensiv sein.
Das sind die vier Kernwerte, die „echte Liebe" ausmachen. Kein Scherz: Wir haben auch eine Bibel, in Leder eingebunden. Darin haben wir alles niedergeschrieben. Die gibt es genau 09-mal. Ich habe ein Exemplar.
Und wer hat die restlichen acht?
Das sag ich dir nicht.
Gibst du die mal aus der Hand?
Zum Reingucken, ja. Das kann ich gerne machen, aber du darfst sie nicht mitnehmen.
Wie führt man eine emotional intensive Marke wie den BVB?
Mit Fingerspitzengefühl, wir sind sehr abhängig von den wöchentlichen Geschehnissen. Bei uns ist es superintensiv, weniger ruhig als bei anderen Marken. Das Team dabei ist einfach ein Traum, das sind tolle Menschen und haben alle was drauf. Sie stehen wie eine Eins hinter dem BVB. Man kann sich jederzeit darauf verlassen, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen – weil sie die Werte entweder schon in sich haben oder relativ schnell übernehmen. So führe ich auch: Ich gebe sehr viel ab an Vertrauen und Verantwortung, weil ich weiß, dass die Kollegen die richtigen Entscheidungen treffen.
Das Merchandising und die Markenkommunikation kann ja von Fans kritisch gesehen werden. Ich gucke zum Beispiel gern die Sendungen des Mannschaftskochs Dennis Rother. Andere denken bei einem Derby womöglich: ‚Mach lieber ein paar Kochsendungen weniger und schau, dass die Leute auf dem Platz motivierter sind.' Wie gelingt es Euch in diesem schwierigen Spannungsfeld, die Marke nach allen Künsten zu führen?
Natürlich gibt es neuralgische Punkte, über das Derby brauchen wir gar nicht sprechen. Auch ich sehe unsere Marke im ersten Schritt nicht verknüpft mit dem Kommerz, sondern mit dem, woran wir seit Anfang an arbeiten: Die Marke BVB kraftvoll zu halten, mit unserer DNA und Identität. Wir müssen eine Balance finden zwischen betriebswirtschaftlichen Hintergründen und dem Spaß an der Marke.
Bist du zuständig für die Marke oder wird die Marke von allen geführt?
Von allen. Das war unser Ansinnen, warum wir jeden einzelnen Mitarbeiter bei Borussia Dortmund die gleichen Inhalte haben zukommen lassen. Wir haben alle zu Markenbotschaftern gemacht. Deswegen sind wir relativ schnell groß und stark geworden. Weil alle zusammen die Marke gestalten und führen.
Welchen Stellenwert haben Markenführung und Marketing heute im Fußball? Sind sie am Zenit angekommen oder fängt man erst an?
Sie sind schon sehr weit vorangeschritten, aber da kommt noch mehr, da bin ich sehr sicher. Der Wettbewerb wird immer schärfer, auch aus internationaler Sicht. In jedem Markt – sei es in Italien, Spanien, England oder Deutschland – gibt es teilweise 18 Unternehmen oder Vereine, die das gleiche Produkt anbieten. Es fehlt dann an Differenzierung und Positionierung – hier kommt die Marke ins Spiel.
Als wir angefangen haben, kamen andere Vereine auf uns zu und fragten: Wie macht Ihr das? Wir haben uns dann immer geöffnet – wir helfen, wenn wir können. Es nutzt uns ja auch, wenn ein anderer Verein sich stärker differenziert, weil er sich dann „von uns weg differenziert". Umso besser und stärker die Profile der anderen sind, umso mehr Spaß macht am Ende die Liga im jeweiligen Land.
Ihr verkauft das gleiche Produkt wie andere auch: Fußball. Wie schafft ihr es, Euch von anderen Vereinen zu differenzieren? An welchen Details erkennt man das?
Eigentlich haben wir nur eine „schöne Schleife" um das gemacht, was Dortmund und die Dortmunder ausmacht: die tiefe Liebe und Leidenschaft. Wenn du einmal bei uns im Stadion warst, dann dürftest du die Frage gar nicht stellen. Wenn das Stadion komplett voll ist – so eine Atmosphäre findest du schwer ein zweites Mal. Da bekomme ich jedes Mal Gänsehaut. Das ist ein „Produkt", das sich schon fast selber differenziert.
Wir haben es früher „Markenführung unter Kontrollverlust" genannt, denn unsere Fans sind natürlich Teil des Erlebnisses, wie die Spieler auf dem Platz, der Trainer, die Mitarbeiter – alles drumherum ist Teil der Marke Borussia Dortmund. Zum großen Teil haben wir keine Kontrolle darüber und müssen ein Stück weit vertrauen. Und vorbereitet sein, falls irgendwas Unvorhersehbares passieren sollte.
Werdet Ihr an Eurem Markenversprechen „echte Liebe" langfristig festhalten? Es wird ja von manchen Kritikern in Frage gestellt.
Man muss beachten, dass wir die „echte Liebe" nicht für die Kommunikation nutzen. Sie hat keinen kommerziellen Hintergrund. Im Gegenteil: Es gibt ein absolutes Verbot, sie auf Merchandisingartikel zu bringen. Obwohl es einfach wäre, solche Produkte zu verkaufen. Auch in unserer Sponsoren-Kommunikation ist die „echte Liebe" nicht erlaubt. Sie dient nicht der Kommunikation, sondern ist und bleibt unsere Orientierung.
Wenn du wirklich liebst, dann ist es egal, was passiert, Du verzeihst am Ende alles. Liebe ist nicht erklärbar. Da kann Corona kommen, da kann sonst was kommen. Die „echte Liebe" zu Borussia Dortmund, die bleibt.
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