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20. Dezember 2021

Marktforschung oder Performance Branding – wer liefert besseres Wissen?

Markenmanager und Marketeers können aus vielen Wissens- und Datenquellen schöpfen, wenn sie Märkte und Verbraucher analysieren. Die Frage ist: Welche davon taugt für welche Erkenntnisse? Mit welchen lässt sich die Zukunft planen? Lassen Sie uns doch einmal konventionelle Marktforschung mit dem Performance Branding vergleichen.

Nicht wenige Unternehmen treffen ihre Entscheidungen für die Märkte der Zukunft auf eine, bei genauerer Betrachtung, merkwürdige Weise: Um über Kunden, Mitbewerber & Co auf dem Laufenden zu sein, nutzen sie Wissen, das aus der Vergangenheit stammt.

Das mag der Grund sein, warum der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche im Jahr 2015 die Frage nach der Konkurrenz beantwortete mit: „Apple bereitet mir keine schlaflosen Nächte." Oder L´Oréal: Hatte der Kosmetikkonzern irgendwann Kylie Cosmetics auf dem Radar?

Die meisten CMOs und Markenmanager haben inzwischen erkannt: Eine Markenführung, die primär auf Erfahrungen – also Gestrigem – basiert, reicht nicht mehr. Die Märkte werden immer komplexer, darum wird das schnelle, effiziente Gewinnen und Analysieren von Daten zur Schlüsselkompetenz. Datenbasierte Markenführung macht Unternehmen zukunftsfähig.

Schnelle Informationen oder aufwändige Analysen?

Bisher müssen sich die Verantwortlichen in Marketing und Markenführung entscheiden: Reichen mir oberflächliche Informationen, die ich auf Knopfdruck bekomme – oder brauche ich tiefgehende Daten, die aufwendig sind und langwierig zu ermitteln?

Das Monitoring von Social-Media-Kanälen zum Beispiel oder Sentiment-Analysen liefern sehr schnell Stimmungsbilder und Informationen über Marken oder marketingrelevante Themen. Diese sind hilfreich – sie zeigen jedoch nur einzelne Ausschnitte.

Performance Marketing taucht schon etwas tiefer ein. Damit werden wertvolle Daten generiert, mit denen die Wirksamkeit der Unternehmensaktivitäten überprüft und erhöht werden kann. Was damit aber nicht ermittelt wird: die eigentliche Ursache. Was ist der Grund, wenn eine Maßnahme wirkt? Solche Daten zeigen also weder die Zusammenhänge noch Details über die Markenresonanz. Auch die Glaubwürdigkeit und Differenzierungskraft einer Marke können damit nicht betrachtet werden.

Konventionelle Marktforschung gibt detailliertere, tiefere Einblicke

Im Vergleich zum Performance Marketing ist die konventionelle Marktforschung aufwändiger. Sie gibt tiefere Einblicke in die Meinungen und das Verhalten von Kunden. Fokusgruppen und Befragungen fördern mehr Details und Hintergründe zutage. Aber: Die Erkenntnisse sind eher ein Spiegelbild der Vergangenheit, weil die Antworten auf Erfahrungen und Gewohnheiten der Befragten basieren. Sie rufen Erinnerungen und Selbstreflexion ab.

Das Bild, das die Befragten im Interview schildern, kann auch stark von der Realität abweichen. Ein Beispiel: Nachhaltigkeit scheint immer mehr Menschen wichtig. Nahezu jeder Interviewte würde hier zustimmen. Aber wie konsequent handeln wir danach? Wie oft legen wir die günstigen Steaks aus dem Discounter im Einkaufswagen und nicht das Bio-Fleisch aus nachhaltiger Aufzucht?

Performance Branding hilft, die Ursachen zu verstehen

Das Performance Branding verfolgt einen anderen Ansatz. Hier werden alle online verfügbaren Daten über eine Marke, Kunden, Mitbewerber und deren Aktivitäten mit KI-basierter Big-Data-Analyse gesammelt, analysiert und aufbereitet. Diese Daten werden mit „Human Intelligence" – also mit markenstrategischer Expertise – verknüpft und interpretiert.

So zeigt eine Studie von BrandTrust, in der über 100 Mineralwassermarken mit Performance Branding analysiert wurden, Überraschendes, was die Relevanz der Nachhaltigkeit betrifft. Die Auswertung von rund 300.000 Texten aus über 180 Datenquellen ergab: Für die Generation Z, auch „Fridays for Future"-Generation genannt, ist cooles Flaschendesign wichtiger als Nachhaltigkeitsaspekte wie regionale Herkunft oder Pfandflasche.

Die Schwächen des einen Systems sind die Stärken des anderen

Nun könnte man daraus schließen, die herkömmlichen Marktforschungsmethoden und die neue Analysewelt seien Konkurrenten. Dem ist nicht so. Sie verfolgen das gleiche Ziel: Entscheidungssicherheit für das Marketing und die Markenführung. Klug kombiniert, ergänzen sich die beiden komplementären Ansätze. Sie bilden eine überlegene Einheit. Denn die Schwächen des einen Systems sind die Stärken des anderen:

1. Der große Überblick versus Details

Performance Branding liefert das Big Picture: Es deckt Wechselbeziehungen auf, behält Entwicklungen im Blick und setzt sie in einen größeren Zusammenhang. Für die Wassermarkenstudie wurden in wenigen Tagen für über 100 Wassermarken die Ursachen und der Status Quo ihrer Attraktivität, Wettbewerbs- und Markenstärke ergründet. Die Basis: eine KI-basierte Big-Data-Analyse. Die schnelle Verfügbarkeit solcher Ergebnisse machen Entwicklungen schneller sichtbar. Sie ermöglichen zügiges und entschlossenes Handeln.

Dagegen punktet die Marktforschung mit Detaileinblicken. Das gelingt ihr durch gezielte Fragen und fein selektierte oder breite und repräsentative Stichproben. Spezifische Hypothesen lassen sich individuell abfragen und so validieren. Die Entscheider bekommen konkrete Antworten auf sehr individuelle Fragen.

Gerade für Marken, die für jüngere Generationen attraktiv sein wollen, hat die digital-affine Community große Bedeutung. So gewinnt eine Bank durch eine Performance-Branding-Analyse schnell den Überblick, wie relevant ihre Marke für die einzelnen Generationen ist, im Vergleich zur Konkurrenz. Aufbauend auf solchen Erkenntnissen kann mit ergänzender Marktforschung nach weiteren Hintergründen gesucht werden.

2. Online-Daten versus kleine Personengruppen

Die Datenquellen für das Performance Branding sind nicht nur die bekannten Social-Media-Kanäle, sondern alle online verfügbaren Informationen: also alle Datenpunkte aus Kommentaren, Likes, Forenbesuche oder sonstige analysierbaren Datenspuren. In der Wassermarkenstudie waren es 2,5 Millionen Datenpunkte, die von sieben speziell programmierten Algorithmen untersucht wurden.

Hingegen kann es in der klassischen Marktforschung von Vorteil sein, dass die Einschätzungen von Menschen einfließen, die keine Spuren im Internet hinterlassen. Ebenso können auch sehr kleine oder spezifische Personengruppen – etwa professionelle Einkäufer – gezielt rekrutiert werden.

3. Momentaufnahme versus Zeitverlauf

Das Performance Branding gibt nichts vor, sondern erkennt, wer sich für welche Marke oder welches Thema interessiert. Mercedes hätte durch eine Performance-Branding-Analyse vermutlich früher erkannt, dass sie bei den Kunden von morgen eher mit Google, Uber und Share-Now konkurriert anstatt mit BMW. Auch für HR-Abteilungen, die für eine attraktive Employer Brand sorgen müssen, können Performance-Branding-Analysen wertvolle Einblicke darüber liefern, welche Relevanz die Marke für potentielle Mitarbeitende hat.

Die Marktforschung arbeitet mit klar formulierten Fragen und gibt einen Einblick, der für den Moment der Befragung gilt. Weil das Performance Branding alle je hinterlassenen und analysierbaren Daten einbezieht, kann es diese Momentaufnahme in eine Zeitraum- und Marktbetrachtung einbeziehen. Die Ergebnisse erhalten einen strategischen Kontext und werden im Zeitverlauf dargestellt.

Damit dient das Performance Branding nicht allein der Informationsgewinnung: Es ist ein Managementinstrument zur wirksamen Markenführung.

Es kommt also auf die kluge Kombination von Performance Branding und klassischer Marktforschung an. Damit sparen Unternehmen viel Zeit, Geld und Ressourcen. Sie gewinnen überlegenes Marktwissen, mit der sie der Konkurrenz mindestens einen Schritt voraus sind.

Dieser Beitrag erschien zuerst in ausführlicherer Form in der absatzwirtschaft: "Marktforschung vs. Performance Branding: ein Methodenvergleich"

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Autor

Jürgen Gietl

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