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Erfolgsrezepte für FMCG-Unternehmen: So werden junge Marken zu Love Brands

19. September 2023

Erfolgsrezepte für FMCG-Unternehmen: So werden junge Marken zu Love Brands

Abstract

Die Branche der „Fast Moving Consumer Goods" (FMCG) erlebt gerade etwas Bemerkenswertes: Viele Newcomer-Marken gewinnen auffallend stark an Aufmerksamkeit und Relevanz. Was machen diese Marken anders? Warum werden sie zur Love Brand, während die meisten jungen Marken scheitern? Dieses Whitepaper befasst sich mit dem Phänomen. Es gibt Markenverantwortlichen Impulse, wie sie junge FMCG-Marken erfolgreich etablieren und Loyalität aufbauen können.

So entstand dieses Whitepaper

Wir analysierten interessante Marken, sowohl aus jungen wie etablierten Unternehmen. Es entstand eine Liste aus zwölf Playern, die aktuell relevant sind und Zukunftspotential bieten, bestehend aus sechs Newcomern sowie sechs bereits etablierten Marken. Wichtig: Diese Liste basiert auf einer qualitativen Bewertung, die rein aus Markenperspektive vorgenommen wurde. Sie lässt keine quantitative Vergleichbarkeit zu.

Aus den gewonnenen Erkenntnissen leiteten wir im Anschluss Erfolgsrezepte ab, mit denen junge Marken die kritischen ersten Jahre im Handel überstehen und die Wertschätzung der Menschen gewinnen können – egal, ob sie von einem Startup stammen oder einem Multi-Brand Konzern.

Diese drei Kriterien mussten die schnelldrehenden Konsumgütermarken erfüllen, um auf unsere Liste zu kommen:

  1. Listung im konventionellen Handel, stationär oder digital: Dies zeigt, dass die Marke bereits einen gewissen Grad an Marktpräsenz erreicht hat und ihre Produkte für Verbraucher und Verbraucherinnen zugänglich sind. Es ist ein Indikator für die Relevanz einer Marke und zeigt ihr Potenzial, sich zu etablieren.

  2. Einfluss auf das Konsumverhalten oder die Branche: Anhand dieser Kategorie wird bewertet, inwieweit die Marke innovative Produkte, Dienstleistungen oder Konzepte einführt, die das Konsumverhalten beeinflussen. Das kann beispielsweise ein neues Produktionsverfahren sein, der Einsatz nachhaltiger Inhaltsstoffe oder das Bilden eines neuen Konsumtrends. Der Einfluss auf die Branche zeigt sich, wenn neue Standards geschaffen werden und der Wettbewerb sich an diesen Entwicklungen orientiert.

  3. Öffentliche Aufmerksamkeit durch Medienberichte oder Social Media: Die öffentliche Aufmerksamkeit, die eine Marke durch Medienberichte oder Social Media generiert, spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle für unsere Auswahl. Marken, die es schaffen, eine breite Medienberichterstattung oder eine aktive Präsenz auf Social Media-Plattformen zu erzeugen, können eine größere Reichweite erzielen und das Bewusstsein für ihre Produkte und ihre Markenbotschaft steigern. Dies kann dazu beitragen, das Interesse und die Begeisterung der Verbraucher zu wecken und somit den Erfolg der Marke zu unterstützen.

So unterschieden wir zwischen Newcomern und etablierten Marken:

  • Newcomer sind noch keine acht Jahre auf dem Markt. Mit dieser Zeitspanne berücksichtigen wir die Tatsache, dass der Aufbau einer Marke nicht von heute auf morgen funktioniert, sondern ein langfristiger Prozess ist. In diesem werden neue Marken mit dem harten Wettbewerb konfrontiert, die Floprate in der FMCG Branche beträgt stattliche 70 % innerhalb des ersten Jahres.

  • Etablierte Marken sind seit über acht Jahren gelistet und haben sich in der Regel einen festen Platz im Regal gesichert. Sie haben sich bereits eine größere Bekanntheit erarbeitet und eine Fangemeinde aufgebaut.

Braucht es wirklich so lange, um eine neue Marke zur InBrand (eine Marke mit hoher Attraktivität - BrandTrust Performance Monitor) aufzubauen? Ja, das tut es. Warum das so ist, zeigt das Beispiel Gustavo Gusto. Die Marke erregte während der Corona-Pandemie mit beeindruckenden Werbekampagnen und jüngst mit ihrem Einstieg ins Eisgeschäft Aufmerksamkeit. Doch auch Gustavo Gusto wurde nicht über Nacht zur etablierten Marke: Sie wurde bereits im Jahr 2014 gegründet, also vor über acht Jahren.

Die Newcomer nutzen vier Erfolgsmuster

Wir entdeckten vier Erfolgskategorien, mit denen sich die Marken mit unterschiedlichen Strategien ihren Platz im Regal erobert haben:

1. Die Innovatoren:

Diese bieten wegweisende Innovationen, etwa bei Herstellungsverfahren oder Produktkonzepten.

Unternehmen wie Air up, Seedlip, Oatly und Ever Drop ziehen auf diese Weise die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich und beeinflussen den Markt langfristig.

2. Die Guten:

In dieser Kategorie finden sich Good Brands und Impact Brands. Sie bieten nicht nur qualitativ hochwertige Produkte an, sondern überzeugen auch mit ihrem sozialen oder nachhaltigen Engagement.

Unternehmen wie share, follow Food, Vegetarian Butcher und Tony's Chocolonely bieten diesen Mehrwert und gewannen damit eine treue Anhängerschaft.

3. Die Hippen:

Diesen gelingt es, die Bedürfnisse und Wünsche einer Zielgruppe anzusprechen. Mit trendigem Design, einer markanten Markenbotschaft und einer einzigartigen Positionierung haben sie eine loyale Fangemeinde aufgebaut.

True fruits, shyne und LemonAid hinterlassen auf diese Weise einen starken Eindruck bei den Verbrauchenden.

4. Die Expansionisten:

Solche Marken besitzen ein breites Produktportfolio und decken verschiedene Konsumbedürfnisse ab. Bitte nicht falsch verstehen: Damit ist kein möglichst großer und willkürlich sortierter Bauchladen gemeint, sondern die Markendehnung anhand einer klaren Idee, die sich glaubwürdig über das Produktportfolio erstreckt.

Unternehmen wie KoRo und share erreichten mit Vielfalt und Fokus auf Qualität eine starke Präsenz und wurden zu vertrauenswürdigen Anlaufstellen für Verbraucher.

Es kommt natürlich vor, dass manche Marken mehrere Kategorien nutzen. So zählt Oatly mit ihrem Fokus auf pflanzliche Ernährung auch zu den „Guten". Wir haben uns bei unserer Einordnung immer von der offensichtlichsten Zuordnung leiten lassen.

Zwölf bemerkenswerte FMCG-Marken im Porträt – das machen sie anders

Die sechs Newcomer (unter acht Jahren auf dem Markt)

1. air up - das einzige duftbasierte Trinksystem der Welt

Gehört zur Erfolgskategorie: die Innovatoren
Website: air-up.de

Die Getränkemarke air up erzielt mit einem innovativen Produkt, ansprechendem Design und starker Präsenz auf Social Media-Plattformen wie TikTok besonders bei jungen Menschen große Erfolge.

  • Neuartiges Produkt: Das Trinksystem, bestehend aus einer Wasserflasche und Aroma-Pods, die dem Wasser Duftstoffe verleihen, ist einzigartig auf dem Markt. Wer durch die Flasche Wasser trinkt, schmeckt dank dieses sensorischen Tricks zum Beispiel Kola, Limette oder Kirsche. Das Wasser bekommt Geschmack, ganz ohne Kalorien oder Zucker.
  • Spitze Positionierung mit klarem Anspruch: air up präsentiert sich als das einzige duftbasierte Trinksystem der Welt, was den internationalen Anspruch deutlich betont. Die Marke wird bereits in acht europäischen Ländern vertrieben. Die USA mit ihrem gigantischen Absatzpotential soll demnächst folgen.
  • Internationalisierung und Investoren-Erfolg: Innerhalb kurzer Zeit (Gründung im Jahr 2019) gewann air up internationale Investoren wie den Pepsi-Konzern sowie prominente Persönlichkeiten wie Ashton Kutcher und Mila Kunis, die für einen erfolgreichen Launch in den USA für die Marke sicherlich hilfreich sind.

2. Alleskönner KoRo – die Online-Drogerie für haltbare Lebensmittel in Großpackungen

Gehört zur Erfolgskategorie: die Expansionisten
Website: korodrogerie.de

KoRo hat es geschafft, den Trend zu gesunder Ernährung zu nutzen. Der Online-Shop bietet eine Vielzahl an Produkten wie Nüsse, Trockenfrüchte und Superfoods in großen Verpackungen an. Die Marke hat durch konsequentes Influencer-Marketing eine breite Bekanntheit erlangt.

  • Mut, die Strategie zu ändern: Ursprünglich als Online-Drogerie gestartet, wollte KoRo Waschmittel in Großpackungen direkt an den Endkunden vertreiben. Doch schnell nach der Gründung wurde festgestellt, dass andere Produkte in Großverpackungen ein viel größeren Potential bieten. KoRo passte seine Strategie an und konzentriert sich seitdem auf den Vertrieb haltbarer Lebensmittel.
  • Eine mutige Vision: KoRo hat die Vision, den Einzelhandel aus der Customer Journey zu streichen. Die Marke bietet den Endkunden direkt Produkte in Großpackungen an, um faire Preise zu gewährleisten. Dies zeigt sich auch im Verpackungsdesign, das unauffällig und reduziert daherkommt, mit schlichten Etiketten auf Glas, Papier oder Plastik. Es wurde nicht als Aufmerksamkeitshascher im Supermarktregal konzipiert.
  • Marketingfokus auf Influencer: KoRo setzt nahezu ausschließlich auf Influencer-Marketing und gewann damit eine starke Präsenz auf Plattformen wie YouTube und Instagram. Auch heute noch investiert die Marke 90 % des gesamten Marketingbudgets in Influencer.

3. Shyne – Die hippe Selfmade-Haarfärbe-Experience für zuhause

Gehört zur Erfolgskategorie: die Hippen
Website: myshyne.de

Obwohl die Körperpflegemarke Shyne noch nicht lange auf dem Markt ist, wurde sie durch die Zusammenarbeit mit Starfriseur Shan Rahimkhan eine vertrauenswürdige Wahl für qualitätsbewusste Haarfärbebegeisterte.

  • Neudenken eines übersättigten und trägen Marktes: Shyne hat den Mut, sich im Haarfarbenmarkt von der Masse abzuheben. Die Marke spricht jüngere Menschen an und bietet eine Garantie, dass es zu keinen Haarfärbe-Unfällen in den eigenen vier Wänden kommt. Außerdem hat Shyne erkannt, dass die Prozedur des Haarfärbens das Urteil „stressige und komplizierte Anwendung im Badezimmer" loswerden muss. Dazu stellt die Marke die Experience in den Vordergrund: einfach anzuwendende Phasen, eigener Schutzumhang und ein ansprechendes und modernes Design.
  • Ehrliche Beratung: Als Onlineshop zeichnet sich Shyne durch eine ehrliche und transparente Beratung aus. Man nimmt sich dort Zeit, um die Kunden individuell zu beraten und sicherzustellen, dass sie die passenden Produkte für ihre Bedürfnisse kaufen. In 20 % der Anfragen rät die Marke vom Haarfärben – und damit von ihren eigenen Produkten! – ab.
  • Die neue Kategorie "cleane Haarfärbeprodukte": Shyne schuf eine neue Kategorie für Haarfärbeprodukte – die sogenannten "cleanen" Produkte. Das sind vegan-freundliche, tierversuchsfreie und natürliche Haarfärbemittel. Mit dieser Positionierung bieten sie eine Alternative zu den chemischen Produkten, die in vielen Drogerien erhältlich sind.

4. Seedlip – Die erste destillierte alkoholfreie Spirituose weltweit

Gehört zur Erfolgskategorie: die Innovatoren
Website: seedlipdrinks.com

  • Identifikation einer Marktlücke: Gründer Ben Branson erkannte eine Marktlücke im qualitativ hochwertigen und alkoholfreien Segment der Spirituosenmarken. Zwischen Cocktails, Softdrinks und alkoholfreiem Bier gab es kein adäquates Angebot für Menschen, die Alkohol reduzieren oder vermeiden wollen. Seedlip will das Trinkverhalten weltweit verändern.
  • Tiefe der Markenstory: Seedlip fällt durch faszinierendes Storytelling auf. Man erzählt stolz von den Anfängen, als in der eigenen Badewanne experimentiert wurde, und betont, dass die Rezepte auf einem Buch aus dem Jahr 1651 basieren. Diese Verbindung zu einer langen Tradition der Destillation verleiht der Marke Authentizität und Charme.
  • Vermittlung der Produktqualität: Seedlip legt Wert darauf, die Produktqualität zu vermitteln. Jeder einzelne Pflanzenextrakt wird nach traditionellen Methoden im Kupferkessel destilliert und durch einen sorgfältigen Filtrationsprozess veredelt. Die Flaschen mit ihrem kupferfarbenen Drehverschluss erinnern an hochpreisige Spirituosen und unterstreichen die Spitzenleistung, die Seedlip bietet.

5. everdrop – Nachhaltigkeit als Lifestyle

Gehört zur Erfolgskategorie: die Innovatoren
Website: everdrop.de

Die Putzmittelmarke fördert das Wir-Gefühl und vermittelt: Durch gemeinsames Handeln können wir viel bewirken.

  • Gewöhnliche Haushaltsprodukte werden zu Lifestyle-Waren: Wer everdrop kauft, signalisiert, dass er sich Gedanken um die Nachhaltigkeit macht und erhält ein gutes Gewissen gratis dazu. Die auflösbaren Brausetabletten – um Spülmittel oder Badreiniger herzustellen – sind besonders charakteristisch für die Marke.
  • Mehr Nachhaltigkeit im Alltag: everdrop betont, dass jeder Einzelne etwas beitragen kann für eine saubere Welt und die Reduzierung von Mikroplastik.
  • Betonung des Beitrags jedes Einzelnen: Die Marke nutzt einen sechsstufigen Feel-Good-Funnel und Act-Good-Funnel, in dem sie die Menschen von Anfang an ein positives Gefühl vermittelt und ihnen zeigt, dass sie etwas verändern können. Dies stärkt das Vertrauen in die Marke und schafft eine starke Bindung.

6. share – Teilen als soziales Trägerthema der Marke

Gehört zu den Erfolgskategorien: die Guten und die Expansionisten
Website: share.eu

Man könnte share mit der Schuhmarke Toms vergleichen, doch share gelingt es, seine Marke nicht nur auf eine Produktkategorie zu beschränken. Stattdessen strebt das Unternehmen danach, sozialen Konsum im Massenmarkt zu etablieren und Menschen dazu zu inspirieren, einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

  • Eine klare Markenidentität, die der Dehnung keine Grenzen setzt: Die Marke share hat eine klare Botschaft: Teilen macht glücklich. Diese simple, aber kraftvolle Aussage gibt der Marke eine soziale Dimension und ein Trägerthema, das sie von anderen Marken abhebt. share begann 2017 mit Wasser, Riegeln und Seife, erweiterte sein Produktportfolio aber stetig. Heute umfasst es außerdem Snacks, Stifte, Shampoo – und sogar eine Brillenkollektion in Zusammenarbeit mit Mister Spex. Jede share-Brille spendet eine Brille an eine Person, die keinen Zugang zu augenoptischer Versorgung hat.
  • Sales-Partnerschaften, die über den Einzelhandel hinausgehen: share geht über übliche Vertriebswege hinaus und arbeitet mit verschiedenen Unternehmen zusammen, etwa der Deutschen Bahn. Diese Partnerschaften vergrößern die Reichweite und ermöglichen es, die Markenbotschaft an verschiedene Zielgruppen zu kommunizieren.
  • Sinnstiftung, die direkt im Namen transportiert wird: Schon allein der Name "share" transportiert die Idee des Teilens und der sozialen Verantwortung. Für jedes verkaufte Produkt geht automatisch eine Spende an ein soziales Projekt. Mit QR-Codes auf Produkten und Website schafft die Marke Transparenz: Über diesen Weg zeigt sie, wohin die Spenden fließen und welche Auswirkungen sie haben.
Sechs bereits etablierte Brands (über acht Jahre auf dem Markt)

1. Followfood – Transparenz auf die Spitze getrieben

Gehört zur Erfolgskategorie: die Guten
Website: followfood.de

Die Lebensmittelmarke Followfood spricht besonders die urbane, kaufkräftige Zielgruppe an, die Wert auf Transparenz und Nachhaltigkeit legt. Die Marke begeistert mit ihrer Radikalität und konsequenten Ausrichtung viele Menschen und sichert sich eine Vorreiterrolle in der Branche.

  • Radikal klimafreundliches Geschäftsmodell: Followfood hat ein beeindruckendes Nachhaltigkeitskonzept, das den Klimaschutz in den Mittelpunkt stellt. Als eines der ersten Lebensmittelunternehmen ist Followfood seit Anfang 2021 klimaneutral und setzt dabei auf Maßnahmen, die über Kompensationszahlungen hinausgehen.
  • Volle Transparenz – bis zum Ursprung: Konsumierende können die Herkunft, den Produzenten und die Produktionswege über den Trackingcode nachverfolgen. Dieser Grad der Offenlegung ist ein Beleg für das Engagement der Marke, ihre Werte authentisch zu vermitteln.
  • Erfolgreiche Dehnung des Portfolios: Ursprünglich im Fischimport tätig, hat Followfood sein Sortiment erfolgreich erweitert. Die Marke bietet nun auch Bio-Pizza, Eis, Tiefkühlgemüse und vegane Fertiggerichte an. Diese erfolgreiche Markendehnung zeigt, dass Followfood in der Lage ist, über verschiedene Produktkategorien hinweg eine starke Präsenz aufzubauen.

2. Lemonaid – Trinkend die Welt verändern

Gehört zur Erfolgskategorie: Die Hippen
Website: Lemon-aid.de

Die Limonadenmarke Lemonaid setzt nicht nur auf Fair Trade und Bio, sondern auch auf soziales Engagement. Die Marke wurde aus dem Wunsch geboren, etwas Gutes zu tun und die Welt zu verbessern. Diesen Ansatz verfolgt das Unternehmen auch mit ihrer zweiten Marke, ChariTea.

  • Die Marke ist eine Gegenthese zu den großen Getränkeherstellern: Lemonaid versteht sich als Alternative zu den etablierten Getränkeherstellern. Sie tritt mit einer anderen Philosophie auf und will die Branche verändern. Ihr Ziel ist es, Produkte anzubieten, die nicht nur gut schmecken, sondern auch einen positiven Einfluss auf die Welt haben. Neben Fair Trade und Bio ist das dritte große Thema der Marke die Rolle des Weltverbesserers. Aus dem Unternehmen heißt es, das Produkt Limonade sei nur ein Zufall gewesen, weil es noch keine derartige auf dem deutschen Markt gab. Denn der Gedanke des Helfens und des sozialen Engagements war zuerst da.
  • Unabhängig seit der Gründung im Jahr 2008: Von Anfang an bewahrte Lemonaid seine Unabhängigkeit. Somit kann das Unternehmen seine eigenen Werte und Prinzipien verfolgen, ohne Kompromisse eingehen zu müssen. Diese Unabhängigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil der Marke und zeigt sich in ihrem Handeln. Der Marke gelingt es, den Gründungsmythos und das Experimentieren lebendig zu halten: in der eigenen Küche im Hamburger Karoviertel.
  • Sehr hohe Stildichte: Lemonaid zeichnet sich durch eine herausragende Stildichte aus. Ihr ikonisches Flaschendesign ist über die Grenzen Hamburgs hinweg bekannt. Lemonaid bietet nicht nur ein Produkt, sondern auch eine Ästhetik, welche die Markenwerte und -assoziationen verkörpert. Dies wurde besonders deutlich, als sie mit schlagfertigen Anzeigen gegen ein Plagiat ihres Flaschendesigns protestierten.

3. Tony's Chocolonely – der Kampf gegen Sklaverei in der Schokoladenindustrie

Gehört zur Erfolgskategorie: Die Guten
Website: tonyschocolonely.com

Obwohl die Schokoladenmarke in Deutschland noch nicht zu den Etabliertesten gehört, ist sie in ihrer Heimat, den Niederlanden, bereits die Nummer 1 im Schokoladenmarkt - und das ganz ohne kostenintensive Werbekampagnen.

  • Thematisieren eines globalen Missstands: Tony's Chocolonely hat sich dem Kampf gegen Sklaverei in der Schokoladenindustrie verschrieben. Viele Menschen wissen noch nicht, dass es in den Lieferketten einen hohen Anteil an Sklavenarbeit gibt. Der Gründer Teun van de Keuken inszenierte die Problematik eindrucksvoll, indem er sich selbst wegen des Verzehrs von Schokolade, die durch Kinderarbeit hergestellt wurde, bei der niederländischen Justiz anzeigte. Dadurch lenkte er die Aufmerksamkeit auf das Thema.
  • Einladung an die gesamte Industrie: Tony's Chocolonely ist nicht nur darauf fokussiert, selbst ein vorbildliches Unternehmen zu sein, sondern lädt die gesamte Schokoladenindustrie ein, sich dem Kampf gegen Sklaverei anzuschließen. Sie legen ihre eigenen Lieferketten offen, um andere Unternehmen zu ermutigen, ebenfalls transparenter und verantwortungsbewusster zu handeln. Einige Marken wie Jokolade und Ben & Jerry's haben sich bereits angeschlossen.
  • Manifestation der Idee im Produktdesign: Tony's Chocolonely vermittelt die Kernidee der Marke auch durch ihr Produktdesign. Ihre Schokolade kann nicht in gleichmäßige, rechteckige Stückchen aufgeteilt werden, sondern jedes Stück ist unterschiedlich groß und verschieden geformt. Dies symbolisiert, dass der "Kuchen" in der Schokoladenproduktion nicht fair verteilt wird. Durch solche einfachen, aber aussagekräftigen Gestaltungselemente manifestiert die Marke ihre Idee und schafft eine starke visuelle Verbindung zu ihrem Kampf gegen Sklaverei.

4. Oatly – der Erfinder der Hafermilch

Gehört zur Erfolgskategorie: die Innovatoren
Website: oatly.de

Oatly steht in Schweden schon lange neben der herkömmlichen Milch als beliebte Alternative im Kühlregal und bekommt auch in Deutschland immer mehr Platz.

  • Erfinder der Hafermilch: Oatly gilt als Pionier der pflanzlichen Haferdrinks. Der schwedische Chemieprofessor Rickard Öste erfand bereits Anfang der 90er Jahre die Hafermilch und ließ sein Verfahren patentieren. Sein Glaube an das Potenzial seiner Erfindung sollte sich als richtig erweisen.
  • Nachahmen des Molkereiangebots: Oatly bietet eine Vielzahl von Produkten an, die das gesamte Molkereiangebot nachahmen. Von verschiedenen Geschmacksrichtungen – über Caffe Latte to go, Dessert-Vanille-Sauce, Brotaufstrichen und Eis – entwickelte Oatly eine breite Palette an pflanzlichen Alternativen. Dadurch baute die Marke hohe Eintrittsbarrieren für Molkereien auf, die nun ebenfalls versuchen, mit veganen Produkten zu punkten.
  • Humorvoller Markenstil: Oatly hat einen humorvollen Markenstil entwickelt, der Spaß macht. Mit Slogans wie "Oh wow, no cow" und kreativen Werbekampagnen hebt sich die Marke von anderen Unternehmen ab.

5. The Vegetarian Butcher – der tierliebe Fleischfan

Gehört zur Erfolgskategorie: die Guten
Website: thevegetarianbutcher.de

Die Lebensmittelmarke verkörpert die Geschichte eines Mannes, der die Liebe zum Fleisch mit der Überzeugung für pflanzliche Ernährung vereint.

  • Emotionale Markenstory des vegetarischen Fleischliebhabers: Der Gründer Jaap Korteweg ist ein echter Fleischliebhaber und Landwirt in der neunten Generation. Aus Tierwohlgründen verschrieb er sich dem Vegetarismus, doch seine Sehnsucht nach Fleisch blieb bestehen. Daher entwickelte er pflanzliche Alternativen, die in Textur und Geschmack dem tierischen Produkt so nahe wie möglich kommen. Fokus auf das Produkt: nicht vom Tier, aber vergleichbar: Das Unternehmen verkauft Fleischersatzprodukte, die nicht vom Tier stammen, aber in Geschmack und Konsistenz Fleisch ähneln. Dabei legt es großen Wert auf Qualität und Geschmack. Das Angebot spricht nicht nur Vegetarier und Veganer an, sondern auch Flexitarier, die ihren Fleischkonsum reduzieren möchten, ohne auf den Geschmack zu verzichten.
  • Skalierung durch den Aufkauf von Unilever: Die Übernahme durch den Unilever-Konzern im Jahr 2019 fürhte zu kontroversen Diskussionen. Doch dieser Schritt bietet Chancen: So kann das Unternehmen seine Produkte auf dem Massenmarkt etablieren und einen größeren Beitrag zu nachhaltigem Konsum leisten.

6. true fruits – der selbsternannte geilste Saftladen der Republik

Gehört zur Erfolgskategorie: die Hippen
Website: true-fruits.com

True fruits ist mehr als nur ein Saftladen. Die Smoothiemarke hat kein Problem mit Ecken und Kanten, provokante Kommunikation und konsequentes Festhalten gehören zum Profil. Mit ihrer Premium-Ausrichtung und ihrem Talent, immer wieder aufzufallen, eroberte sich true fruits einen festen Platz unter den etablierten Marken.

  • Philosophie "true fruits – no tricks": Die Marke folgt einer klaren Philosophie, die sich in ihrem Slogan "true fruits – no tricks" widerspiegelt. Sie legt großen Wert auf Ehrlichkeit und Transparenz. Dieses Credo durchzieht alle Aktivitäten. Es wird auch im unverkennbaren Flaschendesign deutlich, das mit zusätzlichen Upcycling-Elementen wie verschiedenen Aufsätzen ergänzt wird.
  • Provokation als Stilelement: true fruits betreibt eine direkte und provokante Art der Kommunikation. Die Marke scheut sich nicht, zu polarisieren und nimmt auch Shitstorms in Kauf. Trotz der Kontroversen bleibt true fruits ihrem Stil treu und verliert nicht an Schärfe. Dieser Mut hat dazu beigetragen, dass die Marke unverwechselbar und einzigartig ist.
  • Ständige Stimulation durch limitierte Editionen: Smoothies sind als Produkt nicht besonders innovativ. Doch durch geschickte Verknappung und limitierte Editionen gelingt es true fruits immer wieder, aufzufallen. Dafür kooperiert die Marke immer wieder mit bekannten Food-Marken wie Löwensenf, Ahoi Brause oder Em-eukal. So entsteht eine ständige Stimulation und verleitet zum Kauf. Einige der Limited Editions erreichen sogar Kultstatus und leere Flaschen erzielen auf eBay hohe Preise.

Acht Faktoren machen die untersuchten FMCG-Marken erfolgreich

Das haben die porträtierten zwölf Konsumgütermarken gemeinsam: Sie verkaufen nicht nur innovative Produkte – sie besitzen außerdem eine starke Markenidentität und verfolgen Nachhaltigkeitsstrategien.

Sowohl Newcomer als auch etablierte Marken können von ihnen lernen. Das sind ihre Erfolgsfaktoren:

1. Nachhaltigkeit ist wichtig – aber nur zugespitzt

Eine der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist die Betonung der Nachhaltigkeit. Jene Marken, die sich als Vorreiter umweltbewusster Geschäftspraktiken positionieren und das glaubhaft kommunizieren, erfahren eine starke Resonanz. Durch ihren Fokus auf nachhaltige Beschaffung, umweltfreundliche Verpackungen und soziale Verantwortung demonstrieren sie: Wir engagieren uns für eine bessere Zukunft. So gewinnen sie das Vertrauen der Menschen.

Wichtig ist es jedoch, ein Trägerthema zu identifizieren – wie bei share das Teilen, bei Tony's Chocolonely der Kampf gegen die Sklaverei oder bei The Vegetarian Butcher das Vermeiden von Tierleid. Marken brauchen diese Klarheit und Zuspitzung, damit sie sich nicht in der enormen Breite, welches das Wirkungsfeld Nachhaltigkeit besitzt, verlieren.

2. Humor und Witz in der Markenkommunikation

FMCG-Marken, die es verstehen, ihre Botschaften mit einer Prise Humor zu würzen, können eine positive emotionale Verbindung zu Verbrauchern und Verbaucherinnen aufbauen. Der Einsatz witziger Anzeigen, unterhaltsame Social Media-Inhalte oder lustige Produktnamen heben eine Marke von der Konkurrenz ab und machen sie attraktiv.

Beste Beispiele hierfür sind Oatly und true fruits, die mit Humor einen unverwechselbaren Stil entwickelten. Sie bringen die Fans zum Lachen. Natürlich muss auch dieser Erfolgsfaktor immer zur eigenen Markenidentität passen und zum Humor der Zielgruppe passen. Hierbei ist es wichtig, die Sprache jener Generation zu sprechen, die man erreichen möchte.

3. Eine nahbare Markenpersönlichkeit

Menschen möchten sich mit einer Marke identifizieren und auf persönlicher Ebene angesprochen werden. Jene Marken, die eine authentische und zugängliche Präsenz aufbauen – sei es durch direkten Kundenkontakt, persönliche Geschichten oder eine zugängliche Markensprache – gewinnen das Vertrauen einer loyalen Community. Zum Beispiel fokussieren sich shyne und everdrop auf die individuelle Kommunikation mit den Fans.

4. Erzählen der Gründer-Story

Verbraucher und Verbraucherinnen interessieren sich für die Menschen hinter den Marken. Sie wollen wissen: Welche Motivation treibt sie an? Brands, die ihre Gründergeschichte authentisch und inspirierend erzählen, gelingt eine emotionale Verbindung, die von Vertrauen geprägt ist.

Fast alle porträtierten Marken gehen so vor. Gerade bei etablierten Marken ist der Gründungsmythos ein oft noch unbeachteter Schatz, den es zu heben lohnt. Denn nichts bleibt so gut im Gedächtnis der Menschen wie eine emotionale Geschichte.

Wenn eine Marke verkauft wird, kann ihre Gründungsstory – und auch die Gründer persönlich – stark unter Druck geraten. Ein Beispiel ist die Marke The Vegetarian Butcher, sie wurde von Unilever übernommen. In einem solchen Fall muss es den Marken gelingen, die Gründungsidee von den Gründerpersönlichkeiten zu trennen. Sie müssen glaubwürdig aufzeigen, warum diese Gründungsidee mit neuen Eigentümern noch besser verfolgt werden kann. Einen Aufschrei wird es zu Beginn in der Fancommunity immer geben.

5. Besitz eines Online-Shop

Eine starke Online-Präsenz ermöglicht es den Verbrauchern, die Produkte bequem zu kaufen. Ein benutzerfreundlicher Online-Shop mit einfachen Bestell- und Zahlungsmöglichkeiten kann die Reichweite der Marke erweitern und den Kundenstamm vergrößern.

Gerade wenn Listungen hart umkämpft sind und noch kein erfahrenes Vertriebsteam aufgebaut ist, hilft der D2C-Ansatz dabei, eine Fangemeinde aufzubauen. Natürlich kann ein Online-Vertrieb auch über die Online-Shops des Handels betrieben werden, doch die Nähe zur Zielgruppe ist dort nicht so hoch wie im eigenen Shop. Besonders KoRo ist als Beispiel anzuführen: Die Marke ist mit einem konsequenten D2C-Ansatz gestartet, um den Handel als Preistreiber aus der Kette zu nehmen.

6. Kundenbindung anhand von Communitys

Marken, die eine starke Community besitzen, profitieren von einer starken Bindung zu Kundinnen und Kunden. Eine aktive Gemeinschaft kann dazu beitragen, das Markenbewusstsein zu stärken, die Mundpropaganda zu fördern und das Wachstum zu fördern.

Das Community Building geht deutlich über den 3. Erfolgsfaktor „Nahbarkeit" hinaus. Es erfordert mehr Einsatz, weil sich Communitys nicht von allein bilden und schon gar nicht von allein aktiv und loyal bleiben. Hier geht es um Erlebnisse, die mit der Marke inszeniert werden können und das Zusammenbringen von Gleichgesinnten. True fruits zum Beispiel hat es geschafft Fans zu gewinnen, die für Flaschen von Sondereditionen horrende Preise auf eBay bezahlen.

7. Stylisches, ansprechendes Design, basierend auf dem eigenen Markenstil

Gerade im Regal macht ein stylisches und ansprechendes Design den Unterschied. Marken, die durch ihre Verpackung ihre Produktpräsentation oder Kampagnen herausstechen, ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. (Siehe auch unsere Studie Verpackung 3.0 – was kommt nach Funktion und Emotion?)

Ein ästhetisches und durchdachtes Design, das die Codes der Zielgruppe versteht, wirkt anziehend und sollte gerade in der FMCG-Branche nicht vernachlässigt werden. LemonAid und true fruits stechen mit ihren ästhetischen Glasflaschen heraus, Oatly schuf mir ihrem Comic-Stil ein Design, an dem sich viele FMCG-Brands nun orientieren und auch everdrop spielt stilsicher die Codes ihrer Fangemeinschaft.

Wichtig ist, dass die Marke ihr Design anhand ihres eigenen Markenstils formt und nicht umgekehrt. Es muss erst einmal definiert werden, was ihre Stilelemente sind. Dann werden aus ihrer Markenidentität heraus ein passendes, selbstähnliches Design abgeleitet, dem sie dann treu bleibt.

Möchte eine Marke diesen Erfolgsfaktor für sich nutzen, bedarf es eines Stil-Audits, basierend auf der Markenstrategie und zum Beispiel der Definition eines moderneren Zielbildes. Diesem muss man sich behutsam annähern, damit die Marke noch zu erkennen ist.

Von radikalen und schnellen Designwechseln raten wir ab. So musste Bahlsen erfahren, welche Auswirkungen es hat, wenn sich das Gewand für die Zielgruppe zu schnell wandelt.

8. Dehnung des ursprünglichen Produkts

Dieser Erfolgsfaktor ist vor allem in der Übergangsphase zwischen Newcomern und etablierten Marken zu beobachten. Es erfordert bereits eine gewisse Markenstärke, um eine erweiterte Produktpalette, neue Variationen und Ergänzungen einführen zu können.

Durch die geschickte Diversifizierung ihres Sortiments können Marken ihre Relevanz steigern und sich als vielseitige Anbieter etablieren – und das, ohne ihre Kernwerte und Qualitäten zu vernachlässigen. Ein Fit zur Marke ist dabei unerlässlich.

Wenn junge FMCG-Marken diese acht Erfolgsfaktoren gezielt umsetzen und dabei ihre eigene Herangehensweise finden, können sie ihre Identität stärken, die Kundenbindung verbessern und langfristige Erfolge feiern.

Autor

Tabea Höllger

Partner

Top Unternehmensberatung 2023: BrandTrust

Hattrick: Wir sind auch 2023 im Ranking der FOCUS Top Unternehmensberater

Bereits das dritte Mal in Folge wurden wir 2023 vom Wirtschaftsmagazin FOCUS als Top Unternehmensberatung ausgezeichnet. Auch in diesem Jahr wurden die exzellente Leistung und die im Gedächtnis bleibende Kompetenz unserer Berater sowohl von Kunden als auch von Kollegen wertgeschätzt.

Wir freuen uns über diese Wertschätzung und danken unseren Kunden und Kollegen.

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