Schon vergangenes Jahr, als Mars Food ankündigte, Uncle Ben's zu ändern in Ben's Original, haben wir heftig diskutiert: Ist dieser Schritt richtig? Müssen solche Anpassungen sein, um gesellschaftlichen Erwartungen gerecht zu werden, was Rassismus und Diskriminierung betrifft?
Jetzt kommen die neu gestalteten Ben's Original-Produkte in die Läden.
Es steht außer Frage, dass der alte Markenname rassistische und diskriminierende Strukturen enthält. Er kann verstanden werden als Reminiszenz an alte, unzeitgemäße Strukturen, die wir endlich überwinden müssen. Von daher ist eine Umbenennung prinzipiell nachvollziehbar und vielleicht sogar begrüßenswert.
Dennoch: Ich bin zwiegespalten. Zwei Punkte lassen mich zweifeln:
Dass der Markenname womöglich rassistische Hintergründe enthält, wissen wir nicht erst seit letztem Jahr. Man hätte also längst reagieren können. Meine Vermutung: Erst als der öffentliche Druck zu groß wurde und zugleich als Nährboden perfekt, um eine solche Neuerung mit Pomp zu inszenieren, bewegten sich Mars Food und Uncle Ben's.
Ich meine: Ein solch schnelles Anpassen ist ein Indiz dafür, dass ein Unternehmen taktisch vorgeht.
Dass die Markenidentität von Uncle Ben's von einem Tag auf den anderen zugunsten einer neuen ausgelöscht wird, zeugt weder von Tiefe, noch von einer klaren Markenidee oder Story. Mit diesem Vorgehen entlarven Mars und Ben's Original: Die über Jahrzehnte geführt Marke war für sie eine reine Marketinghülle, die man einfach polieren und verändern kann.
Die eine Oberfläche kommt weg, die andere kommt drauf – und fertig ist das Marketingkonstrukt, das viele Kunden anziehen soll.
Diese Signalwirkung finde ich sehr, sehr schwierig. Die entscheidende Frage in der Markenführung muss doch sein: Auf welcher Grundlage entstand unsere Marke? Woher kommt sie? Was ist ihre Identität, ihr Hintergrund?
Es gibt inzwischen sehr viele Marken, die mit Quasi-Identitäten aufzutrumpfen versuchen. Marken, die uns Storys vorgaukeln, die es nicht gibt. Marken, welche die Anziehungseffekte starker Brands für sich nutzen wollen.
Man könnte sagen: Das ist völlig normales Geschäft. Dieses Argument lasse ich aber nicht gelten. Ja, es ist völlig richtig, sich an aktuelle thematische Nährböden und Bewegungen anzupassen. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Nichtsdestotrotz: Die Art und Weise, wie Mars vorgeht, entlarvt die eigentliche Absicht.
Irritierend finde ich auch, dass Mars Food die fehlende Tiefe, welche die Marke nicht hat, versucht über weitere Marketingaktionen zu kompensieren. Die neue Kernidee sei, eine integrativere Zukunft zu schaffen. Der Relaunch soll laut Mars Food ein Schritt sein, um „im Bestreben der Marke, eine integrativere Zukunft zu schaffen und gleichzeitig weiterhin erstklassigen Reis zu produzieren".
Wieso ist man da nicht schon früher draufgekommen? Das wirkt ein bisschen, als wolle man Abbitte leisten oder sich freiwaschen von den Altlasten der Vergangenheit.
Lars Sonnenberg, Geschäftsführer von Mars Food in Deutschland, verspricht in der dazu gehörenden Pressemitteilung: „Ben's Original ist mehr als nur eine Namens- und Verpackungsänderung: Wir engagieren uns, damit alle sich willkommen und gehört fühlen". Man setze sich für die Förderung von Diversity und Gleichberechtigung ein, so Sonnenberg weiter, „ganz im Zeichen unserer neuen Markenidentität".
Um diese neue Markenvision mit Leben zu füllen, schloss Mars Food eine Kooperation mit der Tafel Deutschland – mit über 950 lokalen Tafeln und über 2.000 Ausgabestellen eines der größten Freiwilligennetzwerke Deutschlands. Ziel ist, den Tafel-Besuchern Zugang zu ausgewogener Ernährung zu ermöglichen. Ben's Original spendet Produkte und Geld. Noch 2021 will Ben's Original mehr als zwei Millionen Mahlzeiten auf die Tische bringen.
Die Partnerschaft sei auf langfristige Unterstützung ausgelegt, verspricht Mars Food. Für Januar 2022 sind beispielsweise Verkaufsaktionen geplant, deren Erlöse der Tafel zugutekommen sollen.
Warum das alles jetzt, mit dieser neuen Markenidentität, angegangen wird, erschließt sich mir nicht. Das finde ich schade, denn diese Aktion ist sehr schön! So aber gerät sie ins Fahrwasser der als kritisch zu betrachtenden Markenveränderung.
Haben Sie Fragen oder Anregungen zu diesem Kommentar? Dann schreiben Sie uns gerne. Wir freuen uns auf Ihre E-Mail.
Diese Inhalte könnten Sie ebenfalls interessieren:
Menschen brauchen neue Vertrauensanker: Marken müssen die Chance nutzen
Impact Brands: Was etablierte Marken von ihnen lernen können
Bereits das dritte Mal in Folge wurden wir 2023 vom Wirtschaftsmagazin FOCUS als Top Unternehmensberatung ausgezeichnet. Auch in diesem Jahr wurden die exzellente Leistung und die im Gedächtnis bleibende Kompetenz unserer Berater sowohl von Kunden als auch von Kollegen wertgeschätzt.
Wir freuen uns über diese Wertschätzung und danken unseren Kunden und Kollegen.
Möchten Sie ein unverbindliches Telefonat mit uns vereinbaren oder haben Fragen zum Angebot? Dann füllen Sie einfach dieses Formular aus und wir setzen uns zeitnah mit Ihnen in Verbindung.