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15. Juni 2020

So führen Sie Ihre Luxusmarke in eine erfolgreiche Zukunft

Es hat auch die Luxusbranche getroffen und ein Schrumpfen des Marktes wird vorhergesagt. Daher gilt für die Manager ihrer Marken: Sie brauchen besonders viel Geduld. Plus eine gesunde Skepsis gegenüber schnellen Erfolgsversprechen.

Es war zu befürchten: Nun hat es auch die Luxusindustrie getroffen. Bain prognostiziert ein Schrumpfen des Marktes um bis zu 35 % (Quelle). 

Was sich schon jetzt im mittelpreisigen Segment beobachten lässt: unkontrollierte Rabattierungen, um die Ware loszuwerden. Sollte sich die Luxusmarken ebenfalls dazu hinreißen lassen, ist der Markenverfall programmiert. Gerade wenn die Unersättlichkeit – nach dieser kurzen, aber intensiven Zeit des Darbens – wieder die Oberhand gewinnt, werden von überambitionierten Jungmanagern klassische Fehler gemacht.

Mit fünf Ratschlägen wollen wir zum Nachdenken anregen:

1. Bitte kein Aktionismus in unsicheren Zeiten

Die Krise hat zugeschlagen. Aber Jahrzehnte lange konsequente Arbeit gleich über den Haufen zu werfen und strategische Eckpfeiler, wie Werte und Positionierung, komplett in Frage zu stellen? Gerade Luxusmarken leben von ihrem Gründungsmythos, den damit verbundenen Werten und ihrer selbstähnlichen Weiterentwicklung. Übereiliger Aktionismus hat hier nichts verloren.

2. Denken Sie in Dekaden, nicht in Jahren.

Das ist einer der größten Fehler, der beim Aufbau einer Luxusmarke gemacht wird: das Timing zu unterschätzen. Denn die Lern- und Entscheidungszyklen dauern beim Luxuskonsum am längsten. Das liegt weniger am Geld, obwohl das Ansparen ebenfalls ein Grund sein kann. Der Hauptgrund ist: Der Sinn für hintergründige Qualität muss sich erst entwickeln, ebenso der Sinn für Codes und Kontext. Es geht um Kennerschaft der Marken, ihrer Aussagen und Produkte.

Luxusprodukte zelebrieren die „Nicht-Notwenigkeit": Es besteht häufig keine Notwendigkeit, diese zu kaufen. Deshalb ist beim Aufbau einer Luxusmarke eher in Dekaden zu rechnen, nicht in Jahren. Businesspläne, mit denen in kurzer Zeit zu viel erreicht werden soll, sind mit größter Vorsicht zu genießen.

Zwar etablierten sich junge Streetwear-Marken wie Vetements und Off-White verhältnismäßig schnell im luxuriösen Preissegment. Sie müssen aber erst beweisen, dass sie ihre gefeierte Nonkonformität über weitere Jahre hochhalten können.

3. Ihre Luxusmarke muss ausschließen, um begehrenswert zu sein

Im Zusammenhang mit Luxusmarken fällt schnell das Wort „exklusiv". Zu Recht, denn der Begriff — er entstand aus dem lateinischen Verb „exkludere" – heißt übersetzt „ausschließen". Genau das müssen Luxusmarken: ausschließen. Sie müssen, zu einem gewissem Grad, unerreichbar sein: Durch ihren Preis, ihre Erhältlichkeit, ihre Produktsprache und ihre Codes. Ihre Distinktion vom Gewöhnlichen erhöht die Begehrlichkeit bei der Käuferschaft umso mehr.

Das mussten alle Luxusmarken lernen, die an zu vielen Orten erhältlich waren. Die Durchschnittspreise sanken, zwangsläufig. Die für eine echte Luxusmarke so wichtige, global einheitliche Markenwelt erodierte. Um dem entgegenzuwirken, reduzierten Luxushäuser ihre Distribution massiv. Manche wurden selbst zu Einzelhändlern, damit sie ihre Marken komplett in der Hand behalten können.

Das bedeutet: Luxusmarken, die aus reiner Wachstumsgier diesen Grundsatz nicht beachten, geraten in die Gefahr, gewöhnlich zu werden. Diese Gewöhnlichkeit ist der größte Feind aller Marken.

4. Lassen Sie im Social Web Nähe zu – mit gesunder Distanz.

Die Millennials fordern die Luxusmarken heraus: Sie lieben den Luxus, aber sie wollen nicht nur kommunizieren. Sie suchen Nähe, wollen interagieren und eine Beziehung mit „ihrer" Marke führen.

Für Luxusmarken ist das ein Dilemma, denn für sie gilt: Sie müssen sich rar machen, damit ihre Begehrlichkeit wächst. Nach dem Prinzip „Willst Du gelten, mach Dich selten". Eine Luxusmarke muss schwer zu bekommen und zu erreichen sein, damit sie das gewünschte Preispremium erreicht. Vorbilder und Idole leben von ihrer Unerreichbarkeit. Dieser Lebensnerv der Luxusmarken darf nie durch Anbiederung abgetötet werden.

Luxusmarken müssen im Social Web die passende Balance aus Nähe und Distanz finden. Auch virtuell müssen sie (ver)führen: Das beginnt bei der richtigen Auswahl der Testimonials oder Influenzer bis hin zur Taktung der Posts und dem passenden Auftritt im E-Commerce. Das Ranwanzen mit inflationären Story-Beiträgen ohne Gehalt sollten sie anderen überlassen. Sie dürfen nichts und niemandem nachlaufen.

5. Reife Märkte segmentieren sich.

Eine wichtige Erkenntnis unserer Arbeit lautet: „Luxury sells". Egal, wie arm eine Volkswirtschaft ist, rund 8 % der Bevölkerung kann als wohlständig und luxusaffin gelten. Das ergibt in Riesenökonomien wie China oder Indien (zusammen über 2,7 Milliarden Menschen) mehr als 200 Millionen Luxuskunden. Diese Märkte beginnen erst, sich zu segmentieren. Superpremium- und Premiumsegmente sowie Discount- und Value-Segmente bilden sich erst aus. Gerade auf dem östlichen Kontinent wird Luxus gern extrovertiert zur Schau gestellt.

Das ist die Herausforderung, der sich die Manager von Luxusmarken stellen müssen, um weltweit erfolgreich zu sein: Es muss ihnen gelingen, die unterschiedlichen Motive der globalen Käuferschaft in ihrer Marke zu vereinen.

Marktsegmentierungen beginnen immer Top-Down. Die Märkte hierzulande, deren Kunden mehr Tiefe verlangen, haben einen anderen Reifegrad erreicht. Hier verlieren die Menschen zunehmend die Lust am lauten Luxus. Der Prunk weicht zu Gunsten des stillen, stark codierten Luxus. Understatement, leiser Genuss und Freizeit ist die Währung der ausgebildeten Gesellschaften.

Damit kommt den Luxusmarken eine weitere, volkswirtschaftlich relevante Bedeutung zu: Weil sie die Kunst beherrschen, nicht nur Bedürfnisse zu befriedigen, sondern auch Wünsche, Träume, Sehnsüchte und Hoffnungen, schärfen sie den Sinn für Qualität und Kennerschaft. Sie tragen in ihren Zielgruppen dazu bei, differenziert einzukaufen, was wiederum Wertschöpfung und Nachhaltigkeit fördert.

Beispiel Loro Piana: Erfolg dank geringer Markenbekanntheit

Wir dürfen annehmen, dass die Marke Loro Piana nur einem kleinen Kreis auf Anhieb bekannt ist – wenn überhaupt. Dennoch ist die Luxusmarke sehr erfolgreich. Ihr Beispiel zeigt: Markenbekanntheit ist nicht nötig für Erfolg. Das ist ein Irrglaube vieler Markenmanager.

Als im Sommer 2013 bekannt wurde, dass die Brüder Sergio und Pier Luigi ihr Unternehmen Loro Piana für spektakuläre 2,7 Milliarden Euro an den französischen Luxusgüterkonzern LVMH abgegeben hatten, staunte selbst die Fachwelt nicht schlecht. Auch sie hatte den Wert dieser Marke, deren Bekanntheit sich auf eine relativ kleine Zielgruppe gut betuchter Kenner beschränkte, mächtig unterschätzt.

Seit 1924 hatte sich die Familie Loro Piana im Piemont der handwerklichen Produktion von Wolle und Stoffen verschrieben. In sechs Generationen brachte sie es zu einem weltweit geschätzten Luxusanbieter im Stoffsektor. Zuletzt vertrieben 130 eigene Markengeschäfte die Kreationen weltweit. Noch viel größer ist der Anteil an Zulieferungen der Edelstoffe für handverlesene Konfektionsanbieter.

Das Geheimnis der Loro Pianas war seit jeher, die gesamte Wertschöpfungskette ihres Produktes zu kontrollieren und in puncto Qualität nichts dem Zufall zu überlassen. Zudem waren die Verwender der Loron Piana-Stoffe verpflichtet, ihre Endprodukte mit dem Label des Stofflieferanten auszustatten, und zwar im sichtbaren Bereich an der Innenseite der Sakkos. Damit avancierte die Marke zum Gütesiegel und trieb ihre Begehrlichkeit sukzessive nach oben: Ein Anzug aus Loro Piana-Stoffen wurde – unabhängig von seinem Hersteller – zu einem besonderen Stück.

Die piemontesischen Unternehmer arbeiteten mit größter Konsequenz ausschließlich an der Begehrlichkeit ihres Produkts. Sie unterließen es, die allgemeine Bekanntheit erhöhen zu wollen. Es war ihnen schlichtweg egal, ob jedermann ihre Marke kannte, ob ungestützt oder gestützt. Sie wussten, dass der Unternehmenswert am Faktor Attraktivität gemessen wird – und nicht an jenem der umfassenden Bekanntheit.

Weitere Anregungen für das Führen von Luxusmarken bekommen Sie in unserer Luxury & Brands-Studie "Digital Luxury: How The Digital Transformation Shapes Luxury Brands" (2018)

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Dr. Judith Scholz

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Genau das müssen Luxusmarken: ausschließen. Sie müssen zu einem gewissem Grad unerreichbar sein.

Autor

Dr. Judith Scholz

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