Die Gastronomie ist im Wandel: Während Franchise- und Fast-Food-Konzepte wie McDonalds, Burger King und Subway sich schwer tun, erobern immer neue Gastronomiekonzepte die Gunst der Kunden. Der Food-Truck-Hype ist kein Hype mehr, sondern elementarer Teil der Gastronomie. Im Wochentakt eröffnen Szeneläden, die Standardprodukte wie Burger oder Pizza auf ein neues Level heben. Der Wandel scheint nicht nur McDonalds & Co. unter Druck zu setzen, sondern auch arrivierte Restaurants, die im Wettbewerb zu wenig Differenzierungfaktoren und Spitzenleistungen bieten, um Kunden zu halten oder neue zu gewinnen.
Innerhalb dieses bewegten Marktes zeigt eine ehemals kleine Brezelbäckerei, wie man relevant bleibt und seine Marke auch in sich verändernden Umfeldern erneuern kann: die Nürnberger Brezenbäckerei Kolb.
Was steckt hinter dem Erfolg der Marke? Warum stehen in Kolbs kleinen Verkaufsständen (ca. 5 qm) 3 bis 4 Mitarbeiter, die mit vollem Einsatz schmieren und verkaufen, um die langen Schlangen zu bedienen – während bei der Konkurrenz die Verkäufer am Handy spielen oder Zeitung lesen? Und warum fällt es am sogenannten „Brezen-Drive-in" schwer, einen Parkplatz zu ergattern?
Historie schafft Glaubwürdigkeit und Vertrautheit – das hat Kolb verstanden
Ein elementarer Unterschied zur Konkurrenz: Kolb hat eine jahrzehntelange Historie und weiß sie zu nutzen. Seit jeher verschrieb sich die Bäckerei voll und ganz dem Backen und Verkaufen von Brezeln. 1957 wurde das Unternehmen von Heinz und Anneliese Kolb gegründet und befindet sich noch heute in Besitz der Familie, es wird in dritter Generation von Enkel Peter Wolfschmidt geführt. Inzwischen verkauft das Unternehmen täglich rund 60.000 Brezeln in und um Nürnberg.
Entscheidend ist, dass Kolb die Historie einsetzt, um Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufzubauen. Im Brezen-Drive-in werden nicht nur Image-Filme gespielt, sondern auch Bilder aus den Gründungsjahren gezeigt, etwa wie die Kinder des Ehepaars Kolb die ersten Fußstapfen im Betrieb machten. Die Bilder aus der Vergangenheit vermitteln die jahrzehntelange Erfahrung, die sich wiederum in der Qualität des Produktes wiederfindet.
Mit Erfahrung und Handarbeit zur besten Brezel der Stadt
Über die Jahre hat die Familie einen genauen Prozess etabliert und Techniken entwickelt, mit denen sie die Qualität der Brezen auf konstant hohem Niveau hält. Kolbs Brezen werden nicht auf Aluminiumblechen, sondern im Steinofen gebacken. Eine Stunde muss jede Breze nach kurzer Kühlzeit in einen Gärschrank, um das Schrumpfen zu verhindern, die Brezen aber gleichzeitig kross machen.
Außerdem reagiert das Gebäck empfindlich auf die falsche Temperatur, Feuchtigkeit oder Luftdruck, sodass Kolb im Winter auf die Kälte, sowie im Sommer auf die Schwüle mit Detailänderungen an der Wassertemperatur oder den Zutaten reagieren muss, um die Qualität zu wahren. Abgerundet wird der Herstellungsprozess von echter Handarbeit: Weil Kolb als einer der wenigen Bäckereien feines Meersalz benutzt, wird jede einzelne Brezen zum Ende nochmals von den Bäckern in die Hand genommen und mit Salz bestreut. Dass die Bäckerei kein Schweinefett in der Produktion nutzt, das die Haltbarkeit der Brezen erhöhen würde, zeigt den Willen zur absoluten Frische.
Der Brezen-Drive-in dient der Inszenierung
Neben handwerklichem Können trägt eine weitere Spitzenleistung zum Markenerfolg bei: Kolb entwickelte die erste automatische Brezenanlage in Deutschland. Mithilfe dieser Technologie wurde das Wachstum des Unternehmens weiter forciert. Der hintere Teil des Brezen-Drive-in enthält die Brezenanlage des Unternehmens. Lokalbesucher können über mehrere Fenster die Produktion beobachten. Die Frische wird vermittelt, indem die Brezen direkt von einem Laufband über eine Rutsche in der Küche landen – die man als Gast ebenfalls einsehen kann und dabei zusehen kann, wie die Brezen geschmiert werden.
Starke Grenze – bei Kolb dreht sich alles um die Brezen
Bei genauerer Betrachtung der Küche wird es manch einen verwundern, dass hinter der Theke nicht nur die üblichen belegten Brezen zubereitet und verkauft werden. Wie bei den großen Fast-Food-Ketten, etwa McDonalds oder Burger King, gibt es im Brezen-Drive-in ein breites Sortiment – etwa Currywurst, Salate oder Pizza. Während solche Angebote bei McDonalds & Co. aufgrund der fehlenden Passung kritisch beäugt werden, wirkt es bei Kolb anders.
Der Unterschied liegt an der klaren Grenze Kolbs: Currywurst, Salate, Pizzen und Burger sind in diesem Fall glaubwürdig, weil sie alle Brezen-Elemente enthalten. Zur Currywurst werden Laugen-Pommes gereicht, die Salate durch Brezel Croutons verfeinert, die Pizza auf Laugenteig gebacken und der Burger in einer Brezel serviert. Man spürt förmlich, wie diese Grenze Kolbs Kreativität anregt.
Die Kolb-Lebkuchen Chance oder Gefahr?
Allerdings: Zur Weihnachtszeit verkauft Kolb Lebkuchen. Wird also die Markengrenze nun doch aufgeweicht? Endgültig kann man diese Frage nicht beantworten. Es lässt sich nur sagen: Die Lebkuchen schmecken und zwar irgendwie anders als andere Nürnberger Lebkuchen.
Es scheint, als habe Kolb mit den Lebkuchen seine Wurzeln zum Teil verlassen – gleichzeitig aber den Anspruch an Geschmack und Qualität erhalten. Es scheint, als ob es Kolb liegt, Rezepte zu verändern, ohne zu revolutionär zu sein. Aus vermeintlicher Gefahr könnte also eine Chance werden, sofern den Konsumenten erklärt wird, wie sich Leistungen und DNA Kolbs in diesen Produkterweiterungen wiederfinden. Nicht selten verpassen es Unternehmen in dieser Situation, ihren Kunden glaubwürdige und passende Markendehnungen durch Storytelling zu vermitteln.
Markenkontaktpunktmangement als Erfolgsfaktor
Kolb überzeugt auch durch sein Markenkontaktpunktmanagement – und damit ist nicht nur das Managen von Werbematerialien oder die Verkaufstheke gemeint. Bei allen Mitarbeitern ist eine heutzutage fast ungewohnte Offenheit zu spüren, Hilfsbereitschaft und Leidenschaft. Man wird freundlich beraten, kein Sonderwunsch wird abgeschmettert, an allen Verkaufsstellen. Auch die Fenster zur Produktion und die Brezen-Rutsche machen deutlich: Kolb nutzt seine Markenkontaktpunkte als Plattformen, um seine Spitzenleistungen zu vermitteln und den Charakter der Marke zum Ausdruck zu bringen.
Kann Brezen Kolb dank seiner Marke weiter wachsen?
Das Wachstum des Unternehmens kennt derzeit scheinbar keine Grenzen. Innerhalb von knapp fünf Jahren erhöhte sich die Zahl der täglich produzierten Brezen von rund 20.000 auf 60.000 Stück. Zahlreiche Unternehmen, Kindergärten und Schulen werden von Kolb täglich beliefert. Immer mehr Stehcafés und Lokale wie der Brezen-Drive-in werden eröffnet – kann Kolb also praktisch endlos wachsen?
Prinzipiell steht der Expansion des Unternehmens nichts im Weg – allerdings nur, wenn die Marke weiterhin so konsistent geführt wird und die Grenzen der Marke gewahrt werden. In dem Moment, in dem unfreundliche, leidenschaftslose Mitarbeiter die Brezen verkaufen oder die Brezen als Kernprodukt aufgegeben wird, könnte es vorbei sein mit dem Wachstum. Als warnende Beispiele dienen Volkswagens Ausflug ins Luxussegment mit dem Phaeton oder die Einführung von Red Bull Cola unter der Marke Red Bull.
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Colin Fernando
Partner
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