April 2009 steckte ich gerade mitten im Abitur – und ich lechzte nach einer Chance, dem Lernen für wenigstens einen Tag zu entfliehen. Der Geburtstag einer Freundin kam da wie gerufen. Ich suchte nach einem passenden Geschenk: ein Tagesticket für eine erholsame Oase für uns beide.
Das noch unbekannte (und damals halb so große) Mediterana, eine Thermal- und Saunalandschaft in Bergisch Gladbach ("vor den Toren Kölns"), schien mir wie geschaffen – also nichts wie hin. Seit diesem ersten Besuch bin ich Stammkunde und treuer Fan dieser „Urlaubsdestination" und Marke. Ihre einzigartige luxuriöse Gestaltung schafft ein Ambiente, in dem sich jeder Gast wie ein König fühlen kann.
Studien zeigen, dass die Wirkung eines Urlaubs nicht von der Dauer abhängt, sondern von der Qualität der Entspannung. Ein Tag entspannen im Mediterana wirkt für mich wie ein zweiwöchiger Urlaub. "Das Mediterana ist wie ein geschützter Raum – ähnlich einer Schneekugel – in der man zur Ruhe kommt, entschleunigt und seinen Akku wieder auflädt", sagt Oliver Mathée, seit 2013 Mediterana-Geschäftsführer.
Natürlich könnte man hier einwenden, das sei ja wohl Voraussetzung für eine solche "Mini-Destination". Wie schafft es das Unternehmen, dieses Versprechen nicht nur einzulösen, sondern sogar meist zu übertreffen? Wie gelang es ihm, eine Marke mit einer dermaßen starken Anziehungskraft aufzubauen, dass inzwischen unzählige Besucher aus ganz Europa anreisen? Was macht das Mediterana (Claim: "Das Tor zur Sonne") anders?
Das Mediterana hat starke Grenzen – und das wirkt anziehend
Das Zauberwort für den Erfolg lautet: "Nein!" Starke Marken wie das Mediterana setzen sich feste, aber zukunftsfähige Grenzen und richten jedes Detail – jeden sogenannten Brand Touchpoint – danach aus. Dahinter steckt häufig eine Haltung, die in einer Mission oder Vision ausgedrückt und durch dazu passende Leistungen sichtbar werden soll.
Zu Beginn, im Jahr 2000, schwappte dem Projekt mehr Pessimismus als Optimismus entgegen: "Dat is doch ne Totjeburt", soll einer der rund 700 Gäste bei der Eröffnungsfeier gesagt haben. Was nicht aus der Luft gegriffen war, angesichts ernst zunehmender Konkurrenten im Ballungsgebiet Rhein-Ruhr, etwa die Claudius-Therme in Köln.
Zur Geschichte: In den neunziger Jahren suchte die Stadt Bergisch Gladbach einen Investor – das alte Hallen- und Wellenbad an der Saaler Mühle sollte umgebaut werden. Den Zuschlag bekamen Finanzkaufmann Ernst-Werner Ruhbaum (als Inhaber) und sein damaliger Geschäftsführer. Ihr Ziel: Sie wollten eine Urlaubs- und Freizeitwelt errichten, deren Offerten weit über das Angebot übliche Sauna- und Wellnessanlagen hinausgeht.
Starke Marken erschaffen Assoziationen
Auf der Suche nach einer grundlegenden Philosophie orientierten sich die Gründer an den Sehnsüchten der vorwiegend deutschen Gäste. Als Reiseweltmeister verbringt ein Großteil der Deutschen ihren Urlaub im Ausland, meist in Ländern rund um das Mittelmeer. Wer weder Zeit noch Geld hat, um mal eben in solche Länder zu reisen, sollte im Mediterana eine Urlaubsatmosphäre vorfinden wie in Spanien, Marokko oder dem Orient, ohne in den Flieger steigen zu müssen.
Passenderweise hat die öffentliche Badekultur ihre Wurzeln in Südeuropa und in den maurisch-arabischen Ländern. So wurde beispielsweise die Waschtradition „Hamam" von Griechen und Römern erfunden, dann von Mauren übernommen und weiterentwickelt. Das Thema einer römisch-griechischen oder türkischen Badekultur wird zwar von vielen Thermen aufgegriffen, es ist also weder neu noch einzigartig. Doch starke Marken nutzen Assoziationen und Emotionen, gepaart mit dem Erfüllen von Lebensknappheiten wie Entspannung und Entlastung, um die nötige Anziehungskraft zu erzeugen. Und je konsequenter sie dies tun, desto anziehender werden sie.
Die in die Höhe schnellenden Besucherzahlen gaben den Gründern früh recht. Schon der Namen "Mediterana" weckt Assoziationen, etwa von Wärme, Sonne, Gelassenheit, Wellenrauschen, gutem Essen, freundlichen Menschen, duftenden Pflanzen wie Lavendel, Orange oder Olive. Dass es dem Mediterana gelingt, eine südländische Urlaubsatmosphäre zu schaffen, liegt an dem hohen Qualitätsanspruch und in der Liebe zum Detail.
Türen und Tore stammen fast alle aus Indien
Oliver Mathée griff an den Tisch, an dem ich mit ihm in seinem Büro saß, und sagte: "Hier ist einfach alles echt": auch die Dekoration, die Zeremonien, die eigens für das Mediterana entwickelten Duftkompositionen und Anwendungen.
Für jeden neuen Erholungsbereich machte sich das Management auf die Reise in die entsprechenden Regionen, etwa Persien, den Vereinigten Emiraten, Nordafrika oder Indien. Sie studierten die dortigen Kulturen, Menschen, Landschaften, Handwerkskünste und vor allem Architekturen genauestens vor Ort. Deshalb wurden im Mediterana viele Elemente mit Methoden aus den Herkunftsländern von Hand gefertigt. Die Lampen wurden in marokkanischen Märkten gekauft. Die Türen und Tore stammen fast alle aus Indien, von einfachen Bauern- oder Stadthäusern, manchmal auch von Palast- oder sogar Tempeleingängen. An manchen Türen finden sich sogar noch Hausnummern.
Die kulturelle Vielfalt findet sich auch in der Belegschaft wieder: 180 Mitarbeiter aus rund 20 Nationen arbeiten in der Anlage. Es gibt für sie keinen gesonderten Personaleingang: auch sie kommen in den Genuss, in die große, beeindruckende Eingangshalle zu schreiten – das erinnert sie tagtäglich an den Anspruch des Hauses.
Auch die Restaurantmanager verstehen die Marke
Besonderheiten gibt es auch bei den 15 Sauna- und Bäderkreationen: Das "Haus der Elemente" etwa ist die bislang einzige Sauna mit integriertem Fußbad und offen brennendem Feuerplatz. Der Himalaya-Salzstollen, ein rundum mit rosa Salzsteinen ausgekleideter Raum, ist dank des patentgeschützten Aufhängeverfahrens europaweit einzigartig.
Ergänzt wird die Erlebniswelt von Thermal-, Ruhe- sowie Fitnessbereichen, Bars sowie drei Restaurants. Sie werden in Zusammenarbeit mit festen Partnern geführt. "Die wissen, was wir wollen", so Mathée. Dieses Verständnis ist wichtig: So wurden von manchem Architekt modernste Lichtkonzeptionen vorgeschlagen – und kategorisch abgelehnt. "Das sind wir nicht. Wir laufen keinen Trends hinterher. Wir setzen sie", sagt Mathée. Als nächstes soll ein thematisch passendes Hotel das Gesamterlebnis vervollständigen.
Das Mediterana gehört zu den luxuriösen, hochpreisigen Wellnessanlagen. Doch derzeit kommen immer wieder Vorwürfe auf, es verlöre seinen gehobenen Anspruch und damit letzten Endes sein höchstes Gut: eine authentische Urlaubsatmosphäre.
Beschwerden im Social Web als Frühwarnsystem verstehen
Wie entsteht dieser Eindruck? Etwa, wenn in den sozialen Medien ein Gast seinem Ärger Luft macht: über reservierte Liegen, laute Gespräche, ungeniertes Essen und Trinken fernab der Restaurants. Tatsächlich scheint es einen gestiegenen Bedarf an Erziehung der Gäste zu geben, angesichts der stetig wachsenden Zahl an Hinweisschildern, Infobroschüren und Werbetafeln. Auch zunehmend gestresste Mitarbeiter mögen ein Symptom dessen sein.
Zudem verhindern Preisschilder an den Lampen, offene Techniktüren, Diebstahlsicherungen an den Textilien oder Rabattaktionen für vergünstigte Eintrittspreise ein stimmiges Gesamterlebnis.
All diese Details könnten gemeinsam zum Problem werden. Denn jeder einzelne Touchpoint einer Marke ist Teil der Gesamtwahrnehmung – und jeder schlecht gemanagte Touchpoint kann die Wirkung einer Marke zerstören.
Jeder Kontaktpunkt entscheidet, wie eine Marke wahrgenommen wird
Auch wenn das Mediterana mit Sicherheit nicht die einzige Freizeitanlage ist, welche die Gratwanderung zwischen Flair und Pragmatismus meistern muss: Je mehr Brand Touchpoints unangenehm auffallen, weil sie nicht dem Versprechen einer gehobenen Urlaubs- und Aufenthaltsqualität entsprechen, desto häufiger werden Kunden enttäuscht – und desto mehr Anziehungskraft verliert die Marke Mediterana.
Eine kleine Anekdote verdeutlicht dies: Während eines Besuchs sah ich mir den "Wunschbaum" genauer an. Nach hinduistischer Mythologie werden Wünsche auf ein Blatt Papier geschrieben, an einen Baum gehängt und am Ende der Woche verbrannt, damit sie über den Rauch in den Himmel aufsteigen. In zahlreichen europäischen Sprachen fanden sich dort Wünsche wie "Gesundheit, Liebe, langes Leben" wieder. Ein Wunsch unterschied sich von den anderen – und aus meiner Sicht sprach er Bände: "Ich wünsche mir keine 24-Euro-Gäste".
Die Herausforderung des Mediteranas besteht in Zukunft darin, zu wachsen ohne seinen Fokus zu verlieren und ohne seinen Ursprung zu vergessen. Es darf nicht aus dem selbstgesetzten Rahmen eines hochwertigen Sehnsuchtsortes vor den Toren der Stadt ausbrechen.
Das bedeutet zum einen, dass in Mitarbeiter und Bausubstanz investiert werden muss. Und es bedeutet, dass das wertvolle Gesamterlebnis erhalten bleiben muss – etwa durch das Rückbesinnen auf die Liebe fürs Detail, an jedem Brand Touchpoint. Außerdem muss sich das Mediterana weiterhin den Respekt und sogar eine Art Ehrfurcht der Gäste erarbeiten: das wäre die höchste Form der Wertschätzung. Das alles gelingt aber nur, wenn die Gäste die Spitzenleistungen erkennen. Sind sie sich zum Beispiel darüber im Klaren, dass sie durch originale Tore aus Tempeln schreiten?
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