Abstract
Die „Corporate Social Responsibility (CSR)“ ist inzwischen Common Sense, Unternehmen können damit nicht mehr aufmerksamkeitsstark punkten. Wie muss sich CSR weiterentwickeln? Welche gelungenen Beispiele gibt es? Warum sind die neuartigen Impact Brands so beliebt bei Millennials und der Generation Z – und was bedeutet diese Vorliebe für traditionelle Marken? In dem Dreiteiler „Die Ära post CSR – Neue Erwartungen an Unternehmen und Marken“ analysieren wir diese einschneidende Veränderung, der sich Unternehmen stellen müssen.
Was erwarten Menschen von Marken? Eine Studie von Futerra zeigt: 88 % wollen, dass Marken ihnen helfen, umweltfreundlicher und ethischer zu handeln (über 1.000 Befragten in den USA und UK). Marken sollen zur positiven Veränderung der Gesellschaft und der Welt beitragen. Was heute zählt, ist „Impact".
Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass neben dem Suchmaschinen-Riesen Google eine neue Plattform existieren, geschweige denn profitabel sein könnte? Doch genau vor zehn Jahren ging Ecosia an den Start. Sein Ziel: dem weltweiten Problem der Abholzung von Wäldern entgegenzuwirken. Als „grüne Google-Alternative" setzt Ecosia seine Anzeigen-Gewinne dazu ein, um dort Bäume zu pflanzen, wo sie am meisten gebraucht werden.
Das Unternehmen gibt es noch – und das durchaus erfolgreich. Mediale Bekanntheit gewann es mit seinem Kaufangebot an RWE für den Hambacher Forst. Bis heute pflanzte das Unternehmen nahezu 50 Millionen Bäume (die Zahl ist mit einer Sterberate junger Bäume bereinigt). Seine Nutzerzahlen stiegen 2018 auf über eine Million pro Tag.
Ecosia ist ein Paradebeispiel für eine Marke, die „Impact" besitzt. Sie steht für eine Bewegung – in diesem Fall gegen das weltweite Roden von Wäldern. Das ist es, was sie für ihre Nutzer attraktiv macht. Ecosia hilft ihnen, etwas Gutes zu tun. Die Umwandlung in die Rechtsform einer sogenannten Purpose AG verdeutlicht diesen Willen. Das Unternehmen verpflichtet sich damit, keine Gewinne aus dem Unternehmen zu entnehmen, sondern alles zu reinvestieren.
Das bedeutet aber nicht, dass der Wille, einen positiven Beitrag für die Welt zu leisten, und der Wunsch nach wirtschaftlichem Erfolg sich gegenseitig ausschließen. Im Gegenteil: Das „Movement" der Social Entrepreneurs boomt. Ihr starker Wille, eigene Werte zu vertreten und einen echten Wandel einzuleiten, bedeutet nicht, wirtschaftliche Interessen auszublenden.
Social Entrepreneurs sind keine verträumten Gutmenschen, sondern ernstzunehmende Unternehmer. Ihrem Denken liegt das 3-P-Model zugrunde: People, Planet, Profit. Sie wollen Impact erzielen und damit Profit erwirtschaften. Social Entrepreneurs sind diejenigen, die hinter Marken mit echter Wirkung stehen. Sie sind die Begründer einer neuen Kategorie: den Impact Brands. „Social entrepreneurs are not content just to give a fish or teach to fish. They will not rest until they have revolutionized the fishing industry" sagt Bill Drayton, Gründer von Ashoka, einer Non-Profit-Organisation zur Förderung von Social Entrepreneurs.
Profitorientierte Unternehmen konzentrieren sich darauf, sich für eine bessere Nachhaltigkeit (CSR) zu optimieren. Das Ziel nicht gewinnorientierter Unternehmen wiederum ist es, Fehlentscheidungen von Menschen, Unternehmen und Institutionen zu korrigieren. Was Impact Brands antreibt, ist nichts Geringeres als die Welt zu verändern – womit sie auch ihre Märkte revolutionieren. Sie stellen ihre Mission in den Mittelpunkt, bauen ein profitables Geschäftsmodell rundherum und richten an dieser Zielsetzung ihre Aktivitäten aus.
Eine Impact Brand ist TOMS®. Während einer Argentinienreise sah der Gründer Blake Mycoskie, dass die Kinder dort keine Schuhe trugen, die ihre Füße schützen konnten. „Und ich verspürte sofort den Wunsch, die Verantwortung, etwas zu tun" sagt er. Er entschloss sich, eine Schuhmarke zu gründen, die für jedes verkaufte Paar ein weiteres Paar an bedürftige Kinder spendet. So entstand diese „One for OneTM"-Bewegung.
Damit nicht genug. TOMS® verwendet ausschließlich veganes Material wie Hanf, Bio-Baumwolle oder recyceltes Polyester. Es gibt kontrollierte Richtlinien für die Herstellung und Schuhkartons sind aus 80 % recycelten Abfallprodukten, die mit Soja-Tinte bedruckt werden. All das wäre noch kein Grund, TOMS® eine Impact Brand zu nennen. Doch TOMS® ist außerdem Mitglied in mehreren Verbänden und Ausschüssen, Mycoskie spricht auf Konferenzen und Branchentreffen, damit das Wissen über nachhaltiges Design und verantwortungsbewusstes Handeln kein USP der Marke TOMS® bleibt. Er teilt seine Erfahrungen mit seiner Branche.
Die Marke Tony's Chocolonely, Hersteller köstlicher Tafelschokoladen, will „Schokolade 100 % sklavenfrei" machen. Anders als seine Konkurrenz behauptet Tony's Chocolonely nicht, die zarteste, geschmacksvollste, von Hand gerührte Schokolade zu verkaufen. Nein! Tony's Chocolonely stellt seine Mission – als Kern der Marke – an erste Stelle, sowohl auf der Website als auch auf den Verpackungen. Das kommt an. Dass die Schokolade auch noch lecker schmeckt, kommt an zweiter Stelle. Der Impact macht den Unterschied.
Ein Pionier unter den Impact Brands ist die Triodos Bank. Anders als für andere Banken steht bei ihr nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund, sondern ihre Wirkung auf Gesellschaft und die Welt. Einmal pro Jahr veröffentlicht sie in ihrem Impact Report, was sie mit dem Geld ihrer Kunden bewirken konnte – insgesamt und pro Kunde.
Für 2018 bedeutet dies für den Bereich Energie & Klima: „Insgesamt haben wir über alle unsere Standorte in Europa hinweg im vergangenen Jahr 410 Projekte finanziert, etwa Wind- oder Solarparks. Mit deren Leistung konnten insgesamt 1,4 Millionen Haushalte mit sauberem Strom versorgt werden. Mit Blick auf die einzelne Triodos-Kundin oder den einzelnen Kunden bedeutet dies, sie oder er hat durchschnittlich dafür gesorgt, dass über zwei Haushalte ihren Jahresbedarf an Energie mit Ökostrom decken konnten." Die Bank sieht alle Banken in der Pflicht, einen breiten Wandel zu fördern.
Triodos ist Mitbegründer der „Global Alliance for Banking on Values", einem unabhängigen, weltweiten Bankennetzwerk, das Finanzmittel für eine nachhaltige, wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung einsetzt. Die Triodos Bank will einen Wandel der gesamten Bankenbranche erreichen und ruft alle Banken dazu auf, sich anzuschließen: „Noch gibt es einfach viel zu viel Geld im Finanzwesen, das in die falsche Richtung fließt. Das müssen wir ändern. Die Welt hat keine Zeit zu warten."
Ein Newcomer, der die Transport- und Lieferbranche umkrempeln will, heißt Matternet. Die Marke will Güter überall auf der Welt so problemlos zugänglich machen wie Informationen. Wie das funktioniert? Über den Aufbau eines Drohnen-Logistiknetzes für den Lufttransport – zu einem Bruchteil der Zeit, Kosten und Energie aller heute verwendeten Transportmittel. Das kann nicht nur in infrastrukturell besonders schlecht angebundenen Regionen Leben retten, beispielsweise in Afrika, sondern auch in infrastrukturell überlasteten Großstädten oder von Naturkatastrophen gebeutelten Regionen.
Wenn Sie sich den TedTalk von Andreas Raptopoulos – Founder und CEO von Matternet – ansehen, verstehen Sie die Dimension des Wandels, die diese Marke vorantreibt. Es ist nicht verwunderlich, dass Investoren und Kooperationspartner nicht lange auf sich warten lassen, etwa Boeing HorizonX Ventures oder Mercedes als Kooperationspartner für ein Pilotprojekt in Zürich.
Impact Brands sind keine Erfindung ausgefuchster Marketingmanager. Sie sind nicht entstanden, um ihre Gründer reich zu machen. Sie wurden vielmehr aus einem tiefen inneren Antrieb geboren, die Welt zu verändern. Das ist der Kern dieser Marken. Ähnlich dem Greenwashing würde hier ein falsches Spiel sofort aufgedeckt werden.
Was Impact Brands stark macht, ist das konsequente Ausrichten allen Tuns auf ihre Mission. Diese Klarheit schafft Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Die Herausforderung für diese Marken wird sein, dass ihre Mission nicht verwässert, sobald das Wachstum einsetzt oder Investoren möglicherweise Druck ausüben.
„Impact Led, Performance Driven" – dieser Leitspruch bringt die Zielsetzung der Impact Brands auf den Punkt. Der Kern dieser Marken ist ihre Mission, das gesamte Unternehmen wird danach ausgerichtet. Die Wirkung auf Gesellschaft oder die Welt zu steigern – daran machen sie ihren Erfolg fest, das ist der Sinn ihres Daseins. Ihre oberste Messgröße heißt „Impact". Doch sind sie gleichzeitig wirtschaftlich ambitionierte Unternehmen – und sie wissen, dass dies alles andere als verwerflich ist.
Erfahren Sie im dritten Teil Die Ära post CSR – Neue Erwartungen an Unternehmen und Marken, was diese Entwicklung antreibt und was sie für Brands bedeutet, die keine Impact Brands sind. Der Artikel erscheint in Kürze. Möchten Sie informiert werden, wenn der Artikel online ist? Dann folgen Sie uns auf Social Media oder schreiben uns eine E-Mail.
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