Ob Flüge, Versicherungen, Girokontos, Handys oder Mietwagen – alles wird heute auf Online-Plattformen verglichen. Ihre Besucher hoffen, dort einen aussagekräftigen Überblick zu gewinnen. Und sie wollen erfahren: Wer bietet den besten Preis? Über 70% der deutschen Internetnutzer recherchieren regelmäßig auf solchen Vergleichsplattformen. Sie werden auch „Two-Sided Markets" genannt, weil sie Angebot und Nachfrage zusammenbringen.
Die Markenführung solcher Plattformen steht vor zwei besonderen Herausforderungen:
Ein Kollege empfahl mir die Plattform billiger-mietwagen.de, als ich einen Mietwagen für den Sommerurlaub suchte. Er persönlich buche in jedem Land seinen Mietwagen über diese Plattform. Besonders der telefonische Service sei sehr kompetent und hilfsbereit.
Solche Empfehlungen sind für Marken Gold wert, weil sie glaubwürdig sind und die Fan-Community wachsen lassen. Auch ich beherzigte den Tipp meines Kollegen und besuchte die Website. Sie ist einfach aufgebaut und leicht zu bedienen. Ein passender Mietwagen war schnell gefunden, die Preise für den einfachen Vergleich aufgelistet. Auch die Bewertung der Mietwagenanbieter durch andere User der Plattformwar auf einen Blick zu erkennen.
Allerdings konnte ich keine Infos zur Kaution finden. Also griff ich zum Hörer. Der Herr am Telefon riet mir, mein ausgewähltes Mietauto mit einer anderen Versicherung zu buchen, einer Variante ohne Selbstbeteiligung. Er hatte gute Argumente und nahm sich Zeit für meinen Anruf. Ich habe mich wirklich beraten gefühlt. Die Buchung hat problemlos geklappt, die Bestätigung kam sofort, ebenso die Informationen zur Versicherung und eine Checkliste, welche Dinge ich vor Reiseantritt beachten muss. Warum dies in drei separaten E-Mails verschickt wurde, kann ich nicht nachvollziehen – aber ich bekam alle Informationen, die ich benötigte.
Der Betreiber von billiger-mietwagen.de, die SilverTours GmbH in Freiburg, beherrscht die Vorkaufphase also sehr gut und bietet eine wirklich positive Kundenerfahrung.
Der erste Schock wartete am Zielflughafen, an der Abholstation des Autorvermieters: Eine meterlange Menschenschlange belagerte sein Büro. Der Urlauber vor uns sagte, er würde seit 2,5 Stunden warten. Es gab Familien mit kleinen Kindern, die – im wahrsten Sinne des Wortes – ihr Zelt aufgeschlagen hatten.
Im Büro des Vermieters waren nur zwei Schalter besetzt, er war offensichtlich nicht auf den Andrang eingestellt. Was nicht nachvollziehbar ist: Weil online gebucht wird, sollte er Zahl und Art der Buchungen, Flugnummern und Abholzeiten kennen.
Auffällig war, wie lange das Abholen pro Kunde dauerte. Dass der lokale Anbieter versuchen würde, eine zusätzliche Versicherung zu verkaufen, hatten wir schon in den Bewertungen anderer Kunden gelesen. Aber mit dieser Penetranz hatten wir nicht gerechnet. Als wir nach über 2 Stunden an der Reihe waren, versuchte die Mitarbeiterin es auch bei uns.
Wir lehnten freundlich ab und wiesen darauf hin, dass wir bereits über Vollkaskoschutz durch die Buchung mit billiger-mietwagen.de verfügten. Aber sie ließ nicht locker. Mit Nachdruck versuchte sie, uns vom Gegenteil zu überzeugen und uns eine Versicherung anzudrehen. Als sie verstand, dass wir die Versicherung trotzdem nicht abschließen werden, wurde sie äußerst unfreundlich.
Das Auto war in schlechtem Zustand: Viele Beulen, Kratzer und Blechschäden, die nicht nicht im Mietvertrag erwähnt waren. Als wir diese melden wollten, wurde uns gesagt: Stellen Sie sich wieder in die Schlange. Nach weiteren 45 Minuten kam jemand, der nur die Beulen dokumentierte. Die Kratzer seien vernachlässigbar, meinte er. Normale Gebrauchsspuren eben. Wir machten sicherheitshalber Fotos.
Für Urlauber ist der Start in ihre Auszeit ein sehr wichtiger Moment in der Customer Journey. Er würde sich bestens für einen Wow-Moment eignen. Wer hat an diesem Touchpoint schon Lust auf extreme Wartezeiten, pampige Mitarbeiter und einer massiven Auseinandersetzung, um nicht über den Tisch gezogen zu werden?
All das sind Erfahrungen, die ein Kunde mit der Vergleichsplattform und ihrer Marke in Verbindung bringt – und nicht vergisst. Im aktuellen Werbespot von billiger-mietwagen.de wird ein Urlauber zum Helden, weil er nicht auf zusätzliche Angebote vor Ort reinfällt, sondern vorab bucht. Ein sehr unglaubwürdiger Auftritt für Kunden wie uns, die exakt diese Erfahrung machen mussten – über die werbende Plattform.
Bei billiger-mietwagen.de bedankte man sich höflich über meine Beschwerde und teilte mir mit, dass sie weitergeleitet würde. Allerdings hätte ich einen Vermieter mit durchwachsenen Bewertungen gewählt (3,25 von 5 Sternen), weshalb ich mit solchen Zuständen hätte rechnen müssen. Beim nächsten Mal würden man mir gerne helfen, einen besseren Anbieter auszuwählen.
Was löste die Antwort bei mir aus, der Kundin? Ich hatte das Gefühl, selbst schuld zu sein – und das, obwohl ich vorab sogar den telefonischen Service genutzt hatte. Auf meine Frage, warum das Portal solche Anbieter auflistet, hieß es: Man dürfe rechtlich niemanden ausschließen.
Aber gerade das ist der Knackpunkt: Wenn niemand ausgeschlossen werden darf, müsste eine Plattform Qualitätsmaßstäbe aufstellen, Warnungen vor gewissen Anbietern aussprechen und vieles mehr, um ihren Kunden schlimme Erlebnisse zu ersparen – und ihre Marke zu schützen.
Wir gaben unseren Mietwagen früh morgens ab, das Büro des Anbieters war noch geschlossen. Wir stellten das Auto ohne Schäden auf dem Parkplatz ab und fotografierten es rundherum. Nach dem Ärger bei der Abholung rechneten wir mit dem Schlimmsten.
Und prompt: Ein paar Stunden später kam eine E-Mail des Vermieters. Er habe neue Schäden entdeckt und schickte uns eine Rechnung von über 200 €. Wir haben ihn mehrfach kontaktiert, Fotos des Schadens gefordert, aber nie eine Rückmeldung erhalten. Wir schickten Fotos, die den beschriebenen Kratzer bereits bei Abholung zeigen – er ignorierte uns. Das Geld aber hatte er bereits von der Kreditkarte abgebucht.
Und wie verhielt sich billiger-mietwagen.de? Das Portal schickte eine E-Mail, um zu fragen, ob alles in Ordnung war. Für Schadensfälle war der Link zum Versicherungsformular beigefügt. Dort haben wir unseren Schaden angezeigt und nach rund 10 Tagen den Betrag zurückerhalten.
Die telefonische Empfehlung des billiger-mietwagen.de-Mitarbeiters hat sich ausgezahlt, wir hatten keine zusätzlichen Kosten. Aber: Die Versicherung bemühen, die Unterlagen zusammensuchen und einreichen, das kostet Zeit und Nerven – besonders wenn man den Schaden nicht verursacht hat und die Versicherung eigentlich nicht belasten müsste.
Es bleibt das wütende Gefühl, ein unseriöses Geschäftsmodell unterstützt zu haben, das unter Druck unnötige Versicherungen verkauft oder Mängel in Rechnung stellt, die nicht verursacht wurden. Das ist ein Gefühl, das ich als Kundin direkt mit der Marke billiger-mietwagen.de in Verbindung bringe.
Billiger-mietwagen.de setzt mit seiner Telefonberatung sowie seinen Bemühungen in der Vorkauf- und Nachkaufphase wichtige Maßnahmen für die Markenführung ein. Trotzdem ignorieren sie die entscheidende Phase in der Customer Journey: die eigentliche Nutzung.
Es reicht nicht, sich nur auf die digitale Phase der Customer Journey zu konzentrieren. Ein solches Vorgehen birgt Gefahren – das gilt für alle Vergleichsportale. Das sind meine 4 Learnings zur Markenführung von Vergleichsplattformen:
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Executive Consultant
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