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Telekom - Nährboden Grundgesetz "Auch die digitale Würde des Menschen ist unantastbar" © Deutsche Telekom

26. August 2024

Welcher Nährboden passt zu meiner Marke? Lassen Sie sich inspirieren

Marken brauchen thematische Nährböden, auf denen sie ihre Haltung zeigen und Vertrauen aufbauen können. So wie es Aldi mit dem Thema „Nachhaltigkeit für alle“ gelingt. Welcher Nährböden könnte zu Ihrer Marke passen? Als Anregung habe ich einige Beispiele zusammengestellt.

Vorab eine Frage: Kennen Sie den Begriff "Nährboden"? Das ist ein Themenfeld, mit dem ein Unternehmen den Charakter seiner Marke sichtbar macht. Es verdeutlicht damit seine Haltung, verbessert sein Storytelling oder frischt damit sogar sein Produktsortiment auf.

Es gibt aber eine Bedingung: Der Nährboden muss zur Marke passen.

Sind Sie auf der Suche nach einem Nährboden für Ihre Marke? Ich möchte Sie inspirieren, mit sieben Beispielen: von Telekom, Aldi, Schöffel, Oatly und Patagonia, Perwoll, Gerolsteiner und Tinder.

Es gibt – im Groben – zweierlei Arten an Nährböden.

  • Die Langfristigen: Sie werden über einen langen Zeitraum beackert, immer wieder aufs Neue und zu passenden Anlässen. So hält die Telekom seit Jahren am Thema „Grundgesetz für das Web" fest und nutzt immer wieder passende Anlässe, um ihre Botschaft kundzutun – zum Beispiel die Europawahl.
  • Die Kurzlebigen: Das sind Nährböden, die nur kurz aufgegriffen werden, etwa für eine Kampagne. Perwoll zum Beispiel verwendete das Reise-Jubiläum der Freiheitsstatue für Social Media. Darunter fallen auch wiederkehrende Ereignisse, etwa das Wacken-Festival, das Gerolsteiner für sich nutzt.

In der Kommunikationsbranche ist der Begriff „Nährboden" eher ungebräuchlich, dort kursieren Anglizismen wie "Trendjacking" oder "Agenda Surfing". In Redaktionen ist vom "Aufhänger" die Rede.

Wir finden aber: Das Sinnbild Nährboden passt ideal zu dem, was wir als markenzentrierte Unternehmensberatung mit unseren Kunden erarbeiten. Es symbolisiert eine nährstoffreiche Erde, auf der Ideen Kraft gewinnen, wachsen und gedeihen – und letztendlich Erfolg bringen. Genau das wollen wir erreichen.

1. Inspirationen für langfristige Nährböden: Telekom, Aldi und Schöffel

Solche Nährböden gehören zu den Megatrends und starken Evergreen-Themen, zum Beispiel Nachhaltigkeit, Gesundheit oder das Grundgesetz.

Der Nährboden der Telekom: das Grundgesetz und seine Bedeutung für die Online-Welt

Die Telekom setzt sich seit Jahren für eine starke Demokratie und das Grundgesetz ein, wobei sie, passend zu ihrer Funktion, den Schwerpunkt Internet einnimmt. Das Grundgesetz muss auch im Internet greifen, es dürfe kein rechtsfreier Raum sein, so der Telekommunikationskonzern: "Auch die digitale Würde des Menschen ist unantastbar.".

Diesen Nährboden greift die Telekom immer wieder auf, etwa zum 75. Jubiläum des Grundgesetzes. Dieses nutzte der Konzern, um in der Markenkommunikation auf das Problem der "Hate Speech" aufmerksam zu machen. Jeder vierte soll laut Studien bereits eine solche Hassattacke im Netz erlebt haben.

Mein Urteil: Bravo!

Dieser Nährboden passt wunderbar zu den Werten der Telekom. Genau so geht das: Man nutzt einen Nährboden, um die Marke glaubwürdig mit einem Thema zu verbinden und daraus Aktivierungspotenzial zu kreieren.

Der Nährboden Aldis: Nachhaltigkeit für alle

Das Thema Nachhaltigkeit nimmt in der Kommunikation Aldis mittlerweile einen hohen Stellenwert ein, etwa in TV-Kampagnen und auf Plakaten. Die Mission des Discounters: Er wolle die Nachhaltigkeit zur "normalsten Sache der Welt" machen. In lockerem Tonfall inzensiert er sich als Grundversorger und führender Biohändler. Seine Bemühungen unterstreicht er mit Fakten: So umfasst sein Sortiment inzwischen über 550 Bioprodukte und 350 regionale Produkte.

Mein Urteil: wunderbar

"Gutes für alle" nutzt er also auch als Versprechen für nachhaltige Produkte. So gelingt ihm die Mission: Er bringt das Thema Nachhaltigkeit in die Mitte der Gesellschaft.

Der Nährboden Schöffels: die mentale Gesundheit

Die Outdoormarke Schöffel stellte im Frühjahr 2024 seine neue, geschärfte Markenpositionierung vor. Sie nutzte außerdem die Gelegenheit, einen Nährboden zu besetzen: die mentale Gesundheit. Diesen will Schöffel für seine Markenrevitalisierung einsetzen – und trotzdem an dem 12 Jahre alten Claim "Ich bin raus" festhalten.

Im ersten Moment habe ich gestockt, als ich erfahren habe, dass Schöffel die mentale Gesundheit als Nährboden nutzen will. Ich bin kein Fan von Megatrends, denn sie enthalten die Gefahr, dass alles, was damit initiiert wird, zu oberflächlich gerät.

Dann aber stellte ich fest: Schöffel ging sehr überlegt vor. Das Unternehmen behält seinen gut eingeführten Claim "Ich bin raus" und hat dennoch in die Zukunft geblickt mit der Frage: Wie können wir uns um diesen Kern herum weiterentwickeln, uns auffrischen?

So hat Schöffel die mentale Gesundheit für sich entdeckt, ein soziokulturelles Topthema: Bis 2030 soll "Mental Health" die Kernherausforderung im Gesundheitsbereich sein. Schöffel will mit diesem Themenfeld ausdrücken: Das Erleben der Natur ist wichtig für unser geistiges Wohlbefinden – mit unseren Outdoor-Produkten helfen wir dabei.

Stefan Ostertag, der CMO bei Schöffel Sport, drückte es auf LinkedIn so aus: "Es geht darum, bewusst Zeit draußen zu verbringen und die Verbindung zur Natur zu stärken. Die Freiheit, sie selbst zu sein."

Mein Urteil: spannend und schön konzipiert

Das überlegte, weiterentwickelnde Vorgehen Schöffels ist stimmig. Der Nährboden "mentale Gesundheit" ist eine gute Idee für die Markenrevitalisierung. Mit diesem Themenfeld kann Schöffel bei seiner etablierten Ausrichtung bleiben ("Ich bin raus") und sich dennoch frisch weiterentwickeln.

2. Inspirationen für kurzlebige Nährböden: Gerolsteiner, Perwoll, Tinder, Oatly und Patagonia

Es gibt Nährböden, die nur kurz nutzbar sind, aber dennoch stark wirken können. Dazu zählen zum Beispiel Jubiläen und Events.

Der Nährboden Gerolsteiners: das Heavy-Metal-Festival Wacken

Die Mineralwassermarke Gerolsteiner nutzt seit 2023 das Heavy-Metal-Festival Wacken als Nährboden und zelebriert dort sein Zwischenwasser. Gemeint ist Wasser, das zwischen den Bieren getrunken wird, damit es keinen Kater gibt. Claim: "Zwischen jeden Liter Bier gehört ein Zwischenwasser-Elixier!"

Protagonist ist der Mineralienmeister Gerolt, der in Mönchskutte und mit Schwert gegen den Kater kämpft: "Ein episches Aufeinandertreffen in Mitten von Schlamm und Staub", so Gerolsteiner auf seiner Website.

Für Wacken 2024 verpflichtete Gerolsteiner den Künstler Andreas Marschall. Er ist in der Szene bekannt, weil er in den 80er und 90er Jahren die Cover mehrerer Bands kreierte. Marshall malte ein zweigeteiltes Bild: Die linke Seite in Blau zeigt fitte und feiernde Festivalteilnehmer, denn: Sie haben das Zwischenwasser von Gerolsteiner getrunken. Die rechte Seite in Braunrot hingegen zeigt schwer verkaterte Heavy-Metal-Fans, die auf das Zwischenwasser verzichtet haben. Das Motiv wird unter anderem auf den Wasserflaschen und T-Shirts zu sehen sein.

Mein Urteil: super – aber hinterlässt eine Frage

Warum nutzt eine "Marke für alle", wie sie Gerolsteiner nun einmal ist, ausgerechnet ein solch spezielles Event als Nährboden? Das lässt mich rätseln. Grundsätzlich aber ist das Zwischenwasser ein guter Schritt von Gerolsteiner, um glaubwürdig in Wacken und seiner Heavy-Metal-Szene anzukommen.

Der Nährboden für Perwoll: das Reise-Jubiläum der Freiheitsstatue

Henkel nutzte für seine Marke Perwoll ein Jubiläum der Freiheitsstatue: Am 22. Mai 1885 startete deren Reise nach New York. In einem Clip, der auf Social Media verbreitet wurde, zeigt Perwoll Ende Mai '24 eine fiktive Freiheitsstatue in einem langen roten Kleid, das dank Perwoll über die Jahre knallrot geblieben ist. In der Hand hält sie, statt der Fackel, eine Perwoll-Flasche. Kern der Botschaft: Mit Perwoll bleibt die Kleidung länger tragbar – und das sei nachhaltig.

Mein Urteil: zu nebulös

Die Freiheitsstatue und ihre Bedeutung für die Nachhaltigkeitsbotschaft Perwolls ist etwas zu nebulös. Die Verbindung zwischen dem Nährboden – dem Jubiläum – und dem Nachhaltigkeitsaspekt hätte stärker herausgearbeitet werden müssen, um erkennbarer zu sein.

Der Nährboden von Tinder: der "Pride-Monat" Mai

Die Kontaktplattform Tinder nutzte den Pride-Monat Mai 2024, um sein Engagement für die LGTBQIA+-Community zu verdeutlichen. Die Plattform ist bekannt dafür, dass sich homosexuelle Paare dort finden können. Tinder sieht sich auch als Safe Space für junge Menschen, die ihre Identität entdecken wollen. In den vergangenen drei Jahren habe sich der Anteil der LGBTQIA+-Nutzer:innen unter 30 Jahren verdoppelt, so Tinder.

Tinder führte in diesem Mai verschiedene Aktionen durch, um gegen Queer-Feindlichkeit ein Zeichen zu setzen. In einer Aufklärungskampagne, unter anderem mit dem Tokio-Hotel-Sänger Bill Kaulitz, werden Vorurteile und Klischees gezeigt, mit denen Menschen aus der LGTBQIA+-Community konfrontiert werden. So witzelt Kaulitz in einem Video: "Ich stehe auf Männer. Natürlich verlasse ich nie ungeschminkt das Haus." Das sehr beliebte "Natürlich..."-Stilmittel ist gut gewählt, so kommt die Botschaft Tinders auch auf TikTok an.

Zudem führte das Unternehmen eine Spendenaktion mit dem Verein Lambda e.V. durch, der sich für die Interessen queerer Jugendlicher einsetzt. Eine Koproduktion ist der Guide "How to be an Ally", der Tipps enthält, wie man zu einer inklusiven und verständnisvollen Umgebung beitragen kann.

Mein Urteil: glaubwürdig

Das Vorgehen gegen Queer-Feindlichkeit ist gut begründet und passt zu Tinder. Der Fokus auf den Pride-Monat ist wunderbar gewählt. Insgesamt gewinnt Tinder damit Sympathie und Aufmerksamkeit, nicht nur in der LGBTQIA+-Community.

Nährboden für Oatly und Patagonia: die Europawahl 2024

Oatly und Patagonia gingen eine Markenallianz ein, um die Europawahl 2024 gemeinsam als Nährboden zu nutzen. Gemeinsam wollten sie dazu beitragen, dass die Wahlbeteiligung steigt.

Oatly und Patagonia nutzten diesen Nährboden auch für ihr Employer Branding: Sie haben ihre Mitarbeitenden über die Europawahl informiert und motiviert, teilzunehmen. Für die rund 1.000 Menschen, die in elf Ländern in Europa arbeiten, gab es einen Tag frei, um wählen zu gehen. Für die externe Aufmerksamkeit schaltete Oatly eine Kampagne, in der sie im typisch humorvollen Markenstil auffordert: "voat! for the planet" (statt "vote")

Außerdem formulierten Oatly und Patagonia ein Manifest. Dieses stellten sie anderen Unternehmen zur Verfügung, damit auch sie die Europawahl unterstützen. Das Manifest war aber auch zur Information von Politikerinnen und Politikern gedacht. Die Botschaft: Egal, zu welcher Partei Du gehörst, schau Dir dieses Manifest an. Es könnte helfen, die CO2-Emissionen zu reduzieren und den Klimawandel aufzuhalten.

Oatly und Patagonia nutzten die Europawahl also auch zu dem Zweck, um auf ihr gemeinsames Ziel aufmerksam zu machen: den Umweltschutz. "The planet needs our vote" lautet einer der Kampagnenclaims. Die Europawahl ist für die Aktion gut gewählt, denn die Länder unseres Kontinents haben den größten CO2-Fußabdruck.

Mein Urteil: sehr gut konzipiert

Den Marken Oatly und Patagonia ist eine intelligente Nutzung des Nährbodens Europawahl gelungen, der bestens zu ihren Zielen passt. Gut gemacht!

 

Autor

Colin Fernando

Partner

Top Unternehmensberatung 2023: BrandTrust

Hattrick: Wir sind auch 2023 im Ranking der FOCUS Top Unternehmensberater

Bereits das dritte Mal in Folge wurden wir 2023 vom Wirtschaftsmagazin FOCUS als Top Unternehmensberatung ausgezeichnet. Auch in diesem Jahr wurden die exzellente Leistung und die im Gedächtnis bleibende Kompetenz unserer Berater sowohl von Kunden als auch von Kollegen wertgeschätzt.

Wir freuen uns über diese Wertschätzung und danken unseren Kunden und Kollegen.

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Eva Stockhausen

Eva Stockhausen

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