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Die deutsche Nationalmannschaft

22. August 2018

„Die Mannschaft“: Was taugt der Markenname unserer Nationalelf?

DFB-Präsident Reinhard Grindel stellt den Markennamen der deutschen Nationalelf „Die Mannschaft“ auf den Prüfstand. Hat der Name noch eine Chance verdient? Wir meinen: Ja!

DFB-Präsident Reinhard Grindel will nach dem WM-Debakel „wieder eine größere Nähe zu den Fans bekommen", berichtet die Bild am Sonntag. Dazu nehme er auch den Markennamen „Die Mannschaft" ins Visier – denn der werde als sehr künstlich empfunden.

Aus unserer Sicht ist das ein nachvollziehbarer Gedanke. Denn der Name „Die Mannschaft" hat sich bisher kaum durchgesetzt und wirkt durchaus recht kalt – im Vergleich zu Mannschaftsnamen, die mit Trikotfarben arbeiten. Zudem setzt der Name die Nationelf unter Druck: Es sind Titelgewinne nötig, um das „Die" im Namen zu rechtfertigen.

Trotz dieser Argumente: Es wäre ein Fehler, den Namen zu ändern. Er hat, richtig implementiert und angewendet, durchaus Chancen. Dazu braucht es aber langen Atem und Konsequenz – keine Adhoc-Entscheidungen.

Das war der ursprüngliche Plan des DFB – und er sollte nicht davon abrücken: Mit „Die Mannschaft" wollte er jene positiven Vorurteile und Assoziationen wecken, die mit dem Titelgewinn 2014 in Brasilien einhergingen. Dort bestach Deutschland durch mannschaftliche Geschlossenheit, außerordentlichen Teamgeist.

Die Mannschaft gewann den Titel, obwohl man nach Ansicht der meisten Experten anders als die meisten anderen Favoriten über keinen echten Weltstar verfügte. Aber: Dafür war man eine echte Mannschaft – „Die Mannschaft".

„Die Mannschaft" hat sich noch nicht durchgesetzt

Vor der EM 2016 wurde der Name öffentlichkeitswirksam mit Logo etabliert. Er wird seitdem auf praktisch allen werberischen Kontaktpunkten des Nationalteams genutzt. So heißt der offizielle Twitteraccount des Teams „Die Mannschaft". Jeder Tweet wird durch einen entsprechenden Hashtag begleitet.

Trotz all dieser Bemühungen: Es bleibt der Eindruck, dass der Name sich bisher nur bedingt durchgesetzt hat und sowohl national als auch international nur sehr sporadisch genutzt wird.

Wer die Namen der Nationalmannschaften googelt, erhält für „Die Mannschaft" 38 Millionen Ergebnisse – allerdings nur wenige spezifische für das Nationalteam. Dies verhält sich bei den anderen Teams deutlich anders: Es sind weniger Ergebnisse, dafür mit klarem Bezug zu den Nationen. Es sticht ins Auge, dass die Medien die Namen als klares Synomym für die Mannschaften nutzen, was im Falle Deutschlands eher die Ausnahme bleibt.

„Die Mannschaft" hat es schwerer als andere

Die meisten Nationen greifen zu den Trikotfarben (Azzura, Roja, Bleus). Deutschland hingegen verzichtet auf derartige Verstärker. Dadurch hat es „Die Mannschaft" ungleich schwerer, den Namen zum Synoym und zur unverkennbaren Bezeichnung der Nationalmannschaft zu machen.

Es bleibt also die Frage: Wie kann es gelingen, dass sich der Markenname „Die Mannschaft" durchsetzt? Drei zentrale Ansätze lassen sich empfehlen:

1. Wirksame Implementierung statt Oberfläche

Viel zu oft sieht man es in der Welt der Wirtschaft: Ein Unternehmen stellt öffentlichkeitswirksam ein neues Corporate Design vor – und man stellt sich unweigerlich die Frage: Ändert sich dadurch etwas? Ändert sich der Service? Agieren die Mitarbeiter anders? Gibt es neue Prinzipien, an denen sich Mitarbeiter orientieren können?

Die gleiche Frage müssen sich nun die Deutsche Nationalmannschaft und Oliver Bierhoff als „Markenmanager" stellen: Was bedeutet der Markenname jenseits der Kosmetik? Wurde er ausreichend implementiert – und falls nein: Was wäre dazu nötig?

Der Name „Die Mannschaft" bietet eine echte Chance

Es ist es besonders schwer, den Namen „Die Mannschaft" zu besetzen. Aber er bietet womöglich ungeahnte Chancen – wenn man ihn nicht nur als Namen versteht, sondern vielmehr als Ausdruck einer spezifischen Haltung und eines besonderen Selbstverständnisses.

So könnte der Name klarmachen, was es bedeutet, für die Nationalmannschaft zu spielen. Prinzipien wie der „Star ist die Mannschaft", das vor dem Europameistertitel 96 von Berti Vogts propagiert wurde, wäre mehr denn je gültig.

Daraus könnte ein gemeinsamer, nachvollziehbarer Handlungsrahmen entstehen. Selbst der Spielstil, ja sogar die Auswahl des Trainers könnten dem „Die Mannschaft"-Credo folgen.

Die Nationalmannschaft braucht eine Übersetzung

Damit dies erreicht wird, braucht es allerdings eine Übersetzung:

  • Was heißt der Name für das Zusammenspiel?
  • Was für die Disziplin?
  • Was für die Gemeinschaft?
  • Welche Werte folgen dem Namen und werden in der Nationalmannschaft hochgehalten?

Spezifische Rituale könnten helfen, das Wertesystem zu vermitteln. Borussia Dortmund lässt beispielsweise jeden Neuzugang auf einer Wand unterschreiben und bestätigen, dass er die Prinzipien des Vereins respektiert und unterstützt.

Ferner wäre eine Implementierung bis in die Jugendauswahlen des DFB notwendig. Erfolgreiche Jugendakademien wie La Masia des FC Barcelona „impfen" den Spielern bereits im Teenageralter – neben dem Spielstil – auch die Werte des Vereins ein.

Wenn Spieler und Manager gehen, bleiben die Werte

Die Chance wäre außerdem, dass dieses Wertesystem Generationen überleben würde und stetig wäre. Immer wieder hört man Forderungen nach „typisch deutschen" Tugenden, die angeblich verloren gingen. Ein Wertesystem könnte dem entgegenwirken. Spannender Nebeneffekt: Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass Unternehmen mit einem durchdringenden Wertesystem länger überdauern und erfolgreicher sind als Unternehmen ohne.

2. Konsequentes Markenkontaktpunktmanagement

Einer der wichtigsten Ansätze, damit der Markenname weltweit Anerkennung findet, ist Kontinuität und Konsequenz. Die erfolgreichsten und bekanntesten Markenclaims werden oft jahrzehntelang inszeniert. Dadurch werden sie von den Konsumenten meist ohne Schwierigkeiten mit den Marken assoziiert.

Das bedeutet: Jeder Kontaktpunkt sollte das Thema „Die Mannschaft" spielen und inszenieren.

Kontaktpunktmanagement ist mehr als Managen der Werbemittel

Kontaktpunktmanagement heißt nicht, dass der Name nun einzig auf den Backdrops und Twitter-Postings zu sehen sein muss. Vielmehr müssen die dahinter liegenden und in Schritt 1 ermittelten Werte zum Ausdruck gebracht werden – immer und überall und von allen Akteuren. Egal, ob der Bundestrainer seine Kaderentscheidungen begründet oder die Spieler eine Meisterschaft bestreiten – das „Die Mannschaft"-Gefühl muss spürbar sein.

Das WM-Finale 2014 ist ein Paradebeispiel: Bastian Schweinsteiger stellt sich und seine Gesundheit in den Dienst der Mannschaft.

Auch andere Mannschaften wie Island (Wikinger-Mentalität) oder im Vereinsfussball Atletico Madrid („Atleti", was seit dem letzten Abstieg als Synonym für die Underdog-Mentalität genutzt wird) vermitteln in jedem Spiel ihre Werte.

3. Spitzenleistungen und Leistungsbeweise liefern

Es gibt keine echte Marke, die nicht über Spitzenleistungen verfügt und immer wieder Leistungsbeweise erbringt, die den Kern der Marke zum Ausdruck bringt. Laut Bierhoff enstand die Idee zu „Die Mannschaft" nach der WM 2014, weil er immer wieder weltweit damit konfrontiert worden sei, dass Deutschland doch anders agiere als die anderen Spitzenmannschaften.

Die WM 2018 in Russland war ein Debakel, keine Frage. Das darf aber nicht über bisherige Leistungen hinwegtäuschen: 1954, 74, 90 und 2014 sahen sich die Deutschen Mannschaften gegenüberstehen, die individuell als stärker galten oder mindestens einen absoluten Ausnahmekönner in den Reihen hatte. Insbesondere die Siege 54 und 90 gehen als ultimativer Ausdruck und Vermittlung der Deutschen Tugenden in die Geschichte ein.

All diese Siege sorgen dafür, dass sich die deutsche Nationalelf glaubwürdig „Die Mannschaft" nennen kann: wegen ihres Teamgeists.

 

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Autor

Colin Fernando

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