Das Vertrauen in Medien steigt wieder und die Lügenpresse-Hysterie ebbt ab, verkündet der VDZ in seiner Studie „Brand Safety, Trust & Credibility" (2018). Ähnliches ermittelte die Johannes Gutenberg Universität Mainz (JGU) mit einer Langzeitstudie: Demnach genießen Qualitätsnachrichten aus Traditionsmedien wieder ein deutlich gestiegenes Vertrauen.
Für die Manager solcher Medienmarken sind das gute Nachrichten. Denn dieses Vertrauensplus bedeutet zugleich, dass diese als geeignete, seriöse Werbeumfelder für Marken gelten (Stichwort „Brand Safety"). Redaktionelle Inhalte = Vertrauen = positive Werbewahrnehmung, so die Logik der VDZ-Studie.
Dennoch, es gibt viel zu tun für traditonelle Medienhäuser. Nicht nur, weil nach wie vor jeder vierte Deutsche – in Ostdeutschland sogar jeder dritte – Medien misstraut, so PricewaterhouseCoopers in seiner Studie „Vertrauen in Medien" 2018. Sie müssen sich außerdem in Stellung bringen gegenüber jungen, einfallsreichen Konkurrenten, die ebenfalls um Werbegelder buhlen. Für angeschlagene und schwächelnde Medien wird's gefährlich. Experten prognostizieren eine Konzentrationswelle, in der nur starke Medienmarken bestehen werden.
Aus Markenberatersicht sollten Medienmarken für ihre Markenentwicklung und Markenführung folgende neun Punkte beherzigen:
Vertrauen ist und bleibt das wertvollste Gut für eine Medienmarke! Deshalb kann es gefährlich sein, diese stark und schnell verändern zu wollen, nur weil es viele neue technische Spielereien gibt. Vielmehr sollten Verleger sehr behutsam vorgehen.
Menschen müssen sich an eine Medienmarke gewöhnen, dann entsteht Vertrautheit. Sofern diese nicht enttäuscht wird, entsteht im nächsten Schritt das nötige Vertrauen. In diesem Stadium hört der Mensch auf nachzudenken, denn er vertraut der Marke quasi „blind".
Sie dürfen sich von den digitalen Möglichkeiten nicht unter Druck setzen lassen, sondern herausfinden, was sich für ihre Marke auszahlt: durch eine professionelle und tief gehende Markenanalyse – nicht durch das Werbegetrommel von Online-Dienstleistern.
Medienhäuser, die sich auf Kosteneinsparungen in Hintergrundprozessen konzentrieren, um ihren Umsatz hochzuschrauben, folgen einer falschen Logik. Denn das Geld kommt immer von vorn, von Lesern und Werbekunden! Wer also den Umsatz steigern will, muss logischerweise dort aktiv werden: direkt an der Schnittstelle zu den Stakeholdern. Zu heftige Kostenreduktionen würgen Produktqualität, Glaubwürdigkeit und Markenstärke ab – und gefährden somit den langfristigen Markenerfolg.
Das bedeutet allerdings nicht, dass eine neue Kampagne oder ein oberflächlicher Relaunch sinnvoll wären. Vergessen Sie Logos und Namen! Allein entscheidend sind Bedeutung und Konsistenz der Marke, der Ausdruck von Spitzenqualität. Dieser muss glaubhaft und stetig verdeutlicht werden – durch Leistungsbeweise und nicht durch Werbegimmicks und Massen-Mailings. Ein Abonnent muss immer wissen, was das Besondere an der Publikation ist, für die er Geld bezahlt.
Inhalte als alleiniges Geschäftmodell – das war einmal. Den Konsumenten reichen blanke Informationen nicht mehr aus, sie wollen außerdem eine Shopping-Gelegenheit für die beschriebenen Produkte. Sie wollen direkt kaufen, zum Beispiel Mode, Reisen und Bücher – sowohl im Internet als auch in Medien wie Print.
Vor allem Mainstream-Medien werden nicht nur mit der Informationsverbreitung Geld verdienen. Die Zukunft der Medienhäuser besteht nicht nur aus Vertriebserlösen und Anzeigen. Die Medienmarken werden zu Multi-Nischen-Plattformen mit angeschlossenen Handelssystemen. Die Medienmarken der Zukunft bilden konsistente, widerspruchsfreie Markenerlebnisketten und damit ein nahtloses Markenerlebnis.
Online-Medien und Social-Media-Plattformen entwickeln eine immer stärkere lokale Anziehungskraft und Relevanz – und lösen die ehemals sicheren Grenzen der Medienreviere auf. Sie scheren sich nicht um Monopole und Territorien.
Lokal agierende Medienhäuser müssen neue Geschäftmodelle entwickeln und sich gegen die neue Konkurrenz aus dem Web wappnen – genauso wie ihre überregionalen Kollegen.
Der neue Medienmarkt erscheint wie ein grenzenloser Ozean voller neuer Möglichkeiten. Die klassischen Medienmarken sind gerade dabei, auf diesem das zielsichere, schnelle Navigieren zu lernen, um mitzuhalten.
Dazu müssen sie sich auf die wichtigsten Koordinaten konzentrieren: Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Um sich als starke Marke zu positionieren, sind besonders gute Beziehungen zu den Lesern und Werbekunden nötig, dazu jede Menge Vertrauen dank glaubwürdigen Handelns.
Damit das gelingt, müssen sich die Redaktionen öffnen. Es genügt nicht mehr, Artikel zu produzieren, auch der Austausch mit den Konsumenten gehört nun zu ihrem Berufsalltag. Redakteure der Zukunft sind nicht nur gute Schreiber und Planer, sondern zugleich kommunikationsstarke Moderatoren, die stellvertretend für ihre Medienmarke Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufbauen.
Bei Medienmarken gibt es ein drinnen und ein draußen. Aber dieses Spiel hat sich geändert: Was früher Abos waren, sollten heute eher Clubs sein, in denen es um Privilegien und Zugehörigkeit geht. Die britische Zeitung Guardian zeigt, dass ein solches Modell funktionieren kann. „This model of being funded by our readers through voluntary contributions, subscriptions ..., membership or as part of our patrons programme is working", resümiert die Chefredakteurin Katharine Viner.
Wenn eine Medienmarke nur Gewöhnliches liefert und die Konsumenten den Eindruck haben, sie sei durch ein Konkurrenzprodukt austauschbar, hat das eine fatale Folge: Dann wird der Preis zum entscheidenden Kaufkriterium.
Um der Preisspirale nach unten zu entkommen, müssen Medienhäuser in der Markenführung alles unternehmen, um ihre Einzigartigkeit zu beweisen und mit Überdurchschnittlichem überzeugen. Nur dann können sie ihre Erlösmodelle festigen.
Die „Alles umsonst"-Kultur des Internets ist für Verleger ein großes Problem, weil Einnahmeideen und -versuche an ihr abprallen. Das heißt aber nicht, dass es keine Einnahmepotentiale gäbe. Online-User sind durchaus bereit, für Nützliches, Unterhaltsames und alles, was der Bequemlichkeit dient, Geld auszugeben. Etwa für gut gemachte Apps.
Kostenlose und kostenpflichtige Inhalte werden parallel existieren. Diese Parallelität müssen Verleger immer im Kopf haben, es gibt kein „entweder - oder".
Die Situation der Verleger ist vergleichbar mit den 80ern, als die öffentlich-rechtlichen Radiosender mit der neuen privaten Konkurrenz und ihren frischen Ideen konfrontiert wurden. Eine gute, lebhafte Beziehung zu ihren Hörern gehörte von Anfang an zu deren Geschäftsmodell und den öffentlich-rechtlichen Sendern fiel es schwer, diese Philosophie des Miteinanders zu übernehmen und sich zu öffnen.
Vor der gleichen Herausforderung stehen nun die Verleger, sie müssen sich öffnen und energisch in die Pflege ihrer Leserbeziehungen investieren. Das Abonnement könnte längst eine wichtige Basis dafür sein, denn alle Abo-Besitzer geben ein starkes Beziehungs-Commitment ab: Sie vertrauen der Medienmarke. Leider führen die meisten Verlage dieses enorme Beziehungspotential mit ihrer Einstellung „Geld gegen Papier" und schwierigen Kündigungsformalitäten ad absurdum.
Wenn Medienhäuser auch junge Konsumenten für sich gewinnen wollen, müssen sie es mit Beziehungspflege und digitaler Markenkommunikation ernst meinen und durch eine hohe Feedback-Geschwindigkeit Vertrauen erzeugen.
Der nötige Austausch mit den Zielgruppen wird Auswirkungen haben
Introvertiertes Verhalten ist künftig fehl am Platz.
Die Kommunikation (etwa im Social Web) und Information werden sich die redaktionelle Arbeitszeit teilen, 50 zu 50. Damit das gelingt, müssen Verlage Relations Management betreiben und brauchen dazu Relations Manager – und zwar in Top-Positionen!
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Klaus-Dieter Koch
Managing Partner
Redakteure der Zukunft sind nicht nur gute Schreiber und Planer, sondern zugleich kommunikationsstarke Moderatoren, die stellvertretend für ihre Medienmarke Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufbauen.
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