So hart es klingt: Die Bau- und Immobilienbranche Österreichs enttäuscht ihre Kunden. Zu diesem Ergebnis kommt unsere Studie „Die Bau- und Immobilienbranche in Österreich 2018", für die wir in Kooperation mit dem Report Verlag 26 Unternehmen untersuchten.
Doch die Studie gibt, trotz aller Kritik, auch Hoffnung und deckt einige Chancen auf. Vor allem in der Markenpositionierung, Preisgestaltung und Weiterempfehlung könnten die Unternehmen punkten, so ein Ergebnis. Dazu sollten sie Marketing und Markenführung aber nicht verwechseln.
Was bemängeln die Befragten? Unter anderem, dass die Bau- und Immobilienunternehmen den entscheidenden Kontaktpunkten zu wenig Aufmerksamkeit schenken: Corporate Website, das Angebot und die Empfehlung. Stattdessen stecken sie im „Old School Marketing" fest und investieren unbeirrt in ihre altgedienten Werbemaßnahmen und Mediapläne. Wie lange geht das noch gut?
Die Ergebnisse im Einzelnen:
Das Unterscheiden der Marktteilnehmer fällt schwer
Immobilienentwickler: Häufig verhindert allein der Unternehmensname eine Verwechslung. Doch welche Leistungen unterscheiden Marktteilnehmer wie Signa, Buwog, Raiffeisen oder Immofinanz? Kaum einer erkennt den Leistungsunterschied.
Baubranche: Hier dominieren Strabag, Porr und Wienerberger die Wahrnehmung – doch auch ihnen fehlt es, wie ihrer Konkurrenz, an Spezifik. Worin ist ein Unternehmen Spezialist, was ist seine Spitzenleistung? Auf diese Frage finden potentielle Kunden zu selten Antworten.
Die Chance: Eine Aktivierung der Markenführung birgt enormes Differenzierungs- und damit Wachstumspotenzial. In der Baubranche stellt sich die Frage, wer das Rennen hinter Strabag & Porr macht. Die Dominanz der beiden Allrounder ist eine große Chance für Nischenplayer, die kaum genutzt wird. Bei den Immobilienentwicklern ist noch alles offen, da keine Markendominanz klar erkennbar ist. Aber es gilt: Spezialisierung ist der Schlüssel zum Erfolg.
Baubranche. Die Anforderungen der Kunden sind klar. Ihre 7 wichtigsten Kriterien sind: Verlässlichkeit, Produkt- und Ausführungsqualität, Fachkompetenz, Vertragstreue, Flexibilität, Handschlags- sowie Beziehungsqualität. Doch genau in diesen Punkten werden sie konstant enttäuscht.
Immobilienentwickler: Hier ist die Situation ähnlich. 9 kaufentscheidende Kriterien werden nicht zufriedenstellend erfüllt, etwa Seriosität, Vertragstreue, Verlässlichkeit, Kompetenz, Flexibilität und das Gesprächsklima.
Chance: Die aktuelle Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist in beiden Branchen frappant – aber genau das ist die Chance. Das Erfüllen der genannten Kriterien wäre der wirkungsvollste Hebel, um Markenattraktivität und Weiterempfehlung zu steigern. Es geht um beweisen, nicht um behaupten.
Offenbar aus Mangel an Alternativen erzielen die Bauunternehmen eine erstaunlich hohe Kauf- und Wiederkaufbereitschaft. Darum wäre es einfach, die Attraktivität dauerhaft zu steigern – und damit auch die Preis-, Kauf- und Weiterempfehlungsbereitschaft.
Baubranche: Den Kunden sind die Kontaktpunkte Empfehlung, Angebotslegung und Corporate Website am wichtigsten. Stattdessen investieren die Unternehmen, so ihr Eindruck, vor allem in Werbung auf Bautafeln und in Fachmedien.
Immobilienentwickler: Hier zählen Empfehlung, Corporate Website und Ausschreibung am meisten. Doch auch hier werden vor allem die Bautafeln wahrgenommen. Die Bedeutung der Unternehmenswebsite als Kundenkontaktpunkt werde unterschätzt, so ein Kritikpunkt.
Chance: Die Unternehmen beider Branchen könnten deutlich an Markenattraktivität gewinnen, wenn sie ihre Kontaktpunkte nicht nach eigenem Gutdünken, sondern nach den Kundenbedürfnissen ausrichten.
Studiendesign:
Puls Marktforschung, Schwaig bei Nürnberg, führte 139 Online-Interviews, etwa über den Newsletter und die Website des Report Verlags, dem Kooperationspartner unserer Studie. Knapp die Hälfte der Befragten ist in der Geschäftsleitung tätig, jeder Dritte arbeitet als leitender Angestellter. Die Umfrage fand Anfang 2018 statt.
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