Die Kunst des Employer Branding wird in jeder einzelnen Station des Employee Life Cycle dringend gebraucht, vom ersten Kontakt bis zur Kündigung und danach. Wir erklären, warum.
Angesichts des Fachkräftemangels konzentrieren sich viele Unternehmen gern auf eines: aufs Anlocken der Talente. Stellenanzeigen werden mit allerlei Versprechen und Benefits aufgehübscht.
Das Resultat? Vielleicht mag es gelingen, die nötigen Talente an Bord zu locken – aber sie bleiben nicht lange. Das belegen Zahlen: Demnach ist die Wechselbereitschaft der Mitarbeitenden in Deutschland auf Rekordniveau. Nur 13 % haben eine emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgebenden – das sind nur rund ein Achtel! Und lediglich 55 % planen, länger als 1 Jahr dort zu bleiben (Gallup Engagement Index Germany 2022).
Die Folge: Unternehmen kämpfen mit einer hohen Fluktuation und hohen Kosten. Diese entstehen, weil sich die Mitarbeitenden weder mit dem Unternehmen identifizieren noch intrinsisch motiviert sind. Allein in Deutschland belaufen sich diese Kosten auf 118 bis 151 Milliarden Euro (Gallup Engagement Index Germany 2022).
Was genau ist Employer Branding eigentlich?
Warum ist es unverzichtbar?
Was sind seine Aufgaben? Und Vorteile?
In unserem ausführlichen Glossar-Beitrag beantworten wir genau diese Fragen: Employer Branding
Was können Unternehmen tun, um dieser fatalen Entwicklung entgegenzuwirken?
Grundsätzlich gilt: Es braucht mehr als Anziehungskraft in der Akquise-Phase. Außerdem muss es gelingen, dass sich die Angeworbenen mit der Unternehmensmarke identifizieren. Dazu braucht es eine Employer-Branding-Strategie, die erstens mit den Werten der Unternehmensmarke übereinstimmt und zweitens ganzheitlich ausgerichtet ist. Nur dann entsteht die nötige Anziehungskraft, die Mitarbeitende im Unternehmen bleiben lässt.
Im Idealfall begleitet ein Unternehmen den gesamten Employee Life Cycle mit Maßnahmen, die perfekt zu ihm und zur jeweiligen Phase passen.
Viele Unternehmen konzentrieren sich in ihrem Employer Branding vor allem auf die erste Aufgabe, die Anziehung. Es folgen aber noch sechs weitere. Sie brauchen die gleiche Aufmerksamkeit, dürfen also keinesfalls vernachlässigt werden. Darum stellen wir die sieben Phasen im Einzelnen vor:
- Anziehung: Menschen und Marken besitzen die Kraft, andere Menschen über Werte anzuziehen. Wenn sie Geschichten erzählen, fühlen sich Menschen angezogen, die ähnliche Werte in ihrem Leben haben. Auch das zeigt eine Studie: 60 % der Jobsuchenden entscheiden sich für einen Arbeitsplatz, der mit ihrem Werteverständnis übereinstimmt (Edelman Trust Barometer 2022).
Unser Rat: Nutzen Sie diese enorme Anziehungskraft der Marke und kommunizieren Sie authentisch das, was Ihr Unternehmen glaubwürdig zu etwas Besonderem macht.
- Recruiting: Versprechen Sie nur, was Sie halten können. Ansonsten laufen Sie Gefahr, falsche Erwartungen zu wecken und potentielle Mitarbeitende im Nachhinein zu enttäuschen. Es ist wie im privaten Leben: Wenn Ihnen jemand ständig Versprechen macht, diese aber nie einhält, verlieren Sie das Vertrauen.
Unterstreichen Sie die Besonderheiten Ihrer Marke und Ihrer Unternehmenskultur, die Sie als Arbeitgeber einzigartig macht. Vermeiden Sie leere Floskeln, das macht Bewerbende skeptisch. Das ist auch dann der Fall, wenn ihnen Ungereimtheiten zwischen der Anziehungs- und der Recruiting-Phase auffallen.
Unser Tipp: Führen Sie die Geschichte, die Sie in der Anziehungsphase kommuniziert haben, nahtlos weiter und stellen Sie heraus, was Ihre Unternehmensmarke einzigartig macht. So gewinnen Sie das nötige Vertrauen.
- Onboarding: Das Onboarding ist die erste Bewährungsprobe für ein Unternehmen. Es ist die erste Gelegenheit, die neuen Kolleginnen und Kollegen die hauseigene Kultur spüren zu lassen und seine Einzigartigkeit unter Beweis zu stellen. Binden Sie alle Neuen ein, geben Sie Ihnen das Gefühl der Zugehörigkeit. Damit setzen Sie das Fundament für starke Loyalität. Zum Beispiel sind Mentoren für neue Mitarbeitende geeignet zur Integration, wenn sie diese in den ersten Wochen an die Hand nehmen, die Besonderheiten der Marke hervorheben.
Unser Tipp: Setzen Sie Akzente, die nicht nur die Erwartungen erfüllen, sondern übererfüllen und positiv überraschen.
- Entwicklung: Die Angestellten nehmen wahr, wenn Ihnen ihre Zukunft wichtig ist und Sie ihnen Aufstiegschancen anbieten. So legt insbesondere die Generation Z viel Wert auf die berufliche Weiterentwicklung und den Erwerb neuer Kompetenzen im Job, so eine LinkedIn-Studie.
So kooperiert zum Beispiel das Unternehmen Rohde & Schwarz mit Hochschulen, um den Angestellten ein (nachträgliches) duales Studium anbieten zu können – und ohne auf ihre Arbeitskraft verzichten zu müssen.
Unser Tipp: Wenn Sie auf die speziellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen und in ihre Entwicklung investieren, signalisieren Sie Wertschätzung. Bieten Sie also eine Weiterbildung an, die individuell angepasst werden kann und die zugleich zu den Werten und der Vision der Unternehmensmarke passt.
- Bindung: Nicht ohne Grund fokussieren sich immer mehr HR-Verantwortliche auf die Mitarbeitendenbindung: Es ist unsinnig, ständig nach neuen Fachkräften zu suchen – und währenddessen die bereits Gewonnenen zu vernachlässigen. Je länger Mitarbeitende bleiben, umso besser – darum muss man sich aber kümmern.
Klar ist: Für eine starke Bindung braucht es gemeinsame Werte und Überzeugungen. Hübscht ein Unternehmen nur oberflächlich auf und vernachlässigt den Markenkern, ist eine langfristige Bindung kaum möglich. Hier stimmt der Spruch: „Aussehen entscheidet darüber, wer zusammenkommt – und Charakter darüber, wer zusammenbleibt."
Unser Rat: Pflegen Sie die Beziehungen zu den Mitarbeitenden kontinuierlich und nutzen Sie dazu ihr Werteverständnis. Wenn die Möglichkeit besteht: Beziehen Sie die Mitarbeitenden in Entscheidungen mit ein. Damit drücken Sie Ihre Wertschätzung aus und stärken die Bindung. Ein weiteres Plus: Sie erfahren aus erster Hand, ob die Markenwerte verstanden werden und wo es Verbesserungspotential gibt.
- Austritt: Ein oft vernachlässigter, dennoch essenzieller Aspekt ist die Art und Weise, wie sich Unternehmen von Mitarbeitenden trennen. Nur knapp die Hälfte davon war mit den Abschieden bisher zufrieden, so eine Gallup-Studie.
Was Unternehmensmarken häufig übersehen: Mitarbeitende, die in dieser Situation positiv überrascht werden, empfehlen ihren Ex-Arbeitgebenden 2,9-mal häufiger weiter als jene, die eine neutrale oder gar negative Erfahrung gemacht haben, so die Gallup-Studie.
Der Austritt ist also eine wunderbare Chance, um die Leistung der Mitarbeitenden abschließend wertzuschätzen und zu betonen, dass sie einen wichtigen Beitrag zum Unternehmen geleistet haben. Das gibt ihnen ein gutes Gefühl, an das sie sich lange erinnern werden und weitergeben.
Unser Tipp: Nutzen Sie den Abschied als Chance, um das Employer Branding weiterzuentwickeln. Der Austritt ist geeignet, um die Gründe für den Abschied zu evaluieren, um entsprechende Gegenmaßnahmen abzuleiten und ehemalige Mitarbeitende in Markenbotschafter zu verwandeln. Stellen Sie die richtigen Fragen und heben Sie außergewöhnliche Leistungen des Mitarbeitenden heraus.
- Alumni: Gelingt eine Verabschiedung, könnte man die ehemaligen Kolleginnen und Kollegen als Alumni für sich gewinnen. So können pensionierte oder ehemalige Arbeitnehmende als Markenbotschafter aktiv bleiben, etwa wenn sie ihre Erfahrungen mit Menschen außerhalb der Organisation teilen.
Unser Rat: Entwickeln Sie Maßnahmen, anhand der ehemalige Mitarbeitende dazu beitragen können, Angestellte für die Marke zu begeistern. Bosch zum Beispiel fördert den generationsübergreifenden Austausch zwischen ehemaligen und aktuellen Mitarbeitenden, um die Erfahrungen, Expertisen und Leidenschaften rund um die Marke Bosch zu bestärken.
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