Abstract
Marken im Gesundheitswesen – eine Trilogie: Wie kann sich die deutsche Apotheken- und Pharmabranche neu definieren? Darum geht es in dieser Artikel-Trilogie. Ich erläutere Lösungen aus der Markenführung, mit denen Apotheken und Pharmaunternehmen die Zukunft meistern könnten. Dabei erhebe ich keinen Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit. Mein Ziel ist die branchenspezifische Reflexion und Inspiration aus markenstrategischer Perspektive.
Pharmaunternehmen gibt es wie Sand am Meer – und häufig gelingt es ihnen nicht, sich ausreichend von der Konkurrenz abzugrenzen. Ein Beispiel der zahlreichen Folgen: Aus den vielen Ibuprofen-Angeboten entscheiden sich Apotheker für etwa 3, die sie dann vorrätig haben. Weil solche Produkte, wenn es rein um den Nutzen geht, austauschbar sind.
„What, How and Why?" Diese Fragen des Simon Sinek's Golden Circle müssen sich Pharmaunternehmen stellen und die passenden Antworten finden: Zum einen, damit sie für Kunden – Health Care Professionals wie Ärzte und Apotheker – sowie für Patienten relevant und attraktiv sind. Zum anderen, damit sie die besten und passendsten Mitarbeiter anhand intelligentem Employer Brandings gewinnen und halten.
Warum dies für die Pharmabranche so bedeutend ist, zeigen einige Herausforderungen:
Aus diesem Gründen ist eine klare Positionierung wichtig: Eine für Bewerber und Mitarbeiter glaubwürdige und attraktive Arbeitgebermarke kann das Zünglein an der Waage sein, um exzellent ausgebildete Fachkräfte zu gewinnen.
Im Folgenden stelle ich Ihnen zwei Pharmamarken als Best Practice vor: Merck und Vetter Pharma. Ihnen gelang es auf unterschiedliche und somit auf eigene Art und Weise, für (potenzielle) Mitarbeiter höchst attraktiv zu sein:
2018 feierte das Darmstädter Traditionsunternehmen Merck sein 350-jähriges Bestehen. Um die komplexer werdende Markenarchitektur und den gesellschaftlichen Wandel zu meistern, entschied sich Merck 2014 zu einer 360-Grad-Markenstrategie: Es sollte zum einen eine offenere, internationalere und agilere Kultur entstehen, zum anderen die Kommunikation vereinfacht werden. Merck wollte sich wandeln vom klassischen Pharma- und Chemiekonzern zu einem lebendigen, modernen, emotional aufgeladenen Wissenschafts- und Technologieunternehmen.
Der Markenlaunch erfolgte 2015, nach innen wie nach außen. Er sollte im Unternehmen als Aufbruchssignal verstanden werden. Im Zuge dessen wurden die interne Kommunikation und das Employer Branding erneuert.
Von Beginn an wurden Mercks Mitarbeiter involviert, um die Marke neu auszurichten. Die Herausforderung bestand darin, alle 50.000 Mitarbeiter, die in weltweit 66 Ländern arbeiten, während der Veränderungen zu begleiten und zu Botschaftern der neuen Markenstrategie zu machen.
Merck implementierte einen dreistufigen strategischen Veränderungsprozess:
Dieser Prozess wurde unter anderem mit dem BoB Best of Business to Business Communication Award des Kommunikationsverbands in Gold ausgezeichnet.
Für die Implementierung setzte Merck auf verschiedene Formate, von analog bis digital – etwa Online-Markentrainings, eine weltweite Mitarbeiterkampagne oder ausgewählte „Brand Champions", die als interne Multiplikatoren ihre Kollegen einstimmten. Merck erstellte einen mobilen, digitalen Markenraum, den „Virtual Reality Brand Dome", um die Interaktion anhand der wichtigsten Markenelemente zu emotionalisieren.
Warum bei Merck arbeiten? Das erklärt der Pharmakonzern eingängig in einem Video:
Mercks Anspruch lautet „Fortschritt für Menschen überall". Diesen bringt die seit 2017 breit angelegte Employer-Branding-Kampagne „Bring your curiosity to life" sehr verdichtet zum Ausdruck. Der Antrieb durch Neugierde macht Merck aus der Historie heraus glaubwürdig und zugleich für Bewerber und Mitarbeiter extrem attraktiv. Auf diese Weise gelingt Merck eine intrinsisch motivierte Wertegemeinschaft, die sich der Lösung kunden- und patientenrelevanter Probleme verschreibt. Im 2. Teil dieser Artikeltrilogie gehe ich detailliert auf dieses Thema ein: Mehr Mut! So beenden Sie die Innovationsflaute.
Mercks Bemühungen um eine lebendige, moderne Arbeitskultur haben sich gelohnt: 2017 und 2018 wurde das Unternehmen vom niederländischen Top Employers Institute als „Global Top Employer" ausgezeichnet.
Der Pharmazulieferer Vetter Pharma aus Ravensburg stellt Produkte her, die indirekt Leben retten: Das Familienunternehmen befüllt und bepackt Injektionssysteme wie Spritzen mit Medikamenten. Die Verantwortung ist enorm: Kontaminierte Injektionen könnten schwerkranke Menschen, die solche Medikamente bekommen, töten. Auf den Chemikern und Ingenieuren laste deshalb großer Druck – „aber der Job ist ungeheuer erfüllend", sagt Frank Böttger, Leiter der Produktionswissenschaft und Produktionsverfahren. Viele der 4.400 Mitarbeiter weltweit arbeiten seit mehreren Jahrzehnten bei Vetter Pharma.
Seit der Gründung als „Chemisch-Pharmazeutisches Laboratorium Ravensburg GmbH" im Jahre 1950 erbringt das Unternehmen Spitzenleistungen. So entwickelte der Unternehmensgründer und Apotheker Helmut Vetter 1958 ein Mittel gegen Magenschmerzen, das er in die USA exportierte (die USA ist heute der größte Absatzmarkt des Unternehmens). Da es damals noch keine Blister gab, erfand Helmut Vetter eine Verpackung, um die Kapseln trocken zu halten.
Technisches Lösungsdenken, gepaart mit dem Patientenfokus einer einstigen Apotheke – dies bewahrte sich das Unternehmen bis heute: „Wir beliefern Patienten nicht mehr direkt, aber fragen uns nach wie vor, was sie brauchen. Eine Spritze, die sich ein Patient selber geben muss, muss anders aussehen, als eine, die ein Arzt verabreicht", sagt Udo Vetter, Sohn des Gründers und Beiratsvorsitzender. Diese Kultur und Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit bekommen die Mitarbeiter im Kontakt mit Kunden zu spüren. Patienten berichteten immer wieder, wie sich ihr Leben durch die Medikamente verbessere, die Vetter Pharma mitentwickelt und herstellt, so Vetter: „Das motiviert die Belegschaft ungemein."
Familienunternehmen wird oft eine Zurückhaltung gegenüber Zukunftstrends unterstellt. Bei Vetter ist das Gegenteil der Fall: Schon 1987 setzte das Unternehmen den ersten Reinraumroboter ein. Seit Jahren arbeiten die Ingenieure mit Robotik und vernetzten Geräten, weswegen Automatisierung und Digitalisierung keine großen Umbrüche erzeuge.
Trotz dieser Trends braucht es nicht weniger, sondern mehr Mitarbeiter – wenn auch aber für andere, neue Tätigkeiten. Herausforderungen wie die alternde Gesellschaft, Biotechnologie und die Nachfrage nach smarten Produkten spielt den Schwaben in die Hand. Allein im Jahr 2017 stellte Vetter 400 neue Mitarbeiter ein. Im Ravensburger Umfeld genug Spezialisten zu finden, ist nicht leicht. Das Unternehmen wirbt über verschiedene Kanäle – vom Headhunter bis zur fast altmodischen Stellenanzeige.
Die Ausrichtung des Unternehmens auf Langfristigkeit und das Bewahren seiner oberschwäbischen Mentalität macht die Marke Vetter nicht unbedingt sexy, aber berechenbar, urteilt die Wirtschaftswoche. Diese Verlässlichkeit zieht Kunden und Mitarbeiter an, die diese Werte schätzen. Aus Sicht des Geschäftsführers Peter Sölkner ist diese Haltung das entscheidende Erfolgsrezept: „Medikamente abfüllen und verschicken, das ist kein Alleinstellungsmerkmal. Reinräume haben andere auch und eine Abfüllanlage können sie sich irgendwo kaufen. Aber alles andere, das Know-how, die Beratung, die Gewissenhaftigkeit und vor allem die hohe Qualität, all das, das sind unsere Leute. Das sind wir."
Ermitteln Sie die Erfolgsrezepte Ihrer Marke aus der Vergangenheit. Damit können Sie zu Gegenwart und Zukunft Antworten formulieren, die nur zu Ihrer Marke passen.
Formulieren Sie Ihre Existenzberechtigung – nicht als Rechtfertigung, sondern als Mission dessen, was Ihre Marke und Ihr Unternehmen in dieser Welt bewirken möchten. Das Ergebnis ist ein sogenannter Moonshot, hinter dem sich Ihre Mitarbeiter und potenziellen Bewerber versammeln können. Stiften Sie so einen erlebbaren Sinn, für den es sich zu arbeiten lohnt.
Haben Sie Fragen zu dem Artikel oder wünschen weitere Informationen? Wir freuen uns über Ihre E-Mail.
Marken im Gesundheitswesen – eine Trilogie:
Teil I: Apotheken müssen sich klarer positionieren
Teil II: Mehr Mut! So beenden Sie die Innovationsflaute
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