Um sich den immer schneller drehenden Preisspiralen nach unten zu entziehen, erwägen viele Unternehmer und Markenmanager ein „Uptrading" ihrer Marken. Denn Premiummarken oder gar Luxusmarken versprechen neues Wachstum, gute Renditen und Profit.
Die – angeblich – geeigneten Handwerker wären schnell zur Stelle: eine Werbeagentur, die glänzende Augen bekommt, wenn sie die Worte „Premium" und „Uptrading" hört, eine Designagentur, die langweilige Verpackungen liebend gern aufwertet, und natürlich die Eventagentur, die bereits von Top-Class-Veranstaltungen träumt.
Edler, aufwändiger und teurer muss die Marke werden, nur: Reicht eine frisch aufgewertete, neue Werbeberfläche dazu aus? Letztendlich muss das Geld über Mehrverkäufe oder Preiserhöhungen wieder hereinkommen.
Der Vertrieb spürt in der Regel, dass mit der neuen Strategie etwas nicht stimmt: Er weiß, dass die Händler ihre Einstellung gegenüber einer vertrauten Marke nicht so schnell ändern. Und dass sie sich vermutlich fragen, ob sie ihren Kunden diese neue Strategie samt der unvermeidlichen Preiserhöhung vermitteln können.
Was ist die Folge? Muss sich das Markenunternehmen neue Händler suchen, die im Premiumbereich angesiedelt sind? Und würden diese die Marke überhaupt in ihr Sortiment aufnehmen?
Um das Risiko des Scheiterns möglichst niedrig zu halten und die Erfolgschancen zu erhöhen, macht es Sinn, sich mit den Leistungsinhalten und Grenzen der Markensysteme in der Spitzenklasse zu beschäftigen.
Für die Marketing Review St. Gallen, der Marketingfachzeitschrift der Universität St. Gallen, haben wir versucht, die Struktur der Markensysteme in den Top-End-Marktsegmenten transparent zu machen und den Luxusbegriff weiter zu differenzieren.
Dazu entwickelten wir eine Unterteilung, die sich über die Parameter „Nutzenfokus" und „Leistungsführerschaft" definiert. Ausgehend von der Annahme, dass Luxusmarken neben dem Leistungsnutzen auch immer einen Statusnutzen haben, ergeben sich in vier Feldern eine für das wirksame Uptrading von Markensystemen hilfreiche Struktur.
Das sind die Unterschiede zwischen Premiummarke, Prosumermarke, Prestigemarke und Luxusmarke:
Beispiele für diese vier Kategorien:
An den gewählten Parametern und der daraus resultierenden Unterteilung erkennt man: Die Voraussetzung für ein Uptrading ist ein möglichst überlegenes Leistungsbündel. Anders ausgedrückt: Nur mit Oberflächenmarketing kann aus einer Massenmarke keine Top-Class-Marke werden.
Allerdings: Allein die Konzentration auf die Leistungsebene macht noch lange keine Luxusmarke! So bemüht sich die Uhrenmarke Omega, im Luxussegment Fuß zu fassen. Zwar präsentiert sich ihr Markenakku aktuell durch große, geschichtsträchtige Errungenschaften voll geladen: Schließlich war sie die erste Uhr auf dem Mond und zierte auch das Handgelenk vieler James-Bond-Darsteller. Trotzdem hält sich die Marke eher im oberen Premiumsegment als im Luxussegment auf.
Mit Marken wie Patek Philippe und Rolex kann Omega nicht Schritt halten – die Glaubwürdigkeit für den Luxusbereich fehlt, die Preisspanne im Produktportfolio ist zu groß, die Distinktion für den Kunden bei Besitz einer Omega-Uhr nicht groß genug.
Neben einem ausgezeichneten Leistungsbündel ist dies der zweite Treiber: der Nutzenfokus. Ein überragender Grund- und Zusatznutzen ist die Eintrittskarte in die Oberklasse der Marken. Beim Kauf einer Luxusmarke demonstriert der Kunde hauptsächlich seine eigenen Wertvorstellungen und ruft trennende Klassen- oder Gruppenzugehörigkeit hervor. Daher erfüllt Luxus für seine Käufer besonders den Nutzen sozialer Selektion und Selbstverwirklichung.
Wer die Anreicherung des funktionellen Produkts mit einem Statusnutzen meistert, beweist das notwenige Geschick für die elaborierte Markenführung in der Champions League!
Im Gegensatz zu Omega hat Daunenspezialist Moncler den Aufstieg zur Statusmarke gemeistert. Geduldig bereitete der Ausrüster für Gebiergsexpeditionen seine Kunden auf den Wechsel ins hochpreisige Segment vor. Mit eigenen Monobrand Stores verfügt die Marke über Distributions- und Kontaktpunkthoheit und bietet nun auch Kollektionen im Prêt-à-porter-Bereich an. Den Glamour erhält die Marke durch ausgewählte Hollywood-Prominenz.
Beweisbare Weltrekorde in der Leistungsgestaltung, die zugleich einen Statusgewinn bedeuten, sind besonders reizvoll für den abgrenzungswilligen Luxuskunden. Produkte von Marken wie Leviev oder Graff aus dem Ultra-High-End-Bereich sind an Perfektion nicht mehr zu übertreffen.
Der Feind dieser Luxusmarken ist daher der Absturz in die Gewöhnlichkeit: mit einer zu weiten Verbreitung der Produkte sowie der Demokratisierung der luxuriösen Produkte. Mit viel Feingefühl muss die Erreichbarkeit und die sakrale Inszenierung der Luxusmarken genauestens austariert werden. Sobald eine Luxusmarke von ihren Verwendern nicht mehr mit Mondänität, Eleganz, Exklusivität und Prestige assoziiert wird, ist sie gut beraten, sich wieder rar zu machen.
Par exellence führte Gucci die Transformation ihrer Marke durch. Vor wenigen Jahren noch auf den Schwarz- und Ramschmärkten der Welt omnipräsent, rangiert sie durch die gewagte Volte von Alessandro Michele nun wieder auf Weltspitzenniveau. Radikal wurde die Produktlinie neu gedacht und verkleinert, Distribution verengt, Qualitätsmängel ausgemerzt und sich wieder auf ihren Markenkern besonnen. Gucci ist wieder provokant, aufregend und lässig.
Der entscheidende Punkt im Uptrading-Prozess ist die – unbedingt nötige – Einstellungsänderung der Menschen gegenüber der Marke. Das fängt im eigenen Unternehmen an und geht bei Absatzmittlern, Kunden, Beobachtern und Beeinflussern weiter. Nur wenn sich deren Ansichten und Bewertungen ändern, wird aus einer Durchschnittsmarke eine Spitzenmarke, die von den hohen Renditen im Top-Class-Segment profitieren kann.
Absolute Leistungsüberlegenheit muss dementsprechend kommuniziert werden, um das Uptrading zu unterstützen. Die größte Gefahr lauert in einem Vermittlungsdefizit nach innen. Starke Marken wachsen immer von innen nach außen, das gilt selbstverständlich auch für Luxusmarken.
Wer als Luxusmarke diese Hürde genommen hat, muss sich bewusst werden, dass sich auch das Markenverhalten ändert: in Kommunikation, Tonalität und Lautstärke. Aufdringlichkeit steht eher Prestigemarken, während Vornehmheit, Diskretion und Stilwille nur wahren Luxusmarken zugeschrieben werden.
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Dr. Judith Scholz
Partner
Wer die Anreicherung des funktionellen Produkts mit einem Statusnutzen meistert, beweist das notwendige Geschick für die elaborierte Markenführung in der Champions League!
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