Wer zwischen 1980 und 2000 das Licht der Welt erblickt hat, darf sich stolz Millennial nennen, ein gesundes Maß an Work-Life-Balance fordern und den Sinn des Lebens in Yoga Retreats suchen. Außerdem ist es völlig legitim, den ersten Job nach dem Studium mit einer 80%-Beschäftigung anzutreten.
Millennials sind die wohl am besten erforschte Generation überhaupt. Darum wissen wir: Diese junge Generation hat eine besondere Lebenseinstellung. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie faul wäre oder unambitioniert.
Diese selbstbewusste Altersgruppe hat oftmals eine ausgezeichnete Bildung genossen, im Ausland studiert und früh die Welt bereist. Geübt in permanenter Selbstdarstellung und -inszenierung würde die Hälfte dieser narzisstisch veranlagten Generation lieber aufs Frühstück verzichten als auf ihr Smartphone (So tickt die Generation der Millennials).
Nun überrollen sie die Märkte mit ihrer Kaufkraft und lassen Marken ratlos und nervös zurück. Was können sie tun, um der der fordernden Konsumkultur der Millennials gerecht zu werden? Muss sich jetzt jede Marke verjüngen und „millennialstauglich" werden?
Auf Google trumpft der Begriff „Millennials" mit 46,7 Millionen Ergebnissen auf, während die „Generation X" (die ältere Generation) nur auf 26,5 Millionen Einträge kommt. Aber die Dominanz der Millennials ist nicht nur im World Wide Web spürbar, sondern auch im realen Leben. Selbst im Luxusbereich gelten die Millennials als äußerst relevante Käuferschaft, bedingt durch deren steigende Kaufkraft in den Jahren 2020 bis 2025. Zu diesem Ergebnis kommt die BrandTrust-Studie „Digital Luxury: How The Digital Transformation Shapes Luxury Brands" vom November 2018.
Die erstarkende Kaufpräsenz der Millennials fordert Marken grundlegend heraus. Diese müssen adäquate Antworten finden, damit sie von der jungen Käuferschaft als relevant und attraktiv wahrgenommen werden.
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Das muss man dieser Generation zugutehalten: Sie revolutioniert die Welt mit ihrer digitalen Lebenseinstellung und fördert Fortschritt und Innovation. Von Marken erwarten sie ein hohes Maß an Transparenz und Ehrlichkeit. Das unendliche Angebot an Information macht sie zu einer höchst wachsamen und gut informierten Generation, der man nur schwer etwas vormachen kann.
Umso wichtiger wird es für Marken sein, in dieser transparenten Welt glaubwürdig offenzulegen und klar zu kommunizieren, für welche Werte sie stehen. Millennials suchen explizit nach Marken, die ihrem Wertekanon entsprechen. Typische Millennialmarken aus dem Modebereich – etwa Nike, Benefit Kosmetik oder Urban Outfitters – besitzen ein klares Profil für diese Altersgruppe und vermitteln ihr das bestärkende Gefühl, einzigartig zu sein.
Marken, die das ab Gründung verstanden haben, sind aufstrebende und distinktive Nischenplayer, beispielsweise Vetements oder Off-White. Innerhalb weniger Jahre konnten sie eine kauffreudige und treue Fangemeinde um sich scharen. Solche Nischenmarken zeichnen sich durch einen lässigen, minimalistischen und alltagstauglichen Stil aus und erheben Individualismus und gelebte Andersartigkeit zum kaufentscheidenden Kriterium. Laut einer Umfrage unter europäischen Millennials präferieren 56 % Marken, von denen ihr soziales Umfeld noch nie gehört hat.
Das Geheimrezept Givenchys liegt ebenfalls im Wertekanon: Weibliche Stärke, Gleichberechtigung und Weltoffenheit zeichnen diese Marke aus. Das sind Werte, die auch als oberste Prinzipien der Millennials gelten und somit deckungsgleich sind.
Das Gleiche gilt übrigens für Luxusmarken: Auch sie müssen die zentralen Werte der kaufkräftigen Millennials beachten, wenn sie diese langfristig für sich gewinnen möchten.
Was wir festhalten können: Egal, ob Nischenplayer oder Star-Brand: Millennials erwarten von Marken, dass sie eine klare Haltung zu Themen entwickeln, die sie betreffen und interessieren.
Im Vergleich besitzen Millennials nicht mehr Geld als ihre Vorgängergeneration. Oftmals ist der Bildungsweg länger und die Ausbildung schlecht bezahlt. Ihr Umgang mit Geld folgt dem Motto: „Wenn Geld da ist, gebe ich es aus – wenn nicht, verzichte ich."
Mit oder ohne Geld – Millennials wollen etwas erleben und sich gedanklich auf den nächsten Kauf vorbereiten. Dazu betreiben sie einen hohen Informationsaufwand in den sozialen Netzen.
Die jungen Käufer sind stets auf der Suche nach dem nächsten außergewöhnlichen Erlebnis, die Bereicherung der eigenen Persönlichkeit steht für sie im Vordergrund. Mit dieser Einstellung revolutionieren sie den gesamten Retail. Nur einfache Produkte shoppen? Das wäre zu eindimensional – die ganze Welt der Marke will konsumiert werden: Für den Großteil der Millennials spielt die Lieblingsmarke eine wichtige Rolle in ihrem Leben.
Offline gelingt es erst wenigen Vorreitern, bereits die Vorkaufphase und dazu die Nachkaufphase mit anziehenden Erlebnissen zu spicken. Der Handel muss sich gut überlegen, wie physische Stores dieser täglichen Erlebnissucht entsprechen können. Er muss Momente bieten, die „insta-worthy" sind.
Online wünschen sich die Kunden mehr Inspiration. Und sie erwarten ein Ineinandergreifen der analogen und digitalen Welt. Unbedingt müssen sich Marken damit auseinandersetzen, die Übergänge beider Welten – online und offline – nahtlos zu gestalten, um das Gesamterlebnis nicht zu stören.
Was wir festhalten können: Die Kundenreise muss als Ganzes betrachtet werden, nicht jede Phase einzeln. Millennials wollen im kuscheligen Ökosystem der Marke auf hohem Niveau unterhalten werden.
Millennials setzen eine personalisierte und auf sie zugeschnittene Kundenreise grundsätzlich voraus. Zu lange wurden die Erfolgsmuster von Amazon – einfache Bedienbarkeit, direkte Kundenansprache und Customer Centricity – gelernt. Wer hier technisch alles richtig macht, hat nicht zwangsläufig die Nase vorn. Marken müssen die Sehnsüchte ihrer Kunden kennen, noch bevor diese sich selbst darüber im Klaren sind.
Passend zum (noch) kleinen Geldbeutel der Millennials reagiert der Fast-Fashion-Experte H&M auf den Wunsch seiner Kundschaft, auch Luxusmarken nahe zu sein: Kollaborationen, etwa mit Moschino, demokratisieren den High-Fashion-Bereich und machen ihn zugänglicher für die junge Käuferschaft.
Adidas reagiert auf das Drängen der Kunden, die auf dem Laufsteg vorgestellte Modelle sofort tragen wollen. Innerhalb von nur sechs Stunden sind die personalisierten Sneaker „Ready to Wear". Zalandos kostenlose Stilberatung Zalon nutzt die gesammelten Daten der Kunden für ein kuratiertes Shopping-Erlebnis, das den Samstagsbummel durch die Innenstadt mit der besten Freundin ersetzt.
Was wir festhalten können: Egal, in welchem Preissegment sich Ihre Marke bewegt – sie sollten die Träume Ihrer Kunden kennen. Verbrüdern Sie sich mit Ihrer Käuferschaft. So sichern sich Marken die langfristige Markenloyalität.
Millennials fungieren als Katalysatoren und Meinungsführer anderer Generationen. Sie besitzen eine taktgebende Funktion und sind als Trendsetter bekannt. Sie haben also Einfluss auf die Kaufentscheidungen älterer Generationen.
Das heißt nicht, dass jede Marke ab sofort zur Millennialmarke mutieren muss. Im Gegenteil: Bleiben Sie sich bitte selbst treu! Dass dies jedoch kein Appell für Stillstand ist, sollte das Schicksal von Modemarken wie Gerry Weber, Basler oder Marc Aurel beantworten. Manchmal ist schon eine Modernisierung die richtige Verjüngungsstrategie, um sich Relevanz zu erkämpfen.
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Dr. Judith Scholz
Partner
Der Handel muss sich gut überlegen, wie seine Stores dieser täglichen Erlebnissucht entsprechen können. Er muss Momente bieten, die „insta-worthy“ sind.
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