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Pharmaindustrie und Marke - Image from Pixabay

25. November 2019

Pharmaindustrie: Wer die Marke als Management-Tool nutzt, gewinnt

Pharmaunternehmen haben große Verantwortung: Sie tragen dazu bei, dass Gesundheitswirtschaft und Gesundheitssysteme funktionieren. Aber sie stecken in der Krise: Wettbewerbsdruck, gesättigte Märkte und Imageprobleme machen ihnen zu schaffen. Mit der Marke als vollumfängliches Management-Tool können sie diese Hürden kraftvoll überwinden.

Die Gesundheitswirtschaft gewinnt an ökonomischer Bedeutung – weltweit. Das liegt unter anderem an dem erhöhten Gesundheitsbewusstsein der Menschen, am demografischen Wandel und am medizinisch-technischen Fortschritt.

Also brummt es im Pharma-Business? Leicht kann dieser Eindruck entstehen. In der Tat scheint ihr Status quo beeindruckend: Bei Umsatz und Beschäftigung weist sie kontinuierliches, teils überdurchschnittliches Wachstum auf. Die sozialen und demografischen Trends scheinen sich vorteilhaft für sie auszuwirken. Dazu kommt ihre relative Unabhängigkeit der gesamtwirtschaftlichen Konjunktur und ihre hohe gesellschaftliche Bedeutung.

Alles bestens also? Kann es weiter gehen wie bisher? Nicht wirklich. Denn die Liste der Herausforderungen, welche die Branche in Deutschland zu stemmen hat, ist lang:

  • Die beginnende schwächelnde Konjunktur und möglicherweise eine Weltwirtschaftskrise
  • Unsteter politischer Wind aus dem Ausland (etwa durch den Brexit)
  • Ein teils durch die Globalisierung verstärkter Preiskampf; es drängen immer mehr Wettbewerber aus Ländern wie Indien oder China in den deutschen Markt.
  • Eine immer rasantere medizinische und technologische Entwicklung, Health-Tech-Startups treiben diese voran; viele Pharmaunternehmen können kaum noch mithalten.
  • Es fehlt eine gesamtheitliche Lösung, wie das Gesundheitssystem die Digitalisierung als Wachstumskatalysator für sich nutzen kann – im weltweiten Vergleich ist Deutschland längst abgehängt.
  • Die stetige Forderung der Politik, die Kosten zu senken, erhöht den Preisdruck auf alle Akteure, denn die Margen werden immer geringer.
  • Immer stärkere Regulierungen und Vorgaben
  • Hausgemachte Probleme wie Qualitäts- und Korruptionsskandale; diese haben das Vertrauen in die Pharmaindustrie untergraben. Fatal in einer Branche, deren Produkte man (blind) vertrauen muss. In der jährlichen PwC-Befragung „Healthcare Barometer" werden Pharmaunternehmen immer noch von fast 70% der Befragten eher als Gewinnmaximierer wahrgenommen, weniger als Innovatoren.
  • Interne Folgen der starken Regulierungen (und ihrer immer häufigeren Verfehlungen) sind Strafzahlungen und Klagewellen, die ein Unternehmen lähmen können.
  • Für Originalhersteller: Viele Patente der Blockbuster-Produkte, die über Jahrzehnte Verkäufe gesichert haben, stehen kurz vor Auslauf. Das gefährdet Profitabilität und Wachstum der Unternehmen.
  • In manchen Bereichen herrscht ein Fachkräftemangel, der sich verstärkt.

Hinzu kommen Herausforderungen für Marketing und Vertrieb: Digitalisierung, Vernetzung und Entwicklungen in anderen Branchen erhöhen die Kompetenz und die Mitspracheerwartung der Patienten. Sie entwickeln sich zu immer mündigeren „Konsumenten". „Health Care Professionals" (HCPs, darunter fallen Ärzte, Apotheker, aber auch assistierendes Personal) sind zwar nach wie vor wichtige Entscheider für das Verschreiben und die Abgabe von Medikamenten, aber das Machtgefüge verschiebt sich.

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Das zeigt sich auch in der Apothekerbranche: Die Apothekenzahlen sind in Deutschland im freien Fall, während Versandhändler und Amazon in den Markt drängen – teils mit eigenen, neuen Marken und Franchise-Modellen. Pharmaunternehmen müssen jetzt ein breiteres Spektrum von Stakeholdern einbeziehen und über mehrere Kanäle hinweg nutzen, um ihren ROI für Marketinginvestitionen zu verbessern.

Pharmaunternehmen sind in der Zwickmühle

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Pharmazeutische Unternehmen stehen unter Druck. Sie sollen sichere, wirksame und kostengünstige Medikamente anbieten, während sie weiterhin innovativ, konform und rentabel sein müssen. Nie war es für sie schwieriger, einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Das zeigen die seit Jahren sinkenden oder vor sich hin dümpelnden Umsätze von Firmen wie Pfizer oder AstraZeneca.

Um Wachstum zu generieren, spielen große Konzerne seit Jahren eine Art Übernahme-Bingo; Nur ein Teil der Akteure im Gesundheitswesen weiß, welches Unternehmen gerade zu wem gehört. Manche Pharmaunternehmen stellen bereits weniger her – oder nur noch bestimmte Präparate. Das führt immer häufiger zu Lieferengpässen. (Dennoch ist die Grundsicherung mit Medikamenten in Deutschland noch nicht gefährdet.) Wachsen können fast nur noch sogenannte A-Firmen, die sich an das preislich untere Ende gesetzt haben.

Es zeichnet sich ab: Wer in der Pharmabranche Geschäftsmodelle zukunftsfähig gestalten will, wird gewohnte Wege verlassen müssen.

Die Marke: ein Business-Enabler für unsichere Zeiten

Je nach Marktsättigung und Wettbewerb gibt es Maßnahmen und Werkzeuge, die zielführend sind. Diese Matrix zeigt die passenden Mittel für eine niedrige und hohe Marktsättigung beziehungsweise einen hohen oder niedrigen Wettbewerbsdruck:


Sind Marktsättigung und Wettbewerbsdruck niedrig, ist guter Vertrieb am effektivsten. Steigt der Wettbewerbsdruck, braucht es Werbung. Ist der Wettbewerbsdruck niedrig, die Marktsättigung hoch, braucht es gutes Marketing.

Das Pharma-Marktumfeld ist sowohl kompetitiv als auch gesättigt. Die Spielregeln ändern sich immer schneller. In diesem Umfeld braucht es ein Managementwerkzeug, das Pharmaunternehmen resilient macht. Eines, das die Spitzenleistungen und Stärken erfolgreich in die Zukunft führt. Sie ahnen es: Dieses Allrounder-Werkzeug ist die Marke:

  • Sie bietet den nötigen Rahmen für agiles, integres Handeln.
  • Sie sorgt für Attraktivität und Begehrlichkeit.
  • Sie hilft, Mitarbeiter zu gewinnen.
  • Sie gibt im Transformationsprozess Orientierung und Halt.

Die Branche unterschätzt die Kraft der Marke

Die Marke ist ein Werkzeug, das nicht nur Produkte, sondern ganze Unternehmen glaubwürdig, attraktiv und differenzierend positioniert. Sie vereint Kultur, Identität, Mission und Vision. So offensichtlich ihr Potential ist – die Pharmabranche ist dennoch wenig markenaffin. Das liegt unter anderem daran, dass die Branche etwas anderes darunter versteht: Sie spricht klassischerweise von einer Marke und einer Markenstrategie, wenn ein Wirkstoff einen Namen bekommt und mithilfe von Marketing vertrieben wird (Wirkstoff und Name des Zulassungsinhabers, Marke oder Warenzeichen). In Deutschland ist dies teils gesetzlich vorgegeben durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Das ist jedoch nur eine Variante vor mehreren, wie ein Pharmaunternehmen eine Marke nutzen kann. Es gibt drei Arten von Pharmamarken:

  • Produktmarken: Hier ist das Produkt der Held, zum Beispiel Voltaren oder Aspirin. Eine Produktmarken-Strategie ist vor allem bei teuren Originalpräparaten sinnvoll.
  • Familienmarken: Alle Produkte werden mit einem Leistungsnamen verbunden. Die klassische ratiopharm-Strategie mit Markennamen wie „Ibulysin-ratiopharm" ist ein Beispiel dafür.
  • Unternehmensmarken: Der Hersteller des Produkts dient als Vertrauensanker (zum Beispiel Henkel oder Bayer). Das ist zum Beispiel wichtig für Endorsement und Employer Branding.

Welche Markenart wann, wie und warum zum Einsatz kommt, wird idealerweise in einer logisch abgeleiteten Markenarchitektur festgelegt. Warum das sehr wichtig ist, zeigt sich im Übernahme-Bingo, von dem bereits die Rede war. Denn Konzerne, die über Akquisitionen wachsen, haben zwei markenstrategische Herausforderungen zu meistern:

  • Sie müssen die zugekauften Pharmamarken sinnvoll in das bestehende Portfolio integrieren.
  • Sie stehen vor der Aufgabe, stabile und wertstiftende Familien- und Leistungsmarken aufzubauen, die den tiefgreifenden Veränderungen standhalten und den Kern ihrer Stärken bewahren.

Der Produktmarken-Fokus hält sich hartnäckig

Damit die Kraft der Marke ihre volle Wirkung entfalten kann, müssen die zentralen Player fundamental umdenken. Sie müssen verstehen, was ein effektives Markenmanagement eigentlich bedeutet. Denn das implizite Rezept für eine Markenstrategie (unabhängig von Produkt oder Markt) lautet nach wie vor:
Produkt (bzw. Indikation) + Claim/Werbeversprechen + Taktik (um beides zu kommunizieren).

Dieses Markenverständnis wird kaum hinterfragt. Es hält sich seit mindestens 50 Jahren erstaunlich hartnäckig, stellt Professor Brian D. Smith – er ist seit den 1970ern in der Gesundheitsbranche tätig – verwundert fest:

„Dass die Ausgestaltung einer Markenstrategie seit Jahrzehnten konstant bleibt, ist für mich ein Rätsel. (....) Seit ich ein junger Mann war, hat die Technologie sowohl in der Biologie als auch in den Informationswissenschaften einen Sprung nach vorne gemacht. Soziologisch gesehen waren Globalisierung, Demografie und andere Trends gravierend. Folglich sollte sich doch auch die Markenstrategie weiterentwickeln, sich an diese sehr veränderte Welt anpassen? Trotzdem deuten meine Forschungsinterviews meist darauf hin, dass die Markenstrategie in den 1970er Jahren stecken blieb, einer Zeit, in der ich eine Schlaghose trug und Abba hörte."

In diesem (veralteten) Verständnis ist Marke eine reine Marketingdisziplin, die sich fast ausschließlich anhand externer Marktfaktoren weiterenwickelt und fast nur für die frei verkäuflichen OTC („Over-The-Counter")-Produkte angewendet wird.

Doch wir können zumindest eine partielle Weiterentwicklung dieses Verständnisses beobachten. Immer mehr Gesundheits- und Pharmaunternehmen verstehen, dass ein starkes Markenimage wichtig ist, um Vertrauen zu gewinnen und um starke Beziehungen zu HCPs und Patienten aufzubauen. Studien zeigen: Eine Verbesserung des Markenimages und des Ansehens um 5 % (Jahresdurchschnitt) kann den Aktienkurs um 1,5 % steigen lassen. Immer mehr Unternehmen verstehen nun, dass sie eine neue Kunden- und Patientenorientierung brauchen: Sie bewegen sich weg vom rein frontalen, werbeorientierten Monolog und hin zu einem serviceorientierten Dialog.

Dieser ist zum Teil sehr gut auf bestimmte Stakeholder-Gruppen zugeschnitten. Dieses Engagement belohnen die entsprechenden Stakeholder mit dem gewünschten Abgabe- und Kaufverhalten. Solche Unternehmen profitieren von Loyalität, Wiederkauf/-wahl, Durchsetzung von Preisprämien, Cross-Selling – also von messbarer Markenattraktivität. Dennoch: Aktuell gibt es noch zu viele rein taktisch angelegte Kampagnen, die ausschließlich anhand der Abteilungsstrategien von Marketing und Vertrieb entwickelt wurden.

Die Marke, ein Marketing-Tool? Nein, ein Managementinstrument!

Vor allem das fehlende Vertrauen erschwert Pharmaunternehmen heute das Geschäft – also nicht nur Wettbewerbsdruck und Marktsättigung. Menschen – egal, ob Patient, Konsument, HCPs oder (potentielle) Mitarbeiter – wählen Marken, denen sie vertrauen und mit denen sie sich identifizieren können. Kampagnen (und seien sie noch so gut) lehnen sie ab, wenn sie zu oberflächlich sind, also nicht mit beweisbaren, nachhaltig glaubwürdigen Leistungen unterfüttert werden oder nicht dem realen Verhalten des Werbenden entsprechen. Fehlende Integrität kommt schnell ans Licht.

Obendrein müssen Unternehmen zahlreiche interne Fragen klären: Wie finde und halte ich gute Mitarbeiter? Wie motiviere ich sie? Dazu kommen gesellschaftlich relevante Fragen: Was trägt mein Unternehmen, meine Marke im großen Kontext bei? Was macht die beiden einzigartig?

Diese Themen machen klar: Das Markenmanagement kann keinesfalls eine exklusive Aufgabe des Marketings sein. Vielmehr sind Marketing und Kommunikation wichtige Bestandteile des Markenmanagements.

Dieses wirkt sich, sofern vollumfänglich verstanden und umgesetzt, auf alle Unternehmensbereiche aus. Die Unternehmensmarke wird als Vertrauensanker wichtiger, sie wird zum Steuerungstool der Führungs- und Unternehmenskultur. Letztendlich ist jeder Mitarbeiter (von der Produktion bis zum Top-Management) ein Markenkontaktpunkt. Ein jeder davon beeinflusst, wie das Unternehmen und seine Produkte wahrgenommen werden – nach innen wie nach außen.

In einer fundierten, praktikablen Markenstrategie wird in wenigen Zeilen festgehalten, was die Marke glaubwürdig macht, was sie leistet, wie sie attraktiv wirkt auf Stakeholder und Gesellschaft und wodurch sie sich vom Wettbewerb unterscheidet.

Klassische Bausteine einer Markenstrategie fassen punktgenau zusammen ...

  • was die Marke charakterisiert (etwa in Markenkernwerten, die auf Spitzenleistungen basieren)
  • was die Marke bietet / bieten will (zum Beispiel zusammengefasst in einer Positionierung, die Selbstverständnis und Leistungsversprechen in sich vereint)
  • wie die Marke wahrgenommen werden soll (etwa in Form eines Ein-Wort-Wertes)
  • wie die Markenkontaktpunkte gesteuert werden (mithilfe einfacher Markenregeln)

Das nächste Level ist eine Mission und/oder Vision. Diese drücken aus, was die Marke, das Unternehmen und ihre Mitarbeiter antreibt. Sie beschreiben, was gemeinsam erreicht werden soll (Achtung: Unternehmenswachstum ist keine Mission!). Werden diese Elemente über alle Länder, Hierarchieebenen, Abteilungen und Funktionen hinweg konsequent umgesetzt – an der Oberfläche wie in der Tiefe der Kultur – haben wir es mit markenzentriertem Management zu tun, das jeden Aspekt im Unternehmen verbessert.

Die Vorteile solchen Handelns sind deshalb nicht nur loyalere Kunden und ein besseres Image. Hinzu kommen:

  • mehr und passendere Bewerber
  • motivierte und somit produktivere Mitarbeiter
  • schnellere interne Prozesse, weil Entscheidungen klarer getroffen werden können
  • mehr Durchsetzungskraft im Wettbewerb
  • Resilienz und Zukunftsfähigkeit in unsteten Märkten

Zu den bekanntesten Unternehmen, die konsequentes Markenmanagement betreiben, gehören öffentlichkeitswirksame Marken wie Apple oder Red Bull. Das sind starke Marken, weil sie mit ihren Überzeugungen, Produkten und Aktivitäten Geschichten erzählen. Sie ecken an, polarisieren. Starke Marken zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht zwingend möglichst viele Kunden gewinnen wollen. Stattdessen gelingt es ihnen, Wertegemeinschaften aufzubauen, die über klassische Zielgruppen-Segmentierungen hinaus gehen.

Die Marke Volvo beweist, dass man eine starke Marke auch leise aufbauen kann. Dem Autobauer ist es gelungen, sich auf ein Thema zu positionieren, das in seiner Branche eigentlich selbstverständlich sein sollte und zugleich hoch emotional aufgeladen ist: Sicherheit.

Volvo setzte sich als Ziel, dass ab 2020 niemand in oder durch einen neuen Volvo verletzt oder getötet wird. Dass dies kein reines Lippenbekenntnis ist, zeigt sich in der langen Liste der Spitzenleistungen, die darauf einzahlen: zum Beispiel die Erfindung des Dreipunktgurtes. Oder die Fußgängererkennung mit Selbstbremse. Wie nimmt ein Mitarbeiter „Sicherheit" wahr? Zum Beispiel beim Exit: Wer Volvo verlassen muss, wird im Dienste der finanziellen Sicherheit auf der Suche nach einer neuen Arbeit unterstützt.

Auch in der Kommunikation und in Kampagnen steht das Thema im Zentrum:

Das Ergebnis des Volvo-Unisonos: Im Jahr 2018 erzielte Volvo einen weltweiten Umsatz von rund 253 Milliarden Schwedischer Kronen – das ist im Vergleich zu 2013 mehr als eine Verdopplung.

In der Pharmabranche gibt es ebenfalls Vorreiter im Brand Management. Teva Deutschland/Österreich, die mit den Marken ratiopharm und AbZ-Pharma zwei der erfolgreichsten deutschen Pharmamarken besitzt, etablierte 2017 ein umfassendes Brand Management, das erste Früchte trägt. So hat sich die Marke AbZ-Pharma in nur 2 Jahren von „ratiopharms kleiner Schwester" hin zum „PTA-Versteher" entwickelt - Quelle. Ein weiteres Beispiel ist Merck, das seine Markenkontaktpunkte, Kampagnen und Employer-Branding-Aktivitäten rund um das Thema „Neugier" aufbaut.

Markenmanagement als Change-Prozess

Ein bisschen Marke geht nicht. Wer die Marke als ganzheitliches Management-Tool einsetzen will, muss das gesamte Unternehmen miteinbeziehen. Auch wenn das bedeutet, in einer komplexen Markenarchitektur, wie sie in der Pharmabranche üblich ist (Quelle) eine umfassende Klammer zu finden, die alle Energien und Aktivitäten sinnvoll bündelt.

Also braucht es eine Markenorganisation, die zum Unternehmen passt. Ein Beispiel: Als unternehmensstrategische Querschnittsfunktion arbeitet das Markenmanagement mit allen Abteilungen zusammen und wird von speziell befähigten Gremien, Führungskräften und Mitarbeitern („Markenbotschaftern") unterstützt. So wird sichergestellt, dass die Markenkontaktpunkte so konzipiert und angepasst werden, dass sie den Vorgaben der Markenstrategie entsprechen. In einer Art Cockpit werden die Aktivitäten getrackt und mit den Unternehmens-KPIs in Korrelation gesetzt. So werden die Effekte des Markenengagements nachhaltig und langfristig überwacht.

Die Etablierung des Markenmanagements ist ein Change-Prozess, der Konsequenz, Durchhaltevermögen und unternehmenspolitisches Geschick verlangt. Ob er überhaupt initiiert und erfolgreich umgesetzt wird, hängt von überzeugten Einzelpersonen ab. Es braucht eine zentrale Markenautorität mit einem tiefgreifendem Verständnis für ihre Wirkungsweisen. Eine Autorität, die das Markenmanagement vorantreibt und vorlebt.

Ein Brand-Manager ist dann kein Produktmarken-Manager mehr. Der Unterschied: Während Produktmanager ihr Wissen in erster Linie zur Umsatzsteigerung nutzen, sind Markenmanager Strategen. Sie sind für Markenführung, -entwicklung und -positionierung verantwortlich – unabhängig von den Produkten. 

Je höher diese Person im Unternehmen angesiedelt ist, desto besser. Der CEO muss entweder selbst diese Autorität sein oder sollte zumindest das Brand Management aus Überzeugung unterstützen. Warum man dieses Vorgehen in der Pharmabranche bisher nur stellenweise beobachten kann – zum Beispiel bei Teva Deutschland/Österreich – liegt unter anderem an den schnellen Generationswechseln auf der obersten Chefebene. Viele Bosse wollen in den wenigen Jahren, in denen sie ein Unternehmen führen, ihre Spuren hinterlassen und sind auf kurzfristige, schnell sichtbare Erfolge aus. Doch der Markenerfolg ist auf Langfristigkeit ausgelegt. Darum mag es zum Beispiel für familiengeführte, auf langfristig sichtbare und nachhaltige Erfolge ausgerichtete Unternehmen attraktiver erscheinen, starke Marken aufzubauen.

Wenn es um Markenmanagement geht, agieren Pharmaunternehmen in der Regel aus der Not statt aus der Lust heraus. Doch auch in der Gesundheitsbranche gibt es sie, visionäre CEOs. Es gibt Querdenker und Quereinsteiger, die frischen Wind bringen und zu einem Umdenken beitragen.

6 Tipps, wie der Wandel gelingt

In unseren zahlreichen Markenprojekten in verschiedenen Branchen sowie in der Pharma-Branche haben wir festgestellt:

Das sind die 6 wichtigsten Stellhebel, um ein wirksames Markenmanagement in der Organisation aufzubauen:

  1. Platzieren Sie das Vorhaben so weit oben wie möglich. Der CEO muss es wollen, unterstützen.
  2. Ist der CEO mit dem Thema nicht vertraut oder nicht überzeugt von seiner Relevanz, sind handfeste Erfolgsbeispiele und Referenzen nötig, um aufzeigen, wie die Marke als Business-Enabler wirken kann und ihr Erfolg mit KPIs gemessen werden kann.
  3. Beteiligen Sie von Anfang an alle Meinungsbildner, Schnittstellen und Schichten (selbst die operativ tätigen Mitarbeiter), um eine fundierte Markenorganisation aufzubauen.
  4. Das Brand Management darf nicht als Satellit aufgebaut werden, sondern muss als Querschnittsfunktion im Unternehmen verankert sein. Dies schließt jedoch nicht aus, dass das Markenmanagement einer anderen Querschnittsfunktion zugeordnet wird, beispielsweise der Unternehmenskommunikation oder sogar in HR.
  5. Gestalten Sie den Change-Prozess so praktikabel wie möglich. Wissensaufbau und Befähigung ist wichtig. Doch es darf nicht bei einzelnen Workshops und Arbeitsgruppen bleiben. Seine Auswirkungen auf die alltägliche Arbeit müssen schnell sichtbar werden.
  6. Um im Markt an Energie und Relevanz zu gewinnen: Lernen Sie die Bedürfnisse und Knappheiten ihrer zentralen Stakeholder kennen. Bedienen Sie diese mithilfe Ihrer Stärken, wie es AbZ beispielhaft zeigt. Richten Sie Ihre Leistungen und Markenkontaktpunkte danach aus.
 

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