Abstract
Woran erkennen wir bereits heute, was den Markenerfolg von morgen bestimmen wird? In der Reihe „Brand Future“ stelle ich aktuelle Ereignisse zusammen, die eine genauere Betrachtung verdienen: weil sie womöglich richtungsweisend sind. Sie basieren auf meinem Podcast BrandTrust Talks Weekly und auf meinen Beiträgen auf LinkedIn. Ich freue mich, wenn Sie dort mit mir diskutieren.
Diese Ereignisse sind mir in den vergangenen Wochen aufgefallen. Sie geben Hinweise darauf, wie die Markenkommunikation der Zukunft aussehen kann:
Hören Sie sich die Pocast-Episoden "BrandTrust Talks Weekly" an und diskutieren mit mir über die Themen (mein LinkedIn-Profil).
Das war fast schon ein Schock: Ikea stellt seinen Katalog ein. Nach 70 Jahren! Die Marke Ikea ohne Katalog – geht das überhaupt? Gehört er nicht so selbstverständlich dazu wie Kötbullar, Billy-Regal und das Gelb im Schriftzug?
Grund für diesen monumentalen Wechsel in der Content-Strategie sei die gesunkene Nachfrage, so Ikea: Die Nutzer recherchieren jetzt eher im Web und kommen bestens informiert in den Laden. Das ist übrigens das gleiche Argument, mit dem die Otto Group im Jahr 2018 seinen legendär wuchtigen Katalog einstellte, nach 68 Jahren: Die Konsumenten hätten ihr Kaufverhalten verändert.
Das können wir aus Ikeas Entscheidung lernen:
Ich werde die Markenkommunikation Ikeas mit großem Interesse verfolgen und bin zuversichtlich. Denn Ikea hat verstanden: Es geht um die Interaktion mit Menschen, auf kreative Art und Weise.
Vielleicht haben Sie ja den Weihnachtsspot von MediaMarkt gesehen: Die Darsteller werden mit jeder Menge roten Ms beglückt (für „M"edia Markt). Dazu der neue Claim: „Hier geht's um mich". Das soll der Spruch aussagen: dass MediaMarkt ab sofort mehr Kundennähe bieten wolle, mehr Services und ein einzigartiges Einkaufserlebnis. Der Elektrohändler wolle zu einer "Love Brand" werden, war in der Presse zu lesen. Ein hohes Ziel.
Rhetorische Frage: Reicht ein neuer Spot und ein neuer Claim für eine Neupositionierung? Natürlich nicht! Ich war auf der Website von MediaMarkt. Abgesehen davon, dass der Spruch dort nirgends steht, spüre ich keine Veränderung: kein „Herzlich Willkommen", kein „Schön, dass Sie da sind." Nur Kaufangebote satt, wie üblich.
Markenführung wird so ad absurdum geführt. Wie MediaMarkt sein Versprechen leistungstechnisch erfüllen will – dazu finde ich nichts. Das Unternehmen arbeite an seiner Transformation, heißt es. Okay, dann kann noch einiges passieren. Ich hoffe es zumindest.
Learning: Werbung ohne Leistungsbeweise wirkt nicht. Mit leeren Versprechen allein lässt sich keine Marke stärken oder neu positionieren – das war noch nie so und wird auch nie so sein! Wer seine Marke in die Zukunft führen will, braucht dauerhafte Leistungsbeweise – die Kommunikation käme dann flankierend hinzu, sie spielt nicht die Hauptrolle. Kurz: Eine Kampagne allein ist hinausgeworfenes Geld.
Bestimmt kennen Sie die Spots der Bundesregierung, mit denen sie junge Leute zum Daheimbleiben aufruft. Sie seien #besonderehelden, wenn sie einfach zuhause blieben:
Die Videos sind aus mehrfacher Sicht gelungen: Sie haben Witz und zeigen junge Menschen in einer passenden, aber leicht idealisierten Welt. Das macht sie attraktiv für die Zielgruppe. Die Spots sind kreativ, überraschend, andersartig und nutzen spezifische, gelernte Codes. Die Reichweite bei der jungen Zielgruppe war groß – die Spots gingen viral.
Was manche den Spots jedoch vorwerfen: Dass die Bundesregierung in dieser schwierigen Zeit, in der Existenzen auf dem Spiel stehen, mehr Seriosität zeigen müsse. Dass sie nicht zur Marke Bundesregierung passten. Auch wenn ich das Argument verstehen kann, ich finde: Der Zweck heiligt hier die Mittel. Um Jugendliche zu überzeugen, muss Werbung in dieser pointierten Art sein. Aljan De Boer, Head of Inspiration bei Trendsactive und Experte für jüngere Generationen, ist sogar voll des Lobes und beglückwünscht die Bundesregierung zu dem Spot: „This humor and creativity really works."
Learning: In der Krise können Gefühle mehr bewirken als staubige Fakten. Krisenkommunikation kann emotional sein, witzig und kreativ – auch wenn die Lage ernst ist. Emotion tut gut, auch und gerade in Krisenzeiten. Lasst uns das im Hinterkopf behalten, denn wir werden bestimmt noch einige Krisen erleben. Für unsere Bundesregierung heißt das: Es darf gern mehr sein als eine weitere Ansprache der Kanzlerin, die x-te Pressekonferenz und Facebook-Posts.
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) verleihen ihren auditiven Touchpoints eine prominente, besondere Stimme. Die Ansagen für die Haltstellen, Infos für die Fahrgäste oder Wartemusik in der Warteschleife – all das wird künftig gesprochen von Philippa Jarke. Die Schauspielerin und Synchronsprecherin (unter anderem für Ben Stiller und Ashton Kutcher) hat sich in einem Casting mit rund 1.000 Bewerbern durchgesetzt.
"Mit unserem neuen Klang sind wir ein Echo unserer Stadt", sagt Eva Kreienkamp, Vorstandsvorsitzende der BVG. "Etwas rau, aber immer sympathisch und authentisch – so ist Berlin, so ist die BVG – und so soll sie auch klingen. Der neue Sound und die neue Stimme werden ebenso unverwechselbar wie das Gelb unserer Fahrzeuge."
Was mir an dem Beispiel so gut gefällt: Die BVG arbeiten nicht nur an der Funktion der Touchpoints, sondern auch an deren Spezifik. Ein Kontaktpunkt muss nicht nur funktionieren – aber er muss außerdem die Marke vermitteln.
Inspirationsfrage: Wird es – gerade jetzt, in Clubhouse-Zeiten – wichtiger für Marken, eine spezifische Stimme zu haben? Eine Tonlage, die Konsumenten sofort erkennen? Ist diese Zutat womöglich etwas, was wir in der Markenkommunikation bisher unterschätzt haben?
Mitten in der Corona-Pandemie starteten einige Marken neue Kampagnen, etwa Absolut Vodka – obwohl Bars und Restaurants noch geschlossen waren. Das finde ich wirklich smart. Mit dem Spruch „Can't wait for together" sprach die Marke den Menschen aus der Seele und schürte die Freude auf das „echte Leben", aufs Leute treffen und feiern. „It's in our Spirit" betont Absolut Vodka.
Was können wir mitnehmen?
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