Fast 30 Jahre ist es her, als Tim Berners-Lee, ein britischer Wissenschaftler am CERN- Institut, 1989 das World Wide Web (WWW) erfand. Ursprünglich war es als Plattform für den Datenaustausch zwischen Universitäten und Forschungseinrichtungen gedacht. Am 30. April 1993 jedoch wurde die Software für das WWW veröffentlicht – und somit jedem zugänglich gemacht. Es war die Geburtstunde des World Wide Web, wie wir es heute kennen.
Welche Auswirkungen hatte das weltweite Netz seitdem auf das Markenmanagement? Zum 25. Jahrestag fassen wir diese in 5 Beobachtungen zusammen:
1. Die Marke ist ein starker Identitätstreiber
Die reine Reduktion des Risikos – das war früher die Kernfunktion einer Marke. Nun spielt diese eine nachgelagerte Rolle. Denn das Web hat das Konsumentenverhalten nachhaltig verändert.
Die Käufer sind heute keine passiven Konsumenten mehr. Sie bewerten, kommentieren und teilen ihre Markenerlebnisse. Inhalte entstehen also nicht mehr ausschließlich durch das Marketing, sondern ebenso durch einzelne Menschen und Communitys. In den vergangenen 25 Jahren verlagerte sich die Marktmacht Schritt für Schritt zum Konsumenten.
Weil die Menschen heute freien Zugang zu Unmengen an Informationen haben und außerdem im Social Web stark vernetzt sind, bekommen Marken für sie immer mehr die Aufgabe des Identitätsgebers. Im Internet spielen Ländergrenzen keine Rolle mehr – und starke Marken geben Konsumenten in dieser unübersichtlichen Welt Halt und Orientierung.
Ihr Wunsch nach Identität ist eine große Chance für Marken, insbesondere wenn sie durch ihre Werte Haltung vermitteln, Orientierung geben und dem Kunden auf Augenhöhe begegnen.
2. Marken geben Relevanz, reduzieren Komplexität und vereinfachen Entscheidungen
Der Überfluss hat den Mangel abgelöst, dementsprechend hat sich auch die Rolle der Marken verändert: Sie müssen heute eine Richtung vorgeben und die Komplexität für ihre Kunden reduzieren. In einer Welt, in der physische und virtuelle Umgebungen immer stärker konvergieren und Käufe jederzeit und überall durchgeführt werden können, müssen sie stets relevant sein.
Gerade in emotionalen Entscheidungsprozessen muss sich ein Konsument direkt an die Marke erinnern („top of mind"). Das reduziert erstens die Komplexität seiner Entscheidung; zweitens navigiert ihn die Marke vorbei an Algorithmen und Produktvorschlägen großer Verkaufsplattformen.
Auf Schnittstellen übertragen bedeutet das: Den Marken muss es gelingen, mit ihrem Klarnamen gesucht zu werden, also nicht per Produktbezeichnung oder Produktkategorie. Der Kern jedes Markenmanagements bleibt deshalb die Spitzenleistung sowie eine attraktive, differenzierende Positionierung.
Außerdem lässt sich beobachten, dass digitale Schnittstellen und Services keine Differenzierungsfaktoren mehr sind. Sie werden zu einem Musskriterium. Marken müssen dort einen einfachen Zugang zur ihrer Markenwelt ermöglichen.
3. Ökosysteme schaffen Loyalität – weil sie für Bequemlichkeit sorgen
Gewinner der vergangenen 25 Jahre sind Marken, die es geschafft haben, ein Ökosystem rund um ihre Kernprodukte aufzubauen. Google, Apple, Microsoft und Amazon gehören laut einer Studie von Millward Brown (2017) zu den vier wertvollsten Marken der Welt. Solche Marken stillen die Bedürfnisse der Kunden und vereinfachen ihren Alltag, indem sie Services anbieten, die alle miteinander verbunden sind. Durch Ökosysteme bauen Marken eine starke Beziehung zu ihren Kunden auf. Eine solche Bindung aufzugeben, würde für diese hohe Wechselkosten bedeuten.
Was in den 90er Jahren undenkbar schien, ist heute ein entscheidender Wertetreiber: Ökosystem-Marken können die Identität ihrer Kunden über alle Services hinweg verfolgen. Damit sind sie in der Lage, ein sehr detailliertes Interessen- und Bedürfnisprofil zu erstellen. Im Gegenzug gewinnen Kunden – neben personalisierten Produktvorschlägen – ein hohes Maß an Bequemlichkeit über alle Endgeräte hinweg.
Auch etablierte Automobilkonzerne setzen verstärkt auf Ökosysteme. BMW ConnectedDrive setzt zum Beispiel auf volle Vernetzung der Fahrzeuge durch eine wachsende Anzahl digitaler Brand Touchpoints. Dazu gehören neben der Apple Watch, Android-Endgeräte, Google Assistant und Amazon Alexa. Der Konzern BMW erweitert also die „Freude am Fahren", indem er den digitalen Lifestyle der Kernzielgruppe unterstützt. Er wandelt sich vom reinen Hersteller von Automobilen zu einem persönlichen Mobilitätsplaner.
4. Das Markenmanagement der Zukunft braucht Daten
Langfristig wird das Markenmanagement nicht ohne gutes Datenmanagement auskommen. Denn es muss für eine datengetriebene Interaktion während der Kundenreise sorgen und auf diese Weise personalisierte Kundenerlebnisse schaffen. Die Herausforderung dabei ist weniger das Sammeln von Kundendaten an sich, sondern deren Interpretation. Es kommt darauf an, die richtigen Rückschlüsse auf die Kundenbedürfnisse zu ziehen. Neben dieser neuen Fähigkeit benötigen Marken eine agile Organisationsstruktur sowie ein konsistentes Markenmanagement, um auf die Wünsche der Kunden eingehen zu können und die Markenerfahrung an allen Brand Touchpoints erlebbar zu machen.
5. Konsistente Kontaktpunkte aufbauen und Überraschungsmomente nutzen
Allein in den vergangenen 5 Jahren stieg der Vernetzungsgrad und damit die Anzahl der Brand Touchpoints um etwa 30 %, insbesondere die Zahl der digitalen Touchpoints nahm zu. Jeder einzelne davon ist ein Tor zur Wahrnehmung der Marke und beeinflusst die Markenbildung. Durch Vergleichs- und Verkaufsplattformen sinken die Wechselkosten für den Kunden drastisch. Blogs, Erfahrungsberichte und Rezensionen senken sein Risiko einer Fehlentscheidung. Daher ist in gesättigten und hochvernetzten Märkten ein konsequentes Brand Touchpoint Management entscheidend.
Die Interaktion in Echtzeit an auswählten Brand Touchpoints – das war vor der Vernetzung durch das Internet nicht denkbar. Heute ist sie entscheidend. Die US-amerikanische Fluggesellschaft JetBlue reagiert in Echtzeit auf Beschwerden oder Anregungen, die Kunden auf Social Media posten. Sie bietet Lösungen und organisiert zum Beispiel spontane Empfangsfeiern am Gate und schafft so unvergessliche Momente.
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